"Ich weiß, warum er Arveds bester Freund ist", mischte sich nach langem Schweigen nun wieder Mrs. Honderway ein.
April nickte. "Ich auch..."
Ihre Mutter lächelte sie sanft an. "Hör zu, ich muss wieder zur Arbeit... Ich komme heute Abend wieder, versprochen. Es... Es tut mir Leid, Spätzchen, aber ansonsten werden wir bald komplett pleite sein."

Arved war nun seit einiger Zeit endlich alleine in Seiner Wohnung. Er musste Hodge versprechen, dass er sich um das Fenster selber kümmerte und wieder aufräumte. Tja, beides würde wohl nicht heute passieren. Er lag halb auf seinem Bett und starrte die Decke an. Seine Beine standen noch auf dem Boden und er starrte seit gefühlten Stunden den dunklen Fleck an der Wand an. Die einzige Frage, die ihn bis jetzt nicht aus dem Kopf gehen konnte war, war der Fleck schon immer da? Doch neben ihr existierten noch tausend andere. Ein leises Klopfen riss ihn brutal aus seinen Gedanken und er murmelte ein "Herein."
Ein Blondschopf lugte in sein Zimmer und Flo's helle Augen leuchteten ihn frech entgegen. Arved ließ den Kopf wieder aufs Bett fallen, nach dem er erkannt hatte, wer der Störenfried war. "Was willst du? Ich bin nicht in der Stimmung..." erbrachte den Satz nicht zu Ende, denn Flo hatte sich ohne ein Wort neben ihm auf das Bett fallen gelassen und starrte nun ebenfalls die Decke an. Verwundert sah Arved zu Flo, musste aber gleichzeitig schmunzeln, als Flo die Stirn runzelte. "War der Fleck schon immer da?" kam es endlich von ihm. Arved grinste nun breit und sah wieder nach oben. "Tja, lass uns das gemeinsam heraus finden."

April nickte. "Es geht auch schon wieder...", murmelte sie. Die Beruhigungsmittel hatten endlich ihre Wirkung entfaltet. "Es tut nur so weh ihn zu sehen..."
Ihre Mutter seufzte. "Ich weiß... Aber es geht vorbei. Du hast Florian gehört. Alles wird wieder gut." Sie gab April einen Kuss auf die warme Stirn, dann winkte sie und verließ den Raum. Nur das Klacken ihrer Absätze hallte noch durch die FLure.

Lange schwiegen die beiden sich an, dann brach Flo die Stille. "Einigen wir uns drauf, das er schon Jahre dort ist."
"Aber ich war es nicht." stellte Arved schnell fest.
"Hab ich das gesagt?"
"Nein...Was willst du dann?"
Flo holte tief Luft. Doch bevor er überhaupt ansetzen konnte, hatte Arved es erraten. "Es geht um das Mädchen."
"Um genau zu sein DEIN Mädchen." verbesserte Flo Arved.
"Hodge war deswegen auch schon wieder bei mir." murmelte dieser nur. Auf einmal wirkte er so müde und Kraftlos. "Ich weiß doch selber nicht warum, doch ich kann mich an dieses ganze Geschichte nicht mehr erinnern." er drehte den Kopf zur Seite, sodass er Flo sehen konnte. "Bin ich jetzt daran schuld?"
"Nein. Doch du machst es ihr auch nicht gerade leicht."
"Leicht?" wiederholte Arved. "Ist ja nicht so, als ging das auch an mir nicht spurlos vorbei! Was soll ich tun?! So tun als wäre alles in ordnung?!" fragte er herausfordernd. Er hatte sich inzwischen aufgesetzt. "Flo, schau ihr mal in die Augen und sag ihr es ist alles okey." Sein Blick triftet ab. "Ihr Blick wirkt immer so traurig und fern. Als würde sie jeden Moment in tausend kleine Splitter zerspringen. So helfe ich ihr doch nicht!"
"Aber du willst ihr helfen?!" Flo setzte sich ebenfalls auf.
Arved nickte. Doch Flo war nicht gerade überzeugt. "Du meinst, weil es dein Job ist."man konnte die Enttäuschung sehr genau aus seiner Stimme hören. Arved stand entnervt auf und lief im Raum hin und her. "Warum versteht ihr das nicht?! Weder du noch Hodge. Mein Job ist es nun mal sie zu schützen und dafür würde ich durchs Feuer gehen, das weißt du!"
Flo nickte. Dann stand er auf und packte Arved an den Armen, sodass dieser ihm direkt in die Augen sehen konnte und er ihm. "Arved, ich frage dich noch einmal. Beschützt du sie vor alle dem nur weil es dein Job ist?"
Die Stille zu den beiden schien endlos, doch dann senkte Arved den Kopf und sah zu Boden. "Nein."

April starrte wieder die Decke an. Da war sie wieder. Die Stille. Und sie zog auch die Leere mit sich. Sie war allein. Und sie konnte niemandem einen Vorwurf machen. Nur sich selbst...

Flo grinste breit und als Arved dies sah rückte er schnell von ihm ab. "was geht'n jetzt bei dir?" fragte er entgeistert.
"Du hast geade zu gegeben, dass sie mehr ist als dein Job."
Arved winkte ab. "Ja, aber was auch immer du dir jetzt deswegen zusammen reimst, es stimmt nicht...ich mach mir einfach Sorgen..." versuchte er es zu retten, doch dieses viel sagende Grinsen verschwand einfach nicht aus Flo's Gesicht.
"jaja, das sagen sie alle." doch dann holte Flo tief Luft und wurde wieder ernst. "An was kannst du dich genau erinnern?"
"Das sie mein Schützling ist und das ich sie ins Institut geholt habe, mehr nicht."
"Naja, wenigstens nen Anfang. Zur Erklärung, du hast für sie sogar alle Regeln von dem Secret Service gebrochen. Nur mal so am Rande. Was auch erklärt, warum die Arme so fertig ist."
Arved sah ihn an. Seine Augen waren ausdruckslos, doch Flo konnte die Verwirrung von ihm spüren. "Vielleicht solltest du einfach...mehr für sie da sein."
"bin ich doch!" verteidigte sich Arved schnell.
"das meine ich nicht." Flo sah ihn direkt an und gespielt böse. "Ich hab hab übrigens mitbekommen wie du sie mit 'sie! angesprochen hast. Du bist auch brutal."
"Wieso bin ich denn jetzt brutal?" er verschränkte die Arme.
"Wie schon gesagt, du hast für sie vor nicht einmal 2 Wochen alles getan und auf einmal bist du so höfflich. Wenn ich sie wäre, würde ich auch zusammen brechen." Als Arved etwas erwidern wollte hob Flo die Hand und sah auf die Uhr. "oh, du musst runter! Es ist Zeit sie aus dem Krankenflügel zu holen. Der schließt gleich." Arved folgte seine Blick und nickte.
Er drehte sich zur Tür und wollte bereits gehen, als Flo ihn noch einmal zurück hielt. "Ach und Arved, Versuch wenigstens dich zu erinnern."
"Als würde ich das nicht die ganze Zeit versuchen." und schon verließ er die Wohnung.

April hockte in dem weißen Metallbett und starrte das Gemälde ihr gegenüber an. Zuerst hatte sie es garnicht wahrgenommen, doch der Raum war so trist, dass sie ihn nun auswendig kannte. Auf dem Bild war ein junges Mädchen abgebildet. Die Zöpfe waren streng an beiden seiten geflochten und sie hatte ein kleines Hütchen auf, die zierlichen Hände in weißen Handschuhen, schön brav vor dem Körper gefaltet. Sie hatte ein Lächeln auf den Lippen, aber trotzdem sah sie nicht glücklich aus. Wie eine Tote, die zur Beerdigung noch einmal heraus geputzt wurde. Vielleicht bildete sich April das aber auch nur ein. Wer wusste das schon... Zumindest hatte sie damit seit geraumer Zeit eine Beschäftigung gefunden...

Arved stand in der Tür des Flügels. Der Krankenflügel war in viele einzelne Abteile geteilt, damit man nicht immer an alle Kranken oder verletzten vorbei musste, um raus zu gehen. April war in dem zweiten untergebracht. Doch sie hätte auch in den letzten Abteil sein, denn im Moment war der Krankenflügel leer. Jeder Abteil wurde durch einen Türrahmen abgeschirmt.
Arved lehnte sich gegen den steinernden Rahmen und folgte ihrem Blick. "Sie war der erste SeSe-Bodyguard, der in die Öffentlichkeit gelassen wurde." erklärte er, ohne das sie fragen musste. "Sie war vielleicht in deinem Alter, als sie starb."

"Sehr ermutigend.", murmelte sie und sah ihn an. "Alles in Ordnung?"

Arved nickte und schenkte ihr sogar ein kleines Lächeln. "Sie ist zu einer Art Heldin geworden und eine Art Schutzengel zugleich." erklärte er weiter und kam den schmalen Gang auf sie zu. "Jeder hier kennt die Geschichte. Du wirst sie auch bald kennen lernen."

"Ich will doch garnichts von Engeln und Helden wissen. Ich hätte gerne einfach nur endlich mein ganz normales Leben wieder.", erklärte sie und entgegnete jedoch sein Lächeln zumindest matt.

"Das wird wohl nicht mehr möglich sein. Aber wenigstens kannst du hier ein...ähnliches Leben führen."

"Ja, ich schätze..." Sie fuhr sich durch das rote Haar. "Ich schätze, daran muss ich mich nun wohl gewöhnen..."

Arved nickte und deutete dann mit einem nicken hinter sich. "Ich wollte dich zu deinem Zimmer bringen. Der Krankenflügel ist leer, bis auf dich und wird bald schließen." ^^

"Gut, ich dachte schon, ich komme hier nie raus. Man hat mich hier einfach abgesetzt, mich Medikamenten zugedröhnt und danach redet keiner mehr mit einem... Aber ich hab mich nicht ganz getraut einfach wieder zu gehen. Außerdem hätten sie mich eh wieder zurück geholt. So langsam wie ich bin.."