Heaven begleitete sie noch bis zu ihrer Zimmertür. "Gute Nacht! Ruh dich aus." Als sie zu ihrem Bett lief und sich auf das kuschlige Laken legte, seufzte sie. Es war kaum dunkel aber dennoch machte auch Heaven sich nun bettfertig und legte sich schlafen.

Wren wagte es an diesem Tag nicht noch einmal, das Haus der Hamilton zu betreten. Stattdessen breitete er sich in seinem jetzigen Lager in der verlassenen Straße hinter den Gärten ein. Er hatte nur so viel er tragen konnte in seiner Tasche. 4 Messer mit unterschiedlicher Klingenschärfe. Nunja, jetzt nur noch 3. Das schlechteste hat er soeben abgeben müssen. Sympathie über Waffen. Mord kann vielseitig sein. Trotzdem etwas mürrisch über den Verlust breitete er sie, zusammen mit seinem Degen und einem Fläschchen Betäubungsmittel auf dem verstaubten Holztisch in der Mitte des Betonraumes. Das einzige Möbelstück hierdrin. Die Box mit den Essensvorräten legte er in eine Ecke. Er hängt 3 seiner 4 schwarzen Jackets vor die offenen Fenster und den Rest seiner Kleidung ließ er in seiner Tasche. Mit ein wenig anderem Kleinkram. Er zog noch schnell eine Öllampe hervor und schlief neben ihr in der Dunkelheit auf dem Boden ein.

Wren stand vor dem Tisch in seiner Baracke und schliff seine Messer mit einem hämischen Grinsen. Die ersten Sonnenstrahlen kamen zwischen den Stoffen vor den Fenstern und den Rissen in der verwesten Tür hervor. Er löschte das noch dimm glimmende Licht seiner Lampe und legte bedacht das letzte Messer wieder nieder. Noch nicht. Er klopfte den Staub von seinem Jacket, setzte wieder so einen dämlichen Zylinder auf und trat die Tür abenteuerlustig mit dem Fuß auf. Er brauchte einen Moment, bis er sich wieder orientiert hatte. Dann sah er das kleine Loch in der Hecke und schlüpfte vorsichtig hindurch. Der Busch war nass vom Morgentau und hinterließ kleine Tropfen auf dem schwarzen Stoff. Er sah sich um und entdeckte einen großen, beblätterten Baum über der Bank, wo das Mädel gestern gesessen hatte. Kurzerhand kletterte er auf einen der dickeren Äste ca 3 Meter über dem Boden. `Die Mädels standen drauf, wenn der Traumprinz vom Himmel fällt. Ihr eigener Engel!' Er lachte und lehnte sich lässig an den Stamm. "Fast.", sagte er laut vor sich hin.

Heaven wurde von ihrer Magd geweckt, die gerade die Kissen in ihrem Erker aufschüttelte. "Morgen Maja", raunte sie. Maja drehte sich zu ihr, stand stramm und sagte: "Guten Morgen mylady. Entschuldigen Sie bitte. Ich habe nicht Euren Schlaf zu stören vermocht." Heaven hatte keine Lust auf Formalitäten also machte sie nur eine ablehnende Geste. Maja eilte sofort zur Tür, drehte sich nochmal um und sagte "Ich habe Euer Kleid für den heutigen Tag auf die Kommode gelegt." -"Wie jeden Tag", gab sie patzig zurück. Maja seuftzte und verließ das Zimmer. Heaven stand auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Auf der Kommode lag ein zartrosanes Kleid mit einem breiten Reifrock. Sie sah sich in dem vergoldeten Spiegel darüber an und erschrak. Sie sah aus wie eine Vogelscheuche. 'Nimm ein Bad Liebes', hörte sie die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf widerhallen. Aber stattdessen bürstete sie ihr Haar nur glatt und band sie zu einem hohen Zopf. Sie zog das Kleid an, band es in der Taille mit einer goldenen Kordel zusammen und ließ den Reifrock unberührt dort liegen, wo er war. Da klopfte es an der Tür. "Maja ich hab zu tun!", rief sie. Da trat ihre Mutter mit einer finsteren Miene herein und verschrenkte die Arme vor der Brust. Sie hatte eine perfekte, lockige Hochsteckfrisur, ein lilanes gerafftes, edles Kleid-mit Reifrock verständich. Sie sagte nichts, aber wenn Blicke töten könnten...
Genervt stieg Heaven wieder aus der Wanne und rief Maja herein. Diese setzte sie auf einen Stuhl und begann schnell wie bei einem Boxenstopp mit Föhnen, Haare richten, MakeUp und Kleidung eine uralt aussehende Hofdame zu machen. Sie stieg verzweifelt in den Reifrock und stellte verblüfft im Spiegel fest, dass die Maja die Striemen der Backpfeife ihrer Mutter mit MakeUp kompett verdeckt hatte. "Fertig", grinste Maja und verließ den Raum. Es war schon 11 Uhr morgens inzwischen. Das hält sie jeden Morgen nicht durch. Sie läuft elegant an ihrer befriedigt halb grinsenden Mutter vorbei in den Garten.

Wie von einem inneren Gefühl geleitet, lief Heaven zu der Bank von gestern. Aber anstatt ihrer Halluzination von gestern wieder zu begegnen befand sich dort nur eine leere Bank mit herabgefallenen Blättern darauf. Sie legte dort die Beine hoch, zog den Reifrock aus, schmiss ihn auf den Boden und wischte sich den dunkelroten Lippenstift mit dem Arm aus ihrem Gesicht. Plötzlich landete der Unbekannte Rosenmann von gestern vor ihren Füßen auf dem Boden. Erschrocken sah sie zu, wie er sich wieder erhob und den Staub von seinem Jacket klopfte. "Bist du etwa in meinem Baum gesessen?", fragte sie schockiert. Etikette und Manierem schienen ihm völlig fremd zu sein. Herrlich. Er grinste keck und sagte "Nein, ich bin vom Himmel gefallen, Heaven." Sie verschrenkte die Arme "Natürlich bist du das." Er schob ihre Beine beiseite und setzte sich breit neben sie auf die weiße Metallbank. Sie zog ihre Beine an sich und musterte den Unbekannten von der Seite. "Woher kennst du meinen Namen?" Er grinste nur und nahm den Zylinder ab und drehte ihn auf seinem Finger. "Wer bist du?", bohrte sie weiter. Er legte seine Hand auf ihre, die sich um ihre Beine schangen und sah ihr in die Augen. "Ist das wichtig?", säuselte er. Heaven gab ihm eine zentrierte Ohrfeige. "Au!", rief er. "Ich musste nur sehen ob du echt bist", sagte sie bestimmt und sand auf. Er tat ihr gleich, zeigte ihr die kalte Schulter und zischte "Ich hab mich getäuscht. Du bist nicht besser wie deine Mutter..." Er verschwand im Gebüsch und Heaven brach weinend auf den kalten Pflastern zusammen.

Heaven setzte sich auf und versuchte entspannt zu atmen, aber es gelang ihr nur bedingt. Was sollte sie ihr nur sagen? "Ich... sie..." Sie schniefte. "Sie hat gesagt, ich werde in der Gosse verrotten. Und sie..." Sie begann wieder zu weinen und wischte das MakeUp von ihrer Backe.

Heaven schneuzte laut in ihr Taschentuch. "Entschuldige." Dann fügte sie noch hinzu."Sieh mich an. Mutter hat ja Recht. Ein Wunder, dass sie mich noch nicht vor die Tür gesetzt hat."