~Willkommen~ |
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Caleb sah Marú für einen Augenblick hinterher, ohne dass er wusste warum. Vielleicht war es, dass sie diesmal ohne weiteres gehorcht hatte oder das er ihre Präsenz noch immer spüren konnte. Doch kaum richteten sich seine schmalen Augen wieder auf das Geschöpf auf der anderen Seite der Gitterstäbe, waren die Gedanken über die Elfe verschwunden. Stumpf klimperte der rostige Schlüssel, als Caleb ihn einmal um seine Achse drehte, um die Zelle zu öffnen. Während er eintrat, behielt er den Insassen im Auge, dass er die Gelegenheit einer offenen Fluchtmöglichkeit nicht ausnutzte.
"Du kannst mich hier nicht für immer einsperren!" Knurrte die Kreatur vor ihm, welche sich Zwischen einem Wolf und einem Menschen befand, kaum das Caleb hinter sich wieder zu geschlossen hatte.
"Das habe ich auch nicht vor." Seine Stimme war ruhig, gefasst, auch wenn sein Wolf in ihm brodelte. "Aber ich werde verhindern, dass du sie zerstörst." Mit jedem Wort was er sprach, krempelte er die Ärmel, beider Arme, seines Hemdes hoch. "Sie hat schon Pech genug gehabt, dass sie an jemanden wie dich geraten ist." Das Wesen vor ihm zuckte plötzlich zusammen. Die zähne gebleckt, die Augen voller Zorn und doch neigte es den Kopf immer mehr nach unten. Als würde eine unsichtbare Last, seinen Körper zu Boden drücken. Ein lautes Knurren vibrierte zwischen den steinernden Wänden. "Du bist nicht-" die Stimme der Frau brach ab, machte Einem keuchen Platz. Kraftlos fiel sie nach vorne auf alle vier, wölbte den Rücken, als würde sie sich immer noch gegen die Last auf ihrem Körper wehren. "Sei still!" Schrie sie wütend. "Raus aus meinem Kopf!" Sie konnte kaum noch Luft holen und doch vergeudete sie diese, um ihn anzuschreien. Sie presste die Zähne aufeinander, krallte ihre Finger in ihre Haare und riss den Kopf in den Nacken. Mittlerweile lag sie auf dem Boden, doch trotz ihrer Abwehr, wich kein einziger Laut über ihre Lippen. Der Schwarzhaarige Mann über ihr kniete sich nun neben sie. Er legte ihr eine Hand in den Nacken hob ihren Kopf an, die andere Hand positionierte er unter ihrem Kinn. "Atme." Sprach er mit ruhiger und beschwörender Stimme. "Atme, Féa." Etwas blitzte in dem schmerzerfüllten Blick auf. Etwas regte sich. "Atme und lebe." Caleb lächelte leicht. In dem Moment würde der nackte Körper von einer Welle erfasst, welche ihm jedes menschliche Merkmal nahm.


"Es ist schön sie wieder zu sehen." Kaum war der Mann vor Tür stehen geblieben, öffnete die weißhaarige Frau diese. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie in die grünen Augen des Alphas schaute. "Kommen Sie doch herein." Sie machte eine einladende Bewegung und auch somit Platz, damit Caleb die Möglichkeit hatte einzutreten.
"Ich habe gesehen dass sie eine Gebissene aufgenommen haben. Geht es ihr gut?" Erkundigte sich die Seherin, da sie selbst keine Zeit hatte, sich mit Calebs Situation auseinander zu setzen. Es war schon wieder knapp eine Woche vergangen in der Kael Féa zum Rudel gebracht hatte und eine weitere Frau eben dieses auf den Kopf stellte. "Ich bin schon auf der Suche nach einem geeigneten Beschützer für sie aber es gestaltet sich alles ein wenig schwieriger, als gedacht." Erklärte sie dem groß gewachsenen Mann die Umstände. "Aber sie sind heute nicht wegen der Wölfin hier. Habe ich recht?"
Die Seherin schloss die Tür, nachdem Caleb eingetreten war.
Wie immer hatte sie für Ihren Gast Kaffee vorbereitet und für sich selbst Tee, welches sie auf den Tisch gestellt hatte. Sie bot Caleb wieder einen Platz am Tisch an, während sie sich dem freien Stuhl gegenüber setzte und darauf wartete, dass sich Caleb ebenfalls setzte.

Der schwarzhaarige Mann hatte so eben den Kragen seines Hemdes gerichtet, als die Stimme der Seherin ihn begrüßte und sie ihm wenig später die Tür auf hielt. Noch immer ertappte er sich dabei, wie es ihn verwunderte, dass sie jedesmal aufs neue seine direkte Ankunftszeit abpassen konnte. Dabei war er sich um ihre Aufgabe und Begabung bewusst. "Die Freude ist ganz meinerseits." erwidert er, mit einem seichten lächeln. Eine Begrüßung, ein Lächeln, er hatte es zu lange geprobt, um es in einem solchen Moment zu vergessen. Er krempelte seine Ärmel sorgfältig bis zum Ellenbogen, während er eintrat und sich auf den gewiesenen Stuhl setzte. Da er den Weg nicht auf den menschlichen und damit schwachen Beinen begonnen hatte, musste er stets am Waldrand seine menschliche Gestalt annehmen und daher auch immer einen Beutel Klamotten bei sich tragen. Die Seherin wohnte zwar in einer verlassenen Feld Gegend, doch war das Risiko gesehen zu werden, dennoch nicht vollständig anulliert. Ziellos glitt sein Blick durch den Raum, in welchen er seit einiger Zeit immer wieder saß. Auch wenn er selten wegen einer angenehmen Angelegenheit hier auftauchte, kam er gerne hier her. Wer durch diese Tür schritt, legte jede Maske ab, welche er für sein Umfeld perfektioniert hatte. Jeder der hier saß, war gleich, keiner konnte sich hinter seien Lügen verstecken oder schützen. Man kam hier her, ohne jeglichen Schutz. Dieser Ort stellte somit für alle Schutz und Angst zugleich da. Man kam ohne den eigenen Schutz hier rein, verletzlich, angreifbar und doch erhielt man hier neue Hoffnung. Caleb liebte dieses Haus. Hier herrschte eine unbeschreibliche Ruhe. Er betrat es als Caleb Grayson. Nicht als Absoluter Alpha oder als Werwolf, nicht als angesehener, wohlhabender Mann oder als Mörder. Hier war er der Mann, den er vor jedem verbarg.
Die schmalen grünen Augen fanden zu der Seherin zurück. "Ihr geht es, den Umständen entsprechend, gut." beantwortete er nun die Frage jener. "Sie ist eine Kämpferin und hat die letzten Verwandlungen immer besser abgeschlossen. Doch sie hat noch ein langer Weg vor sich, daher..." Caleb hielt inne, bevor er weiter sprach. "Es eilt nicht, einen Elfen für sie zu finden." formulierte er seine Worte anders, als er sie ursprünglich aussprechen wollte. Während bei diesem Thema ein ehrliches schmunzeln auf seinen Lippen lag, verschwand dieses nun, als er zu ihrer letzten Frage kam. Der Mann lehnte sich mit einem stummen Seufzend zurück, die Hände in den Hosentaschen. Nein, wegen dem Frischling war er nicht gekommen. Ihresgleichen kannte er zu gut, als dass er sich ihre Hilfe einholen musste. Er war gekommen, weil sie ihn auf eine Reise geschickt hatte, welche er am meisten vermeiden wollte. "Wie Sie es verlangt haben, habe ich mich auf die Suche nach ihnen gemacht. Es hat einige Tage in Anspruch genommen, bis ich jemanden gefunden habe, der willig war, einen Handel einzugehen." bei diesen Worten, kam der Wolf nicht umhin eine flüchtige Grimasse zu ziehen. Einen Handel, hatte er es genannt, doch war für den anderen nicht weitaus mehr herausgesprungen, als für ihn? Bis er den Händler gefunden hatte, hatte er einiges über sich ergehen lassen, hatte es alles willig über sich ergehen lassen, doch was ihn erwartet hatte, war alles anderes, als zufriedenstellend gewesen. Seine Finger berührte das weiche Säckchen in seiner Hosentasche, welches die Beute innehatte, für welche er den Preis hatte zahlen müssen. Der Drang, es unachtsam auf den Tisch zu werfen, wurde immer stärker. Er hatte eine Verwendung für die Schriften gesehen, welche er aushändigen musste, einen Zweck. Doch er sah keinen Zweck in ihnen. Die grünen Augen verschmälerten sich. "Ich bin hier, damit Sie mich von meinen Zweifel gegenüber diesen befreien." seine Worte wurden von einer Bewegung begleitet, in welcher er das Säckchen aus seiner Hosentasche zog und dennoch vorsichtig auf den Tisch legte. Leise klimperte der Inhalt, als wolle er den Wolf noch einmal daran erinnern, was er für ihn bezahlt hatte.


"Danke für das Angebot, doch es erscheint mir sinnvoller wenn die Wölfin einen Beschützer hat, der sich vollkommen auf sie konzentrieren kann." Er klärte sie noch ihre Beweggründe, warum sie einen Beschützer suchte. "Sie machen ihre Arbeit sehr gut Caleb, aber sie haben selber einen Schützling. Ich möchte ungern, dass sie diesem nicht genügend helfen können." Erklärte sie weiter. Ruhig hob sie ihre Hand über den Tisch und griff behutsam nach dem kleinen Säckchen.
Sie lockerte das Band, was es geschlossen hielt und holte zwei längliche Steine daraus. Einer der Steine war in einem reinen grün und der andere in einem dunklen braun.
"Und wie soll ich sie von ihrem Zweifel befreien?" Mit ruhigem Blick schaute sie wieder auf, diesmal direkt in seine Augen. "Soll ich Ihnen sagen, wie sie die Steine einsetzen können oder ob sie ihre Wirkung dann erzielen?" Kurz spielte sie mit den Steinen in ihrer Hand, bevor sie diese wieder zurück in das Säckchen steckte. Sorgfältig schloss sie es wieder mit dem Band und legte es wieder vor Caleb hin.
"Was haben sie für Fragen?"

Die grünen Augen des Wolfes legen ausdruckslos auf den umhüllten Steinen. "Ich habe die Schriften über dieses Verfahren nicht nur einmal gelesen. Doch wurden sie von Wissenden verfasst, Augenzeugen jener Macht der Steine. Nur bin ich ein Außenstehender und stehe nun ganz am Anfang." seine Augen hoben sich, ihr Ziel fanden sie in den unergründlichen Augen der weißhaarigen Frau ihnen gegenüber. "Sagen Sie mir, wie ich mich ihrer Fähigkeiten bemächtige und wie ich sie anwenden muss. In meinen Augen, sind es im Augenblick nur bunte Steine." äußerte Caleb nun offen seine Meinung. Er ging nicht weiter auf das Thema des Frischlings ein. Es war ihm bereits bei seinem Eintreffen klar gewesen, dass sie ihn zurück zu dem Mischling schicken würde. Sie war sein Problemfall, der Frischling würde der eines anderen werden. Jemand, der kaum Erfahrung und Wissen besaß, wie man mit Gebissenen umzugehen hatte. Er würde die Seherin nicht aufhalten könne, jemanden zu finden und doch konnte er dafür sorgen, dass die wichtigsten Schritte bereits vollbracht waren, bevor der Beschützer eintraf. Warum sollte er seine Hilfe auch jemanden verweigern, der sie benötigte und sie zudem auch anerkannte und annahm? Anders, als das Mädchen, für wessen Schutz er nun widerwillig hier saß.
Leise klirrten die Eiszapfen draußen im Wind. Schneidend presste sich der Wind durch jeden noch so kleinen Schlitz, kroch gnadenlos über die Haut, raubte dem Körper die eigene Wärme und dem Kopf die hoffnungsvollen Gedanken. Hier wo die Sonne keine Kraft hatte, den Boden von dem ewigen weiß zu befreien, wo die Kälte in den Knochen saß, wo die Hoffnung immer seltener wurde, hier war sein Zuhause. Hier konnte er sich nähren, an jenen, die sich der Dunkelheit zugewandt hatten. Die aufgeben, weil das Aufstehen jedes Mal ein bisschen schwerer wurde. Es war doch viel leichter aufzugeben, den Widerstand niederzulegen, statt einen aussichtslosen Kampf aufrechtzuhalten. Ja, hier war er mächtig, hier kamen die Menschen in Scharen zu ihm, nur damit er ihnen half. Hier herrschte er.
Ein Niesen ertönte und unterbrach die Stille, welche bis vor kurzem noch geherrscht hatte. Von wegen, Zuhause. Er hasste es hier. Mit dem Ärmel seiner dicken Jacke wischte er sich über die Lippen. Die Kälte hatte seine Klamotten längst überwunden und fraß sich unaufhaltsam in sein Inneres. Kalte Orte waren noch nie etwas für ihn gewesen. Hier wurden seine Bewegungen langsamer und sein Körper versteifte sich. Er rümpfte die Nase, wie konnten diese Leute hier nur ihr Leben lang hier wohnen? Kaum war er hier angekommen, hatte er sich zurück in den Sommer gewünscht. In die Wärme. In die Sonne, die ihn schläfrig machte, in dem sie ihn in ihrem Schein einhüllte. Seufzend lehnte er den Kopf gegen das kalte Mauergestein. Weiße Atemwolken lösten sich von seinen Lippen und vereinten sich mit der kalten Luft. Mürrisch trat er gegen den Körper, welcher in seiner Nähe lag. Der Mann hatte sich jetzt seit einiger Zeit nicht mehr bewegt. "Wach endlich auf!" ningelte der Mann, welcher allein durch sein Aussehen, eindeutig hier nicht her gehörte. "Ich will endlich aus dieser Kälte raus." zur Demonstration hob er die Hand und ballte sie vor seinem Gesicht zur Faust. Die dürren Finger bewegten sich verzögert zu ihrer Position und es wirkte, als würde die weiß-graue Haut an einigen Stellen reißen. "Ich bin einfach nicht für die Kälte gemacht." ein weiterer Tritt. Stöhnen ertönte und schwerfällig kam Bewegung in den Körper auf dem Boden. "W-" die krächzende Stimme des Mannes hallte von den eisigen Wänden zurück. "Wo bin ich?"
Während sein Zuhörer bis vor kurzem noch neugierig auf die folgenden Worte gewartet hatte, warf er nun enttäuscht die Hände in die Luft. "Stets diese geistlose Frage nach dem Ort." er schüttelte den Kopf. "Warum denn der Ort? Warum nicht 'wer' oder 'was' oder am besten, dass geliebte 'warum'?" der Gast breitete die Arme aus, auch wenn sein Gesicht nicht die feierliche Stimmung aufnahm, welche diese Geste mit sich trug. "Hier ist es kalt, der Wind faucht draußen und vereinzelte Schneeflocken finden ihren Weg hier rein. Ich denke, deine Frage nach dem 'wo' ist völlig überflüssig." beinahe traurig schüttelte er erneut den Kopf. "Ich hatte dich für intelligenter gehalten." als er plötzlich in die Hände klatschte, ergab es ein schmerzhaftes Geräusch in den Ohren. "Sei's drum. Lass uns zu dem Hauptgrund unseres Zusammentreffen kommen: Deine Verzweiflung." seine Lippen verzogen sich zu seinem bekannten unnatürlich breiten, stummen Lachen. "Du konntest es nicht länger aushalten, diese Kälte machte dich verrückt und so wandtest du dich in deiner Hoffnungslosigkeit an mich, deinen Retter zu dieser dunklen Stunde." theatralisch verneigte sich der buntgekleidete Mann. "Nun, ich bin gekommen, um dich zu retten."
Ein verständnisloses Gesicht blickte ihm entgegen. "Ich habe dich nicht gerufen, du bist einfach aufgetaucht! Und warum bin ich gefesselt?" wie wild zerrte der Mann an den Stricken, die seine Gliedmaßen beisammen hielten. "Ach, nun seien wir nicht allzu kleinlich." winkte sein Besucher humorlos lachend ab. "Und ob du mich gerufen hast. Ihr ruft mich alle, nur seid ihr euch dessen nur selten bewusst." wieder das Grinsen und wieder machte es seine Augen noch schmaler, als sie so schon waren. Geduldig hockte er sich vor dem am Boden liegenden Mann. "Eins sollten wir klären, bevor wir unsere Beziehung weiter vertiefen. Wer einen Handel unterschreibt, ist an diesen auch gebunden, ganz gleich, ob ihn die Konditionen am Ende nicht mehr gefallen. Vertrag ist Vertrag. Ist es nicht lustig, wie ein einzelnes Stück Papier, so viel Schaden anrichten kann?" sein Kichern klang verzerrt, durch das Mauergestein, an welchem es immer wieder abprallte und neu reflektiert wurde. "Wenn ich so überlege, leiden genau in diesem Augenblick zwei Völker unter eben solch einem Stück Papier." er streckte die kalten, dürren Finger aus und berührten die langen Wunden, welche sich über das Gesicht des Mannes zogen. Dieser zog augenblicklich den Kopf zurück. Seine Augen waren weit aufgerissen und voller Angst. Das Grinsen seines Peinigers wurde um so größer, als dieser sein Spiegelbild in den ängstlichen Augen erkannte. "Nana. Kein Grund dem Leben sofort zu entsagen. Noch ist nichts geklärt." Der Mann legte den Kopf schief, während seine zweifarbigen Augen über den gekrümmten Leib wanderten. Er hatte mehr Widerstand erwartet und doch lag er nun zitternd vor ihm. "Wirklich stolz und anmutig, wie dein Volk immer beschrieben wird, wirkst du ja nicht." ein Zungen schnalzen war zu hören, welches mehr einem Zischen einer Schlange glich. "Noch eine Enttäuschung. Du bist voll von Enttäuschungen. Damit verliere ich meine Interesse an dir und das," seine spitzen Nägel bohrten sich in die Haut des Gefangenen, als er dessen Kinn umfasste und ihn so zwang, ihn anzusehen. "Das ist sehr gefährlich."


Bevor die Seherin dem Wolf vor sich antwortete hob sie die Tasse Tee an ihre Lippen und trank einen kleinen Schluck davon. Er war gerade noch so heiß, dass es sich wohltuend anfühlte, wenn die Flüssigkeit ihren Speiseröhre hinab lief. Mit beiden Händen stellte sie ihre Tasse wieder auf dem Tisch ab und hob die Lider ihrer Augen wieder, um Caleb anschauen zu können. "Da wären wir schon an dem ersten Punkt, an welchem sie derzeit Scheitern. Sie müssen sich als aller erstes dem ganzen gegenüber öffnen." Begann sie zu erklären. "So lange es für sie nur bunte Steine sind, so lange werden die Steine ihre Kraft nicht zeigen." Kurz hörte man die Seherin durchatmen, bevor sie weiter sprach. " Es ist so, als würde eine Seele in den Steinen wohnen, die darauf wartet gerufen zu werden. Die Steine wurden dafür erschaffen einem Wesen die Kraft zu rauben und es einem anderen zu übertragen. Aus diesem Grund wurden zwei Steine immer aus einem Stein geschaffen, damit sie sich immer finden, egal wie groß der Abstand ist. Mit dem Teilen des Steines entstehen zwei Seelen. Die Übertragung der Kräfte kann erst dadurch zustande kommen, wenn der stärkeren Stein den Schwächeren lockt. Dazu kommt auch noch, wenn einmal ein Stein sich den Kräften der einzelnen Person angenommen hat, so kann man diesen nur schwer wieder von der Person trennen. Also müssen sie aufpassen, welchen Stein sie der Elfe geben." Wieder trank sie einen kleinen Schluck aus ihrer Tasse. " So absurd es klingt, die Elfe könnte auch ihre Kräfte absorbieren. Doch das wäre für keinen von ihnen gesund. Die Frage die ihnen nun bestimmt im Kopf schwebt ist vermutlich, wie sie herausfinden, welcher Stein der Schwache und welcher der Starke ist. Das kann man daran erkennen, dass man von dem jeweiligen Stein angezogen wird. Man findet den Stein besonders interessant oder schön. Jedenfalls schenkt man einen Stein mehr Aufmerksamkeit als den anderen. Von dem anderen wird man regelrecht abgestoßen. Es ist selten, dass sich die Person den für sie falschen Stein aussucht. Somit müssen sie keine Angst haben." Erklärte sie weiterhin, während sie sich nach vorn beugte, um ihre Ellenbogen auf dem Tisch abzustützen und ihr Kinn auf eine Hand ablegte. " Es dauert jedoch lang, bis sich die Steine die Kräfte übertragen oder annehmen. Es wäre falsch irgendetwas zu erzwingen. Es wäre sogar nicht gut." Hob sie nachträglich hervor, um die Wichtigkeit dessen zu betonen. "Am besten ist es den schwächeren Stein als erstes an die Person zu binden und den stärkeren zu isolieren, damit er den schwächeren Stein nicht ablenkt und lockt."

Während die weißhaarige Frau sprach, lagen die grünen Augen des Wolfes ruhig und beinahe eindringlich auf dem dunklen Säckchen zwischen ihnen auf dem Tisch. Als könne er durch den zarten Stoff direkt die Steine sehen. Er versuchte sich jedes ihrer Worte einzuspeichern und mahnte sich in Gedanken, sie nachträglich in seinem Anwesen nieder zuschreiben. Zu Beginn ihres Gespräches hatte es Caleb dazu gedrängt, die Steine unachtsam auf den Tisch zu werfen, doch nun juckte es ihm in den Fingerspitzen erneut nach ihnen zu greifen, um etwas zu prüfen, was als böse Vorahnung bereits in seinem Kopf schwirrte. Doch statt dem Drang nachzugeben, atmete der schwarzhaarige Mann nur tief durch. Er winkelte sein rechtes Bein auf seinem linken Knie an und legte den rechten Arm darauf. "Ich lege dem Mischling also diese zwei Steine vor und er wird sich für den richtigen entscheiden." er wusste selbst nicht, ob dieser Satz eine Frage oder bloß eine laute Feststellung war. Nun lösten sich die schmalen Augen von dem schwarzen Stoff auf dem Tisch und fanden zu den unruhigen Augen der sehenden Frau ihm gegenüber. "Habe ich die richtigen Steine?" diesmal bemühte er sich, deutlich zu machen, dass es sich um eine Frage handelte, wobei sein Blick eindringlich und ernst war.


"Ja so wird es sein." Stimmte die Seherin Caleb zu seinem ersten Satz zu. "Das wird wohl der Zeitpunkt sein, in welchem sie etwas vertrauen in sie legen sollten." Fügte sie noch mit an, bevor sie sich ein schmunzeln nicht mehr verkneifen konnte. "Ihre letzte Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, Caleb. Das tut mir wirklich leid." Mit der Entschuldigung verschwand das Schmunzeln wieder von ihren Lippen. "Ich kann Ihnen nichts von ihrer Zukunft erzählen." Sie trank erneut einen Schluck aus ihrer Tasse, bevor sie diese wieder auf die Untertasse stellte. "Entschuldigt bitte, dass ich immer wieder das gleiche erzähle, doch leider ist es so und ich kann auch leider nichts daran ändern. Aber scheuen sie sich nicht, sollten Sie noch Fragen haben."

Der Mann seufzte nur leise. Ihre Antwort war ihm klar gewesen, in dem Augenblick, in dem er die letzte Frage laut ausgesprochen hatte. Und empfand er jedes Mal aufs neue eine Art Funken Hoffnung, sie würde ihm doch endlich antworten. Leere Worte. Mehr erhielten die Hilfesuchenden hier nicht, sobald sie etwas über ihre Zukunft erfahren wollten. Sobald sie sich das Gefühl von Sicherheit hier zu erhalten erhofften. Caleb würde sich selbst belügen, wenn er behaupten würde, er könnte es nicht verstehen, warum dennoch ein Jeder für diese Sicherheit hier her kam. Auch wenn jeder wusste, er würde keine Antwort erhalten. Denn auch wenn er nun nur ein weiteres verschwommenes Bild von den Steinen vor sich hatte, so verließ man dieses Haus nie mit dem Gefühl der Reue.
Seine Finger berührten den weichen Stoff, als er sie nach den Steinen ausgestreckt hatte, um sie wenig später zurück in seine Hosentasche gleiten zu lassen. "Vertrauen." es war ein unbekannter Drang, der ihn dazu veranlasst hatte, das Wort auszusprechen, welches die Seherin zuvor verwendet hatte. Er sollte dem Mischling Vertrauen gegenüber bringen. Darauf vertrauen, dass er sich richtig entscheiden würde. Vertrauen für ein Wesen, welches noch vor einem halben Jahr keine hohe Lebenserwartung gehabt hätte. Wäre er nicht selbst einer derjenigen gewesen, welche es aufgespürt hätten. In der Absicht das richtige zu tun. Den richtigen leiden zu lassen. Sie damit leiden zu lassen.
"Ich habe keinerlei weiteren Fragen." die schmalen Grünen Augen von Caleb fanden ihren Fokus wieder in diesem Zimmer und richteten sich erneut auf seine Gesprächspartnerin. Vielleicht sollte er die Häufigkeit seiner Besuche hier deutlich minimieren. Die Worte der Seherin sorgten nur dafür, dass er sich zu viele Gedanken über längst entschiedene Dinge machte. Längst vergangene.


Ein bedachtes Nicken hielt als erste Antwort hin. "In Ordnung." Kurz atmete sie tief durch und legte dann ihre Hände auf dem Tisch ab. "Kann ich Ihnen sonst noch versuchen zu helfen? Wollen Sie noch über etwas anderes sprechen?" Die ganze Zeit erwiderte sie den Blick von Caleb, ohne den Anschein zu machen wegzuschauen. Wiedermal hatte sie seinen lauten Gedanken überhört. Das Wort war eher für ihn bestimmt als für andere Ohren.
Die Seherin faltete ihre Hände, so als würde sie beten. Doch für sie hatte diese Bewegung nie eine wichtige Bedeutung gehabt. Es war eher eine Tat, die auf die meisten noch distanzierter wirkte.
"Oder wollen Sie das Treffen hiermit beenden?"

Ein stummer Atemzug und Caleb versuchte sich wieder an das geübte, höfliche Lächeln. Seine Zeit hier war um, es war nun wieder Zeit, die Maske auszusetzen. Dafür zu sorgen, dass man nicht länger zu viel an die Oberfläche lässt. Wollte er noch über etwas anderes sprechen? Wollte er es aussprechen? Nach diesem Schritt würde es für ihn nie wieder ein Zurück geben. Er müsste sich allem stellen, den Käfig öffnen und die dunklen Geister freilassen. Die, die er zuvor mit Mühe eingefangen und weggesperrt hatte. Dann würden ihre Stimmen verschwinden, vielleicht würden sie ihn dann auch Nachts nicht länger heimsuchen.
Der schwarzhaarige Mann hob den Kopf, öffnete die Lippen und sprach: „ Ich denke, unser Treffen wäre hiermit beendet. Ich bedanke mich für die Hilfe.“ damit entschied sich der Wolf, weiter zu rennen. Er würde die Flucht vor seinen eigenen Gedanken und Erinnerungen weiterführen. Bis seine Pfoten bluteten und ihn nicht länger trugen. Es wäre eine endlose Reise, ohne die Chance einer Rückkehr. Es war seine Reise. Der Mann erhob sich von dem Stuhl. Mit einem Mal konnte er es nicht mehr abwarten, durch die Tür ins Freie zutreten. Die klare Luft einzuatmen, die Sonne auf der Haut spüren und einfach los zu lassen. Doch wie sehr die Sehnsucht auch wuchs, so sehr besaß der Alpha die Kontrolle über den Wunsch. Er würde warten, bis sich seine Gastgeberin ebenfalls erhob, er würde mit ruhigen Schritten zur Tür gehen, warten bis sie ihn hinaus bat. Bis der letzte Abschied und die letzten Worte ausgetauscht waren, bis er den langen Feldweg gefolgt war, bis zur Waldgrenze. Bis weiche Pfoten ihn trugen, dann würde er rennen. Er würde den ganzen Tag rennen, bis zu dem Ort, wo sie auf ihn warten würde. Wo sie immer gewartet hatte.


Regen reinigt, dieses Gefühl empfand der Wolf jedes Mal, wenn Tropfen seine Haut streiften. Er verlieh das Gefühl, dass er jede Last wegspülen würde. Regen machte keine Unterschiede, wer seine Hilfe beanspruchte. Regen verlangte dafür keine Gegenleistung. Das einzige was er machte, war fallen.
Der Wolf hob den Kopf zum Himmel, dem Regen entgegen. Dicke kalte Tropfen verfingen sich in seinem Haar, liefen an den Konturen seines Schädels hinab. Er schloss seine Augen, lauschte dem kontinuierlichen Rauschen. Zwei Tage war es jetzt nun schon her, als er dieses Gebäude verlassen hatte. Ohne etwas zu sagen, ohne sein Ziel zu kennen. Auch wenn er für einen Augenblick geglaubt hatte, er wüsste, wohin sein Weg ihn führen würde. Er war schwach geworden, er hatte dem inneren Drang nachgegeben. Oder war dieser nur plötzlich stärker geworden? Doch warum, schrien nun die Stimmer lauter, als zuvor. Sein Weg hatte den Wolf weit in den Süden geführt. Er kannte den Weg auswendig, die engen Pässe durch die Berge, die unentdeckten Routen durch die Wälder, an den Menschen vorbei. Doch war er nicht nur den Menschen ausgewichen. Selbst um andere Rudel machte er einen Bogen. Er wollte nicht reden, nicht lächeln, nicht lügen. Deswegen war er nicht los gerannt. Man war nicht sehr erfreut, als man von seiner überraschenden Anwesenheit erfuhr. Und doch behielt der Alpha des Südens Diskretion und behielt den Aufenthalt des Absoluten Alpha für sich. Der Grund für diesen Gefallen, kannten beide Männer, ohne dass ihn einer von beiden laut ausgesprochen hätte. Sie hatten beide den Abend und die Nacht dort verbracht. Schweigend, mit geschlossenen Augen. Worte wären überflüssig gewesen. So konnte sich jeder doch ihr Lachen, im stummen vorstellen. Ihre Blumen blühten immer noch, zu jeder Zeit, ohne ihre Schönheit zu verlieren, als wollen sie ihr ewig gedenken. Die Nacht verging, die Sonne fand ihren Weg, durch das verschlungene Geäst des Baumes, fand die wachenden Männer. Der Abschied verblieb ebenso ohne Worte. Nur ein Nicken, ein stummes Versprechen. Alles wie immer. Doch jetzt? Jetzt stand der Wolf vor seinem eigenen Anwesen, spürte die Unruhe zwischen den Wänden und doch weigerte sich etwas in ihm, den letzten Schritt auf die Stufen vor ihn zu machen. Gleich würde die Tür auffliegen, Vince würde ihn wütend anschreien, nach einer Erklärung verlangen. Dies spülte der Regen nicht weg. Davor bewahrte er ihn nicht.
Mit trägen Schritten setzte sich der Vermisste in Bewegung, die Tür wurde noch im selben Augenblick aufgerissen. Vince trat ihm entgegen, die Augen voller Wut, den Mund voller Vorwürfe. Man konnte ihm diese Haltung auch nicht verdenken. Vor zwei Tagen war sein Alpha spurlos verschwunden und hatte ihn ohne ein Wort zurück gelassen. Ihn und sein gesamtes Rudel. Nun stand er in durchnässten Klamotten vor dem Anwesen und ging ohne ein Wort an ihm vorbei in die Eingangshalle. Die nassen Haarsträhnen hingen Caleb ins Gesicht, ließen damit seine Augen allerdings noch heller wirken. Zwei Schritte, mehr bekam sein Alpha nicht, dann schloss sich eine kräftige Hand um den nassen Kragen und zog den Mann zu sich. „Wo warst du, verdammt?!“ wenn sich Vince auf Festlichkeiten wenigstens in geringen Maßen die Mühe machte, seine Sprache förmlich klingen zu lassen, so fiel er, sollte er wütend werden, schnell in seine eigentliche Muster zurück. Ein Kind von der Straße, würde niemals nett um Erlaubnis fragen. Eine Eigenschaft, die Caleb früher an ihn gemocht hatte, doch nun immer komplizierter wurde.
„Du verschwindest einfach so, ohne ein Wort. Ohne irgendwas!“ wütend funkelten die grauen Augen den Alpha an. „Du schuldest mir eine Antwort. Deinem ganzen verdammten Rudel! Du hast uns im Stich gelassen!!“
Caleb hob seine rechte Hand, umfasste Vince Handgelenk und drückte dagegen. „Hättest du die Güte, mich los zu lassen?“ die schmalen grünen Augen ließen sich Zeit, bis sie ihren Gesprächspartner fixierten.
„Zu erst redest du!“ fuhr Vince ihn laut an, begleitet von dem bekannten, bedrohlichen Knurren. „Wo warst du?! Zwei Tage, warst du weg!“
„Du wiederholst dich.“ auch wenn Caleb mit Ruhe gegen Vince hielt, so lag auch in seiner Stimme Schärfe. „Ich war weg, dass sollte dir aufgefallen sein. Doch ich erinnere mich nicht, dass ich mich verpflichtet habe, dir jeden einzelnen Schritt von mir zu erklären.“ der Schwarzhaarige legte provozierend den Kopf schräg und erwiderten den zornigen Blick mit einem gelangweilten. Natürlich löste es die erwartete Reaktion aus, Vince wurde nur noch wütender und sein Griff fester.
„Machst du dich etwa darüber lustig?! Sind wir dir so unwichtig? Lässt du uns so schnell einfach fallen?!“ der Beta spürte, dass in ihm nicht länger nur Wut war. Er kannte diesen Blick, diese Haltung. Er hatte sie schon einmal an seinem Alpha gesehen. Es war kurz nach ihrem Aufeinandertreffen gewesen, als er sich verloren hatte. Es waren die gleichen trüben grünen Augen, der gleiche Blick und das gleiche Gefühl, dass ihm gegenüber nicht der Caleb stand, den er kannte.
„Ließ ich euch fallen, nur weil ich für zwei Tage weg war? Seit wann wurde es üblich, dass man sein Leben allen mitteilt?“
„Wer sagt allen?! Deiner Familie!“ knurrte der Beta.
„Familie? Seit wann bist du denn so sensibel geworden, Vince?“ Hohn schwang in der Stimme des Mannes. „Werden wir langsam weich?“
Er hatte es kommen gesehen. In dem Wimpernschlag, in dem Vince ihn los gelassen hatte, wusste Caleb was er vorhatte. Dennoch war er stehen geblieben, dennoch wich er nicht aus, er ließ ihn machen. Und so, traf die Faust ihn wie erwartet kurz unter dem linken Auge, drückte seinen Kopf nach rechts, wo er ihn für einige Atemzüge ruhen ließ.
„Vince!“ es war Sam, der die Halle betreten hatte und mit sorgenvollen Blick auf die beiden Männer zu kam.
„Bleib wo du bist!“ brüllte der Beta ihn an und veranlasste ihn damit, stehen zu bleiben. „Du weißt so gut wie ich, dass ich im Recht bin.“ der Braunhaarige wandte sich wieder an den Geschlagenen. „Du hast eine Verantwortung die du tragen musst!“ erneut packte er seinen Kragen.
„Denkst du wirklich, dass ich das nicht selber wüsste?“ langsam drehte Caleb seinen Kopf wieder nach vorne und funkelte seinen Beta wütend an. „Denkst du, ich brauche dich, damit du mich daran erinnern musst?“ mit genügend Krafteinsatz konnte er die Hand weg drücken und packte nun seinerseits, den Kragen des Hemdes, von Vince. Auch wenn er weit aus stärker nun zog. „Ich brauche niemanden, damit ich das nicht vergesse. Und ich schulde niemanden eine Erklärung.“
Der Beta stemmte sich gegen den kräftigen Griff Calebs, doch entkam er ihm damit nicht. Er öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch plötzlich hielt er inne. Aus der Kehle des Alphas war seit langem ein tiefes drohendes Knurren zu hören. Es erfüllte die Wände und hallte zu ihnen zurück. Sam machte reuevoll einen Schritt zurück, als der Blick des Alpha ihn streifte.
„Du hast kein Recht, einfach zu verschwinden.“ Vince hielt mit seinem Körper und seinem Knurren gegen den Alpha und damit war er der Einzige im Rudel, der den dafür nötigen Standpunkt besaß. „Auch ein Alpha besitzt Regeln.“
„Erzähle du mich nichts, von Regeln. Wir wissen beide am besten, dass so etwas nie für uns galt.“
„Bist du dann trotzdem so schwach geworden, dass du einfach abhaust?“ Vince hob das Kinn, als würde er seinen Alpha herausfordern. Ein Fehler, denn als Antwort blickten ihn die Augen eines Wolfes entgegen, nicht länger die, eines kontrollierten Mannes.


Der Lärm in der Eingangshalle war so laut, dass es nicht mal an der jungen Frau in der ersten Etage vorbei gehen würde. Die letzten zwei Tage war es in dem Haus zwar nicht ruhig und hatte auch nicht den Anschein gemacht, dass die Unruhe auch nur für einen Augenblick vergehen würde, doch der Lärm jetzt war anders. So anders, dass sie aus ihrem Zimmer getreten war und leise die Stufen hinab gestiegen ist. Bis zu dem Treppenabsatz, auf dem die letzten Stufen in die Eingangshalle folgen würden.
Leise beobachtete sie die Diskussion der Männer. Das Knurren deren jagte ihr einen kurzen Schauer über den Rücken. Doch Caleb dort unten zu erblicken, ließ sie innerlich aufatmen. Selbst an ihr war es nicht spurlos vorbei gegangen, dass er einfach so verschwunden war.
"Bitte entschuldigt..." Erhob Marú zaghaft und ein wenig ängstlich die Stimme, bevor sie sich kurz räusperte. "Ich weiß, es ist im Augenblick sicherlich nebensächlich, aber ich wollte sie an die Einladung erinnern, die für heute angedacht war." Noch im selben Moment fragte sie sich, warum sie es überhaupt sagte. Die Männer dort unten schlugen sich buchstäblich die Köpfe ein und ihr fiel nichts besseres ein, als den Alpha und seinen Beta daran zu erinnern, dass sie eine Einladung der Königin der Nymphen hatten und sie für heute angesetzt war? Ja, sie hatte stets ein Händchen für angespannte Situationen.

Keiner der beiden Männer regte sich, als würden die Worte der Elfe nicht für sie bestimmt sein. Und doch war mit dem erheben ihrer Stimme das Knurren verklungen und erfasste nicht länger das alte Gewölbe des Gebäudes.
„Grund dessen, bin ich hier.“ der Schwarzhaarige hatte seine kontrollierte Stimmlage zurück gefunden und ließ noch im gleichen Atemzug den Kragen seines Gegenübers los. Die grauen Augen lagen noch immer voller Vorwürfe auf ihm, doch schwieg der Beta. Die Diskussion hatte, noch vor Marú‘s Eintreffen einen Punkt erreicht, wo es nicht länger um das Rudel ging. Vince hatte noch vor seiner ersten Anschuldigung gewusst, dass Caleb das Rudel keineswegs egal war, dass er sie nie im Stich lassen würde und dass er sie für diese Tage einfach vergessen wollte. Dennoch hatte er diese Lüge ausgesprochen. Eine Lüge, die besonders schmerzlich für seinen Alpha war. Wussten sie nicht beide am besten, wie es sich anfühlte, im Stich gelassen zu werden oder den Schmerz, wenn man zurückkehrt, ohne etwas vorzufinden, was man zuvor ‚Zuhause‘ genannt hatte.
Caleb hob seine rechte Hand und löste den ersten Knopf seines schwarzen Hemdes, dann den zweiten. Noch immer hingen die Regen durchtränkten Klamotten an seinem Körper, schmiegten sich an seine Haut, als wollen sie ihn schützen. Ohne den Anwesenden noch weitere Beachtung zu schenken, öffnete er seine Weste und streifte sie ab. In dem Augenblick, wo er sie in der Hand hielt, stand einer der Angestellten zu seiner Seite, mit einem frischen Hemd. Er nahm dem Mann die Weste ab und wartete darauf, dass dieser sich auch dem Hemd entledigen wollte. Während Caleb die Knöpfe öffnete, suchten seine grünen Augen die trauen, braunen von Sam. Er war zurück in seiner Rolle, des kontrollierten, pflichtbewussten Alphas. Er hatte es gewusste, als er sich für diesen Weg entschieden hatte. Er schlug diesen Weg wissentlich ein. Wissend darüber, dass ihn nie jemand nach seinem inneren Empfinden fragen würde, was in ihm vorging, wie die Namen seiner Geister lauteten, die ihn verfolgten. Ein Alpha stand für die Stärke seines Rudels, er repräsentiert es. Da war kein Platz für Schwächen, für Gedanken, für Mitleid. Für Gefühle, des Alphas. Mit ihm steht das Rudel und er kann es auch zum fallen bringen. Er baut es auf, er führt es, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.
Caleb Grayson hatte sich für den schwersten Weg von allen entschieden. Er wählte einen Weg in den Tod, ohne Beistand dafür erwarten zu dürfen. Er trug die Würde und die Kraft aller Wölfe auf seinen Schultern, mit der Verpflichtung sie auf den richtigen Pfad zu führen. Und wenn die Wölfe ihm nicht länger folgen wollten, dann würden sie ihn ablösen. Durch einen neuen Alpha. Sie würden einen neuen Abzweig wählen, ohne zurück zuschauen, wie schwer der Weg bis hier her war. Und der alte Alpha? Er wird vergessen, beseitigt. Ihm werden alle Rechte eines eigenen, glücklichen, leichten Lebens genommen. Seine Aufgabe war die Last aller zu tragen, die Aufgabe hat er zu erfüllen, danach hat niemand eine Verwendung für ihn. War dieses Leben überhaupt lebensfähig. Nur darauf zu warten, dass jemand Stärkeres kam, um einen abzulösen? Sein Leben lang wartet man, auf den Tag des eigenen Todes. So hatte man es ihm einst erklärt und dafür starb eine geliebte Person.
All diese Gedanken, waren innerhalb der letzten Tage wieder aufgekommen und für eine kurze Sekunde fürchtete Caleb, dass Sam diese in seinem Blick sah. Kein räuspern, kein Versuch die Möglichkeit zu überspielen. Nein, stattdessen erkalteten die grünen, schmalen Augen, noch während sie den Mann betrachteten. „Wir werden ungefähr ein oder zwei Tage bei der Königin verbringen, da sie darum bat. Ich werde mir oben die angekommene Post durchsehen und alles nötige klären, für meine Abwesenheit.“ nun entstand eine kurze Pause, in welcher Caleb auch bei dem vorletzten Knopf seines Hemdes verweilte. „Ich werde nachher nach Nate schauen, danke für die Erinnerung.“ eine schwache Entschuldigung schwang in seiner Stimme mit, welche Sam zuversichtlich lächeln und nicken ließ.
„Er wird sich freuen.“ gab er noch zurück.
Der Alpha streifte derzeit das durchtränkte Hemd von seinem Körper, verweigerte aber die Annahme des ihm gereichten, frischen Hemdes. „Ich werde mir oben selber neue Klamotten nehmen.“ begründete er seine Wehr und setzte sich in Bewegung.
Bevor der Wolf die ersten Stufe nach oben erklomm, passierte er den blonden Mischling. Seine schmalen, grellen Augen leuchteten durch die nassen Haarsträhnen in seinem Gesicht und fixierten das Mädchen geradezu. Doch ohne das eine Verzögerung in seinem Gang zu bemerken war, ging er an ihr vorbei, die Treppen hinauf. Die Stimme der Seherin stahl sich in seine Gedanken. Sie sprach von Vertrauen gegenüber diesem Mischling. Caleb erinnerte sich an den gewollten Hohn in seiner Stimme, als er das Wort ausgesprochen hatte und doch hatte er ihn noch rechtzeitig hinunter geschluckt. Er sollte sie beschützen, ihr erbärmliches Leben sichern, zusätzlich zu seiner Rolle als Absoluter Alpha, und jetzt sollte er ihr auch noch vertrauen. Ohne dass je gleichwertige Opfer von dem Mischling erwartet wurden. Der Drang abschätzig mit der Zunge zu schnalzen wuchs, mit der Zahl an Stufen, die er hinaufstieg. Vertrauen. Ein Wort, was in dieser Beziehung fehl platziert wurde. Es konnte kein Vertrauen zwischen zwei Arten geben, die einander hassen und töten. Da würde nie Platz für etwas dergleichen sein. Dennoch schloss der Alpha seine Zimmertür mit der Frage im Kopf, ob er je fähig wäre, dem Mischling zu vertrauen. Ob er je ihr Vertrauen entgegen bringen könnte. In dem Maße, wie es die Seherin von ihm erwartete und verlangte. Caleb durch schritt sein Schlafzimmer, bis er vor dem dunklen, hohen Schrank stand, aus dem er ein frisches, trockenes, schwarzes Hemd zog. Dies zwischen den Händen, ging er zum Fenster. Das Fenster stand offen, so wie er es zurückgelassen hatte. Kühle Regenluft blies ihm entgegen und trug den Regen so in das Innere des Gebäudes. Es wäre gelogen, wenn er bei dem Anblick der Bäume, welche im seichten Wind sich wogten, und dem Geruch des Waldes, nicht das vertraute Gefühl, seines Zuhauses zu spüren. Kalte Tropfen rollten an seinem Gesicht hinunter und erinnerten den Mann, dass er noch immer durchnässt war. Er wechselte die Hose aus, öffnete den lockeren Zopf, der seine bereits viel zu lang gewordenen Haare zusammen hielt und fuhr zwei mal mit einem Handtuch, durch seine Haare. Als er die Arme wieder sinken ließ, befand sich sein Geist nicht länger in seinem Schlafgemach. Er kontrollierte die Anwesenheit eines jeden Wolfes und musste sogar überraschend feststellen, dass Arthur anwesend war. Auch ihr Neuzuwachs befand sich im Gebäude, ebenfalls dort wo er sie zurückgelassen hatte. Er sollte ihr, vor ihrer Abreise noch einen Besuch abstatten. Mit einem beinahe gut gestimmten schmunzeln auf den Lippen, zog er dass Hemd über, knöpfte es zu und strich sich von der Stirn beginnend, durch das feuchte, schwarze Haar, sodass sie dank der Nässe ihre Position dort hielten, ohne, dass er erneut eine Zopf binden musste. Er verließ seinen Raum, ohne das Fenster zu schließen und ohne die neue Post durchzusehen. Im Gehen krempelte er seine Ärmel bis zu seinen Ellenbogen hoch, bei einer unachtsamen Bewegung strich er über die Narbe an seinem rechten Unterarm. Sofort meldete sich das bekannte Jucken, welches er noch immer als unangenehmer Wegbegleiter bei sich trug. Sofort vergrub er seine Nägel etwas tiefer in die wunde Haut und kratze ein paar mal. In der Zeit hatte er erneut die Eingangshalle erreicht, Caleb durchquerte sie, folgte einen der dunklen Flure und glitt eine etwas versteckteren Treppe hinab. Er folgte dem Geruch einer Schwester, bis er vor den Gitterstäben stand. Sie hatte nun eine größere Zelle erhalten, da sie immer besser wurde, was die Verwandlungen anging. Nur der Wechsel war noch immer eine Schwierigkeit, die sie noch meistern musste. Es war, als wolle weder der Wolf, noch der Mensch, einander anerkennen, auch wenn sie sich im gleichen Körper duldeten. Es war ein wunder, dass sie die ersten Verwandlungen so gut gemeistert hatte, auch wenn der nächste Vollmond, wohl ein deutlicher Rückschlag werden würde. Dennoch genoss Caleb die Stunden, die er mit der Wölfin verbringen konnte. In dem Augenblick, in dem er die kalten Stäbe von sich schob und durch die Tür schritt, umspielte ein liebevolles Lächeln seine Lippen. Sie hatte sich seit seiner Abwesenheit erneut verwandelt und lag nun als wunderschöne Wölfin vor ihm. Ihr seidiges, dünnes Fell schimmerte in der spärlichen Beleuchtung, als sie sich anmutig erhob. Kurze Zweifel funkelten in den orange-blauen Augen auf, ehe sie ihren Gegenüber erkannten und Freude aufkam. Mit einem großen Schritt, war der Wolf bei dem Mann, der soeben durch die Tür kam. Caleb lachte überrascht auf, als das Tier ihm neckisch zu Boden drückte und er mit dem Rücken an der Wand nach unten rutschte. Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter und legte sich eng an ihm, damit er sich auch ja richtig kraulen konnte. Der Alpha hatte sich erst Sorgen gemacht, dass die Frau sich in dem Wesen eines Wolfes verlieren könne und ihr menschliches Dasein so hinter sich lassen würde. Doch ließ die Traurigkeit in ihrem Blick immer mehr nach, hatte sie sich wieder zurück verwandelt. „Ist ja gut.“ versuchte der Mann den Wolf zu beruhigen, welcher nicht aufhören konnte, ihm über das Gesicht zu lecken.
„Ich hab genauso an dich gedacht.“ gab er wahrheitsgemäß zurück, als die freudigen Gedanken der Wölfin ihn erreichten. „Ich hab der Seherin erzählt, dass du große Fortschritte machst.“ sprach Caleb weiter, während er offensichtlich gezeigt bekam, dass er sie nun hinter den Ohren kraulen solle. „Das einzige ist…“ er machte eine kurze Pause, in welcher er auf den schmalen Schädel hinabblickte. „Du musst aufhören, dich in dem Wolf zu verstecken und dich dennoch von ihm loszusagen. Ihr seid beide stark und es wird nicht lange so gut funktionieren, wenn ihr euch weiter ignoriert.“
Ein Schnauben war die Antwort, in welchem der Wolf die Schuld von sich wies. Doch als der Alpha etwas erwidern wollte, bemerkte er die Schritte, die zu ihm kamen. Vince. Er würde wohl erneut daran erinnern, dass sie abreisen mussten. Es musste weitergehen, es war keine pause vorgesehen. Für Caleb schon gar nicht. „Haben dich alle gut behandelt?“ er wusste nicht, warum er die Frage stellte, immerhin war es ein unausgesprochenes Gesetzt, dass Frischlinge alleinig dem Alpha unterlagen und damit unangetastet von den übrigen Rudelmitgliedern blieben.
Die Wölfin nieste und rieb ihren Kopf an Calebs Brust. Er musste wirklich aufpassen, dass er ihr das Verhalten eines Haustieres austrieb. Sie war weit mehr als das. Und sie musste den Stolz, ein Wolf zu sein, tragen, als sei es ihr Schild und gleichzeitig ihr Schwert. Wölfe unterwarfen sich nicht der Gattung von Tieren, die sich dem Menschen untergeordnet hatten. Ihnen gehörte der Wald und die Felder. Sie jagten dorthin, wohin es ihnen der Ruf des Mondes befahl.


Die Räder drehten sich und bewegten somit die Kutsche klappernd vorwärts. Die vorgespannten Pferde trabten gleichen Schrittes den Weg entlang. Der starke Regen hatte nachgelassen, doch Platz für die Sonne haben die Wolken nicht gemacht. Im inneren der Kutsche herrschte bedrückende Stille. Eine gewisse Angespanntheit hing in der Luft.
Die blonde, junge Frau schaute schon die gesamte Fahrt über nach draußen. Schon vor einer Weile wusste sie nicht mehr, in welche Richtung sie fuhren und auch fragte sie sich, wann sie an ihrem Ziel ankommen würden. Schon lange haben sie die Stadt hinter sich gelassen und allmählich passierten sie die Felder. Sie tauchten in einen Wald ein, welcher den düsteren Tag noch mehr verdunkelte. Dicke Tropfen prasselten immer wieder auf das Dach der Kutsche, welche von den Blättern herunter rannen. Der erdige Boden wurde immer matschiger, umso weiter sie in den Wald eindrangen.
Einige Zeit später merkte Marú wie der Kutscher immer mehr das Tempo drosselte, ehe die Kutsche holprig zum stehen kam. Sie hörte, wie der Kutscher von seinem Platz stieg, über den erdigen Boden lief und die Tür zu der Kutsche öffnete. Die drei Insassen des Gefährtes stiegen nacheinander aus. Marú sah, wie am Wegesrand eine Person auf sie wartete.
Marú folgte den Männern stumm vor. Sie sah, wie sie dem Mann zu nickten. Er hatte eine schlanke Figur. Sein Haar war dunkelgrün gefärbt und seine Augen leuchteten in einem hellen orange, welche sich von seiner hellen Haut stechend abhoben. Sein Körper war in leichten Leinenstoff gehüllt, die zu einen Hemd und einer Hose geschnitten wurden. Seine Füße waren gänzlich nackt.
Eine knappe Begrüßung kam der Blondine über die Lippen, worauf sie auch schon den Männern durch den Wald folgte, nach einem kurzen Stillstand. Sie hob leicht ihr Kleid an, wusste aber, dass es eh schmutzig werden würde. Sie liefen durch die Bäume hindurch, bis Marú einen weiteren Pfad entdecken konnte. Ihr wenig Gepäck wurde auf ein Gefährt geladen, welches in hellem Geäst erleuchtete. Es wandte sich umeinander und stabilisierte sich somit in sich. Das kutschenartige Gefährt war mit Blumen geschmückt. Die zwei Männer machten einen Schritt zur Seite und gaben somit den Platz zu der Kutsche Marú frei. Unschlüssig stieg sie in das Gefährt ein und merkte dann auch, dass in das Innere der Kutsche nur ihr Platz bot. Nachdem sie sich nochmal kurz umgedreht hatte, setzte sich die Kutsche ruckelnd in Bewegung. Sie wandte ihren Blick wieder nach vorn und weitete erstaunt die Augen. Ein Wesen zog die Kutsche, welches wie ein Pferd aussah und doch etwas ganz anderes war. Es leuchtete in einen weißen Farbton und gleichzeitig schien es transparent. Der Gang des Wesens war elegant, wie es sich federnd immer wieder vom Boden abhob. Neben das Wesen hatte sich der Mann platziert, welcher neben diesen lief. Sie folgten den Weg entlang, immer weiter in den Wald hinein.
Es schien so, als würde die Sonne mehr und mehr die Wolken von sich weg zu schieben. Der Wald wurde immer mehr erhellt, doch es war nicht die Sonne, die dafür sorgte. Das Licht kam von etwas anderem aus. Das erkannte Marú nach einiger Zeit, die sie gefahren war. Am Ende des Weges erschien eine Baumgruppe, die hell leuchtete. Auf den ersten Blick hätte man denken können, dass die Bäumen angestrahlt wurden, doch das Licht ging von Ihnen aus. Umso näher sie an die Baumgruppe kam, so sah sie, die weiße Rinde. An einigen Stellen wirkte die Rinde silbern und Marú erkannte, dass die riesigen Stämme aus mehreren kleinen bestand, die ineinander gewunden waren. Als ihr Blick langsam an den Bäumen hinauf wanderte kam sie aus dem staunen nicht mehr heraus. Die Blätter waren ähnlich transparent, wie das Wesen vor ihr. Das Licht, welches durch die Blätter schien, brach so, dass auf dem Boden die verschiedensten Farben tanzten.
Erst als die Kutsche rukelnd zum stehen kam, sah die blonde Frau wie die Bäume wie eine Grenze weiter nach links und rechts verliefen. Zwischen den Bäumen erblickte man einen Schleier, welcher einem den Blick auf das dahinter liegende verbarg. Marú sah, wie der Mann weiter auf den Schleier zu ging und dahinter verschwand. Holpernd setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung und Marú knallte ihre Finger in das Holz. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. So wie sie da saß hätte man denken können, dass sie panische Angst hatte. In gewisser Weise war es auch so, doch hatte sie nicht die Befürchtung, dass ihr hinter dem Schleier etwas schlimmes blühte. Und doch hielt sie unbewusst die Luft an, als sie in den Schleier eintauchte. Umhüllt von hellem Licht, war das erste was sie hörte die lachenden und singenden Stimmen von Frauen und Männern. Nah an ihrem Ohr hörte sie jemanden flüstern, doch verstand sie die Worte nicht, die gesprochen wurden. Hastig sah sie sich um, doch das einzige was sie sah, waren schleierhafte Umrissen, die um sie und um die Baumstämme herum tanzten.
Allmählich holte sie wieder Luft, da sie merkte, wie ihr Körper sie wieder zum atmen zwang. Mit dem tiefen durchatmen, verließ sie den Schleier wieder. Doch was sie hinter dem Schleier erwartete, war nicht weniger atemberaubend. Als die Kutsche zum stehen kam schaute Marú wieder nach vorn und erkannte, dass das schöne Wesen verschwunden war. Hastig drehte sie ihren Kopf zurück, um zu schauen, wo es zu finden sei. Doch das einzige, oder eher wen Sie erkannte, war Caleb und Vince. Die beiden Männer standen neben der Kutsche, aus welcher Marú langsam ausstieg. Sie merkte, wie sich das Geäst bewegte. Es öffnete sich langsam und gab ihr somit den Weg zum aussteigen frei. Leicht zitternd wanderte ihr Blick langsam nach um. Sie wusste nicht genau was sie erwartet hatte, doch diese Gebäude hätte sie sich nicht mal im Traum vorstellen können. Sie stand auf einem Platz, welcher etwas offener war und erst in etwas größerer Entfernung die nächsten Häuser kamen, welche sehr alt wirkten. Sie wiesen hohe Fensterbögen auf und Säulen, die in sich verschlungen waren. Sie standen zum Teil zwischen riesigen Bäumen. Als Marú an jenen hinauf schaute, erkannte sie, dass selbst in den Bäumen Gebäude zu finden war. Ihr Mund stand fassungslos offen und ihre Augen funkelten, bei dem märchenhaften Anblick. Die Gebäude waren in das starke Geäst der Bäume gebaut wurden und reichlich geschmückt. Mit unzähligen Brücken waren sie verbunden. Die Brücken bestanden zum Teil aus Ästen des Baumes. Zum anderen waren sie zusätzlich gebaut wurden. Die Häuser in den Bäumen bestanden aus hellem Gestein, doch wurden sie von Ästen umschlungen, wenn nicht sogar gänzlich durchbohrt wurden. Es war viel zu viel, als dass Marú alles in sich aufnehmen könnte, doch bemühte sie sich alles einzufangen, da sie noch nie so etwas wunderschönes gesehen hat.

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