Nicolas:
Langsam konnte ich mir die Sticheleien dieses alten Mannes wirklich nicht mehr gefallen lassen. "Was kümmert sie das eigentlich?!", murrte ich, ließ Ravenna los und ging mit geballten Fäusten einen Schritt vor. Nein, ich brachte Ravenna jetzt nicht in ihr Zimmer! "Sie haben mir wirklich nichts zu sagen! Und auch Ravenna ist alt genug, um zu wissen, was sie wann tut!", zischte ich. "Jetzt reicht's!", knurrte ich. Ich starrte böse in seine trüben Augen. Wenn Blicke töten könnten, müsste er schon längst zu Staub zerfallen sein, dieser alte Greis. Mittlerweile setzte sich das Monster in mir durch. Die Eckzähne wurden länger und anstatt die Kiefer zusammenzupressen, fletschte ich die Zähne.

Nicolas:
"Tut mir leid, meine Teure, aber da kann ich dir leider nicht Recht geben...", entgegnete ich. Ravenna konnte ihre Sorge nicht vor mir verstecken. Nicht mehr. Ich sah ihr an, wie sehr sie von ihrem Vater gedemütigt worden war. "Wir müsssen uns dasss wirklich nicht gefallen lasssen. Wenn'ss deinem Vater nicht passt, wem du heiratesst, kann dir dasss wirklich egal sein, hörssst du?", flüsterte ich ihr zu. Ich war mir sicher, dass der grässliche Graf das hören würde, da meine Stimme wirklich zu tief war, um richtig zu flüstern, doch auch das war mir völlig egal. Ich sah zu ihm hinüber, die Augen zu feinen Schlitzen gezogen, riss mich von Ravenna los und ging auf ihn zu. Ich konnte nicht mitansehen wie er seine Tochter emotional in den Dreck zog. Meine Hände verkrampften sich und packten ihn am Hals, um ihn dann gegen die Wand zu drücken. "Reden ssie nie wieder sso über mich und meine Frau, sonssst wird ess ihnen noch leid tun.", drohte ich und kam ihm so nahe, dass meine spitzen Eckzähne seinen Hals streiften. Wenn ich wütend wurde, begann ich also bei ausgeprägten Eckzähnen an zu lispeln, ganz toll...

Nicolas:
Hatte ich es doch gewusst! Er war selbst auch nicht besser als ich. "Sssie ist kein Ssspielzseug, verdammt!", knurrte ich und sah ihm wieder in die Augen. Was konnte ich nur tun, damit er endlich aufhörte zu lachen? Hatte mir nicht damals dieses Kreuz in der Kirche geschadet? ...Höchstens Ravenna könnte eines bei sich tragen, allerdings würde das jetzt auch nicht viel nutzen. Ich sah an mir hinab. Sah die Muskeln, die sich seit meiner Verwandlung überall am Körper befanden, und schon bewegte sich mein Arm, ich drehte mich und schleuderte den Grafen ein Stockwerk hinunter in die Eingangshalle, wo er auf den Marmorboden traf. Sicher hatte er nicht zu viel Schaden genommen, doch ich musste ihm eben beweisen, dass ich nicht so schmächtig war, wie er glaubte. Mit einem kurzen entschuldigendem Blick sah ich zu Ravenna. Würde sie mir diese Aktion übel nehmen? Ich kam ihr näher und wollte mich entschuldigen, doch das einzige, was ich rausbrachte war ein zischendes, gieriges "Du gehörssst mir", und schon schnappte ich sie, kletterte auf das Geländer und sprang mit ihr in die Eingangshalle hinunter.

Nicolas:
Zuerst hatte ich vor Ravenna zu widersprechen, doch durch den Schmatzer auf die Wange holte sie mich zurück in die Gegenwart und ich realisierte, dass der Graf auf dem Rücken auf dem Marmorboden lag. Ich sah zu Ravenna hinunter und nickte. "Du willst also zu dem Anwesen meiner Familie zurückkehren?", fragte ich beiläufig, doch wenn man genau hinhörte, konnte man meine Verwunderung heraushören. Ich machte mir weniger Gedanken darum, wie ich meinen Eltern erklären sollte, dass ich lebte und zum Monster mutiert war, als um Ravenna: Wollte sie das wirklich? Wollte sie wirklich ihr Elternhaus für lange Zeit hinter sich lassen?

Nicolas:
"Wie du willst, meine Liebste.", antwortete ich und versuchte es so treu wie möglich klingen zu lassen. Ich bemerkte, wie sehr Ravenna trotz allem an diesem Haus und ihrem Vater hing, doch sie schien bereit zu sein, um ihr vorheriges Leben hinter sich zu lassen. "Wir tun alles, was du vorschlägst, versprochen und meine Eltern werden uns nicht dazwischenfunken. Glaub mir.", beteuerte ich und nahm sie auf den Arm. "Kann's los gehen?", fragte ich warnend, öffnete die Tür und rannte auch schön in die windige Kälte hinaus, was mir selbst mit offenem Hemd nichts ausmachte.

Nicolas:
Ich rannte über Felder, durch den Wald nahe dem Anwesen der O'Notleys, (Ich hoffe, dass ich es richtig geschrieben habe...) kämpfte gegen den Wind an und versuchte weiterhin Ravenna mit meinen Armen zu schützen und drückte sie an mich. "Bin ich kälter als der Wind, Ravenna?", fragte ich besorgt. Ich wollte, dass sie sich sicher fühlte, und vor allem, dass sie nicht erfror. Schließlich wurde der Wind mit der hohen Geschwindigkeit immer kälter und kälter und ich wusste nicht wie lange es noch dauern würde bis wir bei mir ankamen.

Nicolas:
"Sieht so aus", meinte ich. Ich konnte die Rückseite unseres Anwesens sehen, die schon ziemlich heruntergekommen war. Gut, dass wir sozusagen aus dem Hinterhalt kamen... So würden uns die Angestellten zumindest nicht bemerken, und meine Eltern waren sicherlich mit anderen Dingen beschäftigt, als nach mir und Ravenna Ausschau zu halten... Mal sehen, wie lange wir es schafften unbemerkt hier herumzugeistern...