April ließ langsam die Hand sinken. "Der Schulsprecher. Er ist Gideon. Er hat versucht mich umzubringen. Er täuscht uns allen etwas vor. Das müssen sie mir glauben!" Leise wimmerte sie. Es tat so weh und sie hatte schreckliche Angst.

Hodge nickte und merkte sich gleichzeitig jedes der ausgesprochenen Wörter. "Hat er sich sofort als solcher zu erkennen gegeben? Also war er von Anfang Gideon?" fragte er, seine Stimme war ruhig, fast geschäftlich.
Arved hingegen wurde immer unruhiger. Er wusste nicht von was die beiden Sprachen, um genau zu sein, er verstand überhaupt nichts! Er wusste nur, dass er noch vor ein paar Minuten einen unheimlich großen Schmerz in seiner Brust gefühlt hatte und instinktiv los gerannt ist, auf der suche nach April. //Aas geht hier nur vor?!//

"Nein, erst hat er mich nur verletzt, mich provoziert, aber dann stand er plötzlich vor mir. Er hat mich getreten, mich ausgelacht, mich mit zwei Messern attackiert. Er war da!" Verzweifelt schluchzte sie. "Sie müssen mir glauben!"

"Ich glaube dir." antwortete Hodge, immer noch mit ruhiger Stimme. "Ich glaube dir sogar sehr, dass er dort war. Doch leider gibt es an der Sache einen Haken." er winkte dem Arzt zu, dass er anfangen sollte, ihre Wunden zu verarzten. "Diesen werde ich dir aber erst sagen, wenn es dir etwas besser geht. Vertrau mir, hier wird er dich nicht angreifen können. Er kann hier nicht rein." versicherte er ihr.

"Hört alle auf das runter zu spielen. Er war da! Er ist gefährlich! Wie oft soll denn noch etwas passieren?!" Ihre Umgebung wurde immer unschärfer durch all die Tränen. Wieso taten sie alle das? War sie irre geworden?

Hodge war eigentlich ein sehr geduldiger Mann, doch bei jungen Mädchen wie April, verlor er seine Geduld immer wieder. Er deutete dem Arzt an ihr eine Spritze zu verpassen. "Wir reden nachher weiter."
Als Arved bemerkte, wie der Arzt eine Spritze hervor holte, setzte er zu einem Protest an, doch sofort drehte Hodge ihm den Kopf zu und sah ihn strafend an. Nur ein Wort, sagte sein Blick. Der Mann mit den grauen Haaren gab April ein Beruhigungsmittel, damit sie sich von ihrem Schock erholen konnte. Jetzt hatte Hodge erstmal Freiraum, jetzt war Arved dran. Er hatte mehrere Regeln Wiedermal gebrochen und dafür musste er jetzt gerade stehen. Verdammt er wusste immer noch zu wenig!

April winselte hilflos als sie die spritze spürte. Sie hätte aufgeben sollen, man glaubte ihr nicht. Hilflos sah sie zu Arved, doch kurz darauf wurde sie schläfrigen. "Arved..", presste sie hervor. "Du musst mir glauben. Wir müssen hier weg." Kraftlos streckte sie ihre Hand erneut nach ihm aus. Er sollte sie nicht damit allein lassen. Sie kämpfte damit, dass ihre Augen nicht zufielen, doch es wurde mit jeder Sekunde schwerer.

Arved starrte Hodge mit den kalten blauen Augen an. Sie ist mein Schützling, antworteten seine Augen und gleich darauf fuhr er an ihm vorbei und griff nach April's Hand. Doch ein kräftiger Arm schlug seinen nieder. "Willst du dich schon wieder mir widersetzen? " ertönte die tiefe Stimme des älteren Mannes. "Ich dulde es nicht ein weiteres Mal." Hodge sah zu April, alle Freundlichkeit war aus seinem em Blick gewichen. "Er und du werdet beide hier bleiben. Schlaf also jetzt." wies er sie an und sah wieder zu Arved. "Oder spricht etwas dagegen?" Arved sah entschuldigend zu April und senkte den Kopf. "Wir werden die alles nachher erklären, April." presste er hinaus. Wenn er jetzt widersprach, dann würde April darunter leiden müssen.

Erschöpft ließ sie den Arm neben sich fallen. "Arved..." Er konnte doch jetzt nicht aufgeben. "Bitte.", flehte sie, dann fielen ihr die Augen zu. Wieso verstand niemand die Ernsthaftigkeit dieser Situation?

Kaum hatte das Beruhigungsmittel bei April gewirkt, fiel bei den beiden Männern die Fassade. "Was war dort los?!" es war Arved der schneller war und laut nach Antworten verlangte. "Sie hat recht, dort hat sich keiner geregt und der Typ stand auch bloß da. Warum sieht sie dann trotzdem so aus?" doch statt ihm zu antworten, ging Hodge an ihm vorbei, in den Flur. Er stellte sich vor die Wand und faltete die Hände hinter dem Rücken. "Sie hat gegen den Schulsprecher gekämpft." begann er, nach Arveds Meinung, viel zu langsam. "Ich weiß nicht wie es dazu kam, dass einer der hohen Klassen gegen sie kämpfen konnte, aber scheinbar hat es geklappt."
"Nein hat es nicht! Sie kann ja noch nicht mal richtig das Glas kontrollieren und da muss sie schon gegen einen der besten kämpfen?!"
Hodge nickte nur bedacht. "Das ist die Frage, doch sie lebt ja noch." wich er eindeutig aus. Arved ballte stattdessen die Fäusten. "Ich lasse die Bestrafung über mich ergehen und gleichzeitig wird sie von einem Schüler fertig gemacht, das ist nicht fair!"
Auf einmal starrten die unnatürlichen blauen Augen von dem alten Mann, Arved an. War das Mordgelüste in seinem Blick?!
"Fair? Ausgerechnet du redest von 'Fair'? Gerade du solltest wissen, dass niemand fair ist. Es liegt an dir, dass sie den Schock jetzt runter schluckt und sich beruhigt. Ich gebe ihr einen einzigen Tag als Pause, dann muss sie wieder zurück." der Mann drehte sich um und ging dem Flur entlang. "Achso, der Freie Tag gilt natürlich nicht für dich. Ich erwarte dich morgen, zusammen mit Soshi."
Wäre Arved nicht zu stolz dafür, wäre er eingeknickt. Er hatte immer noch keine Antworten, doch eins wusste er: er konnte noch so sehr sich anstrengen, April schien er nie richtig beschützen zu können. Er kehrte in das Arztzimmer zurück, zog sich ein Stuhl heran und umschloss April's Hand mit seinen. "Es tut mir so leid... Ich kann dir so viel versprechen und dennoch passieren dir ständig solche Dinge. Und was mache ich? Ich vertraue noch nicht mal mir selbst..." er lehnte seinen Kopf gegen ihre Hand und presste Augen, sowie Zähne zusammen. "Verzeih mir... Ich will dich nicht verlieren. Du bist mir so wichtig!"

Es war bestimmt nach Mitternacht als April erstmals die Augen wieder aufschlug. Für einen Moment schienen alle Erinnerungen weg und auch ihre Sicht war unscharf, aber nach und nach kehrte alles zurück. Das Beruhigungsmittel schien jedoch noch nachzuwirken. Sie war benommen und ihre Angst war zwar da, doch würde von irgendetwas immer niedergedrückt, sodass es sich anfühlte, als wäre es nur ein ungutes Gefühl. Verwirrt sah sie sich um und entdeckte Arved neben sich am Bett sitzen und unruhig dösen. Es war wie damals, als sie sich eingebildet hatte in der Schule Gideon zu sehen. Sie hatte komplett die Nerven verloren, doch das damals war vermutlich nicht einmal echt. Behutsam berührte sie seine Hand und versuchte ihn zu wecken. "Arved..."

Arved tauchte aus dem Schleier an verworrenen Träumen auf. Doch kaum blinzelte er, war er hellwach. "April! du bist wach." rief er sofort und sah sie mit großen Augen an. "Geht es dir besser? Schmerzt noch irgendetwas?" verlangte er gleichzeitig zu wissen. Er wappnete sich, dass sie auch jeden Moment Fragen stellen würde, Fragen die er nicht beantworten konnte. Was ihn wieder das Gefühl gab, nichts für sie tun zu können.

April setzte sich auf und sah Arved an. Sie wollte ihm antworten, wollte ihm sagen, sie sollten sofort weglaufen, aber es würde wieder auf eine Spritze hinaus laufen. Man würde sie wieder behandeln wie eine irre. "Ich..", fing sie an, doch sofort brach sie ab und schlang ihre Arme um Arved, um ihn fest an sich zu ziehen. "Ich liebe dich.", murmelte sie leise. Er sollte das niemals vergessen.

Arved hielt perplex die Luft an, ließ sie jedoch mit einem schmunzeln wieder raus, nachdem sie fertig gesprochen hatte. "Ich weiß..." statt ihr ebenfalls die Arme umzulegen erhob er sich und setzte sich an ihre Bettkante. Er sah ihr noch einmal tief in die Augen, dann zog er sie mit seinen Armen dicht an seine Brust. "Ich habe mir solche Sorgen gemacht." gestand er. "Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustöße. Dabei kann ich dich selbst vor so etwas nicht beschützen. Es tut mir so leid." ursprünglich hatte er nicht vor, ihr alles zu erzählen, doch alleine sie im Arm zu halten ließ seine Worte einfach nur fließen. "Meine Versprechen sind nichts wert." man hörte den Selbsthass in seiner Stimme und sofort zog er sie noch enger an sich.

Johann saß unruhig auf der Couch und wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. Als er bemerkt hatte, dass es nicht so weiter gehen konnte, war er aus der Arena gerannt. Doch er kam nur bis zum Schulausgang, dann kam ihm bereits Arved entgegen. Woher wusste er, daß etwas nicht stimmt? Dazu hatte er ein ziemlich Schmerz verzerrtes Gesicht gemacht. Jetzt saß Johann hier und wusste nicht weiter. Er hatte Soshi nirgends gefunden und saß dementsprechend alleine und hellwach in seiner Wohnung. Wo war dieser Trottel nur?! War er abgehauen? Hatte er keinen Bock mehr auf ihn? Verdammt warum nahm ihn das nur so mit! Er fluchte ausgiebig, als er spürte wie ihm eine Träne über die Wange lief. "Dann hau doch ab." fluchte er laut und trat, nachdem er aufgesprungen war, den kleinen Tisch vor der Couch um. "Ich brauch dich doch eh nicht! Du dummer, hinterlistiger, blöder, nerviger, bekloppter, perverser-" er riss ab, als die Tür aufflog und wenig später zu geschmettert wurde. In das Wohnzimmer trat völlig außer Atem ein Schweißnasser Soshi. "Johann!" rief er, als er den Kleineren entdeckte. Mit zwei großen Schritten war er bei dem Jungen und schloss ihn in die Arme. "Gott sei Dank, dir geht es gut. Es tut mir so unendlich leid, das ich erst jetzt komme. Ich sollte für das Institut Besorgungen vollbringen und habe es nicht reichzeitig geschafft."
"D... Du... Ich hasse dich!" rief Johann, wobei ihm dicke Tränen aus den Augen quollen. "Wieso kommst du erst jetzt..." der Blondhaarige erstarrte völlig, als er seinen Herren so aufgelöst sah. "Du musst doch jetzt nicht weinen. Jetzt bin ich doch da." versuchte er ihn zu beruhigen, doch der junge krallte sich nur in seiner Jacke fest. "Endlich sagst du 'du' zu mir, doch warum musstest du davor weg sein?" schniefte er.
Behutsam streichelte Soshi über das im dämmrigen Licht schimmernde Haar. "Du hast mich also vermisst."
"Nein habe ich nicht, die Idiot! " fuhr Johann ihn an und stieß ihn von sich. "Wenn du morgen nicht gekommen wärst, dann hätte ich mich einen neuen SeSe geholt!"

April presste sich an ihn. "Ich.... Ich weiß, du willst hier nicht weg. Aber... Du kannst mich nicht vor ihm beschützen. Das kann niemand. Er ist so stark..." Ängstlich sah sie zu dem Jungen auf. "Nur bitte halt mich nicht für irre. Ihr könnt mich nicht auf ewig betäuben. Ihr müsst mir glauben. Wir beide, du und ich, wir sind hier nicht mehr sicher. Er spielt mit uns. Wir sind sein Mittel zum zweck."