"Fliehen? Ich kann nicht vor dem Institut fliehen. Ich komme nicht einmal in die Nähe des Ausgangs. Ich kenne nur eine Person, die es schafft, sich unbemerkt ein- und auszuschleusen aus diesem komplex. Und diese Person versucht mich zu töten. Jedenfalls hat sie es schon öfter. Hodge muss mich gehen lassen. Er kann mich hier doch nicht festhalten. Ich bin kein Monster, dass von der Außenwelt weggesperrt werden muss..." Sie senkte den Kopf. "Oder etwa doch?" Vielleicht liebte er sie ja auch deshalb nicht. Noch ein Grund mehr für ihn,

Johann rückte von ihr ab, hielt sie aber an den Schultern fest, damit er ihr eindringlich in die Augen schauen konnte. "Du willst doch nicht zu diesem Monster gehen?! Du bist kein Monster, ER schon, also lass es nicht darauf hinauslaufen, dass du dich zu ihm drehst. Du wirst nicht eingesperrt, du kannst hier raus. Ich werde dir helfen"

"Das ist so lieb von dir, Johann." Kurz schniefte April. "Danke, dass du gekommen bist." Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. "Was würde ich nur ohne dich tun?" Gequält sah sie zu ihm auf und versuchte zu lächeln, was ihr allerdings nicht gelang. "Aber wie willst du das denn anstellen?

"Was weiß ich." winkte Johann ab. "Ich werde aber definitiv nicht tatenlos zu Schauen, wie dich das das ganze hier scheinbar richtig fertig macht." stellte er erst einmal klar. Er klopfte ihr, wenn auch etwas unbeholfen und plump auf die Schulter. "Immerhin bist du meine erste Freundin. Also jemand den ich ernsthaft einen Freund nennen kann." verbesserte er sich schnell und zwinkerte ihr noch im gleichen Zeitraum zu.

Soshi wurde draußen immer unruhiger. Er hatte wieder damit angefangen auf und ab zu laufen. Er konnte zwar eindeutig feststellen, dass Johann noch in diesem Zimmer war, doch er hatte keinerlei Einfluss geschweige denn eine Ahnung was dort drinnen gerade passierte. Wobei Arved zeitlich gelassen an der Wand lehnte und wie auch vorher die Augen geschlossen hielt. Sein längere Pony, war ihm diesmal ins Gesicht gefallen und warf dadurch einen tiefen Schatten auf sein Gesicht, doch er konnte eindeutig feststellen, dass die Augen geschlossen waren. "Warum so gelassen? Weißt du etwa was deine Herrin dort drinnen macht? Ich schwör dir, wenn sie-"
" Du solltest das schwören sein lassen. Du weißt genauso gut wie ich, dass unsere Versprechen nichts wert sind." unterbrach der Jungspunn ihn. "Und ja, ich weiß was in dem Zimmer vor sich geht. Ich sollte mich anschließend bei deinem Herren bedanken. Dank ihm hat sich meine Herrin wieder beruhigt. Im Vergleich, wenn ich an ihrer Seite bin."

~
Es waren bereits zwei Wochen vergangen, doch es war keine Besserung für April in Sicht. Sie hatte es zwei Wochen lang nicht geschafft Arved auch nur anzusehen. Sie gab ihm immer nur Befehle, die er möglichst weit entfernt von ihr erfüllen sollte. Nachts weinte sie sich in den schlaf und starrte die leere Betthälfte neben sich an. Sie vermisste ihren Arved. Sie vermisste seinen ruhigen Atem, sein schlagendes Herz, das beruhigend pochte. Noch nie hatte sie sich so einsam gefühlt, wie zu dieser Zeit. Jeder Tag verging schleppend, beinahe brutal. Keiner verging ohne tränen, auch wenn Johann und ihre Mutter alles versucht hatten. Hodge ließ nicht mit sich reden. Sie war eine gefangene des Instituts, wegen ihrer Fähigkeiten fernab von der Gesellschaft weggesperrt. Unter ihren Fingern zerbrach jegliches Glas, weshalb sie seit einiger Zeit von jedem nur noch mit Samthandschuhen angefasst wurde. Nicht noch einen Tag länger wollte sie bleiben, doch trotzdem zwang man sie zur Schule, zum lernen absurder 'Tatsache'. Alle tuschelten über sie, doch niemand sah ihr in die Augen, die leer durch die Gegend glitten. Ohne jegliche Freude oder Glückseligkeit. Seit einigen Tagen war der Schmerz in ihrer Seele so stark gestiegen, dass es beinahe unmöglich für sie war noch einen Tag länger in diesem Elend zu leben, dass ihr eigener beschützer geschaffen hatte.
Die Uhr tickte im Unterricht, während alle fleißig schrieben. Nur sie nicht. Ihr Blick war leer geradeaus gerichtet, doch niemand wagte sie zurecht zu weisen. Sie würde sowieso nicht reagieren. Oder nicht in gewünschter Weise. Seit Tagen erwartete sie die Antwort von ihm. Und endlich war es soweit. Nur noch diese Stunde musste sie überlegen. Kurz sah sie hinüber zu Johann. Ob er ihr wohl böse sein würde? Ob es ihn enttäuschen würde?

Johann hatte die ganze Zeit über nach einer bestmöglichen Lösung gesucht, um April irgendwie hier raus zu helfen. Doch desto mehr er darüber nachgedacht hatte, desto mehr hatte er bemerkt, was für ein riesiges Komplex dieses Institut war. An dem heutigen Tag hatte er sich vorgenommen Soshi noch einmal genauer zu fragen, was das ganze Institut war. Immerhin sollte das ein SeSe wissen. Nun saß er gelangweilt im Unterricht und starrte nach vorne, auch wenn er absolut nichts kapierte. Er hatte seinen Kopf auf seine Hand abgestützt und verzog ab und zu eine gequälte Grimasse, wenn der Lehrer es schaffte ihn noch mehr zu verwirren. Bevor die Stunde endlich endete wandte er sich noch einmal in April's Richtung. "Alles okay? Ich hab dich gar nicht gefragt, ob du wieder so einen 'Anfall' hattest." bemerkte er, wobei das nun dazu auch eine Entschuldigung sein sollte.

Sie schrak aus ihren Gedanken und schüttelte sich leicht, ehe sie seine Worte realisierte. "Ich.. Ja. Nein. Weiß nicht.", murmelte sie wüst. "Anfall?"
>Alles gläserne zerbricht unter meinen Fingern, ich kann nicht in einen Spiegel sehen, ohne ihn zu zerstören, ihn kann ich erst recht nicht ansehen.<, schoss es ihr durch den Kopf. "Ich? Nein. Zur Zeit geht es immerhin halbwegs. Ich versuche es nicht zu provozieren.", antwortete sie hastig und packte ihr Zeug zusammen. "Triffst du dich heute wieder mit deinem Sese?"

Johann nickte, doch ehe er richtig über seine Gestik nachgedacht hatte, schüttelte er den Kopf auch schon. "Eigentlich wollte ich heute einfach nur in der Wohnung abhängen vielleicht ziehe ich mich dann auch in dir Trainingshalle im Obergeschoss zurück." überlegte er, währenddessen auch er seine Tasche packte. "Mein SeSe wird bestimmt dabei sein wollen."

"Aha. Falls du Ar-", sie unterbrach sich selbst sofort, "meinen Sese siehst, dann sag ihm, ich benötige seine Hilfe heute nicht. Ich muss noch lernen." Damit schulterte sie ihre Tasche. Sie hatte es eilig, nicht, dass sie ihn verpasste. "Wir sehen uns später, ja?" Schon verließ sie den Raum. Er würde schon klar kommen. Sie zog einen kleinen Zettel aus ihrer Jackentasche. Es war ein Plan vom Schulgebäude, damit sie den Raum schnell fand. Arved dürfte von all dem nichts mitbekommen. April hastete regelrecht an den fremden Mitschülern vorbei, ehe sie ihr Tempo schließlich vor einem etwas abseits gelegenen Raum in einer der höheren Etagen drosselte. Sie atmete tief durch. Wollte sie das wirklich alles riskieren? Wollte sie all ihren Glauben verraten, andere in Gefahr bringen, Arved hinter sich lassen? Sie musste an die vergangenen Wochen denken, daran wie sie innerlich an dem Verat starb. Es war nicht ihre Schuld. Sie konnte nicht länger diesen Schmerzen, diesem Unter-Drogen-setzen, diesen zerbrechen Stand halten. Bei diesem Gedanken hob sie letztlich die Hand und klopfte entschlossen gegen die Tür.

Johann sah April sprachlos hinterher. Wo wollte sie denn jetzt so schnell hin? Wenigstens lenkte sie sich damit etwas ab. Auch würde er Arved Bescheid geben, doch dass sich dieser damit zufrieden gab bezweifelte er. Er wertete ihr Sese war bei diesem Thema fast noch anfälliger, als Soshi.

Der dahinter liegende Raum war mehr als nur geräumig und groß. Es war ein Raum der mehr einem Schulleiter zuteil werden solltet. Doch der Innehaben dieses Zimmers genoss ein ähnliches Ansehen wie der Schulleiter. Gegenüber der Tür befanden sich drei große Fenster, vor dem mittleren stand ein großer Schreibtisch, an den Wänden waren jeweils hohe Regale für Bücher angebracht wurden und in der Mitte des Raumes, wenn auch mehr zur rechten Seite, stand ein Sofa. Vor diesem stand ebenfalls noch ein kleiner Tisch auf welchem, genauso wie auf dem großen Schreibtisch, eine Menge Papier Stapel oder Ordner standen. In dem Raum befanden sich zu diesem Zeitpunkt insgesamt 5 Personen. Eine Person saß entspannt auf dem Sofa, zwei andere sortierten die Stapel auf dem Schreibtisch um, eine andere haftete etwas anderes ab und die letzte lehnte an dem Bücherregal und las in einem Buch. Alle fünf Personen trugen die selbe Schuluniform wie April, auch wenn bei ihnen noch etwas hinzugefügt wurde. Auf jeder Uniform stand die Klasse und der dazugehörige Grad. Während bei April 5C stand, stand bei den anderen 1A. Nur noch einer hatte etwas weiteres hinzugefügt bekommen und zwar derjenige, der gegen dem Regal lehnte. Er trug eine Art Band um den linken Arm, auf dem das Wappen der Schule gedrückt wurde. Seine weißen Haare versperrten die Sicht auf sein Gesicht, jedenfalls die etwas kürzer geschnittenen. Als die Tür geöffnet wurde, sahen fast alle auf, bis auf den der las. Der Junge der auf dem Sofa saß sah mit einem breiten grinsen dem Mädchen entgegen und stand auch schon auf. "Da scheint sich aber jemand verlaufen zu haben."

Kurz glitt ihr Blick durch den Raum und sie entdeckte auch schon Den Schulsprecher. Doch dieser schien sich gar nicht für sie zu interessieren. Stattdessen sprach sie ein anderer an. "Nein, ich habe mich nicht verlaufen. Ich will zum Schulsprecher." April nickte in Richtung des weißhaarigen und sah dann den Jungen wieder an. Der würde sie garantiert nicht rausekeln können. "Wir haben etwas wichtiges zu klären. Gibt es ein Problem damit?" Sie richtete sich etwas auf, doch war sie trotzdem noch ziemlich klein. Jetzt war es zu spät wegzulaufen.

"Hört hört." brüstete sich der Junge vor ihr. Er hatte rot-braunes Haar und unnatürlich grüne Augen. Seine Pupillen waren nicht rund wie die normalerweise sterblichen, doch wer war hier schon normal? Seine Pupillen waren die einer Eidechse. Seine Iris besaß einen dunkelblauen Rand und wurde zur Mitte immer heller, so wirkte sein Blick, als könne er jeden innerhalb weniger Minuten durchschauen. "Du hast also was zu besprechen. Und was wäre das?" fragte er neugierig nach. Doch noch im selben Moment hörte man von hinten ein leises lachen. "Sie wird es dir nicht sagen." ertönte eine hellen Stimme. Der Junge mit dem Buch sah auf und schlug gleichzeitig das Buch zu. Seine Augen waren Gold leuchtend, als er April ansah. "Und genau aus diesem Grund, werde ich ihr zu hören."
Der junge vor April rümpfte die Nase. "Wenn du meinst, dann soll sie mal los legen."
"Nein." unterbrach der Schulsprecher ihn abermals. "Ich Bitte euch den Raum zu verlassen und uns alleine zu lassen." auch wenn er freut dich klang, duldete alleine sein Tonfall keine Widerrede und genau das merkten die vier anderen Schüler sofort. Sie ließen ihre Arbeit sein und selbst der breit grinsende Junge mit den Eidechsen-Augen zog den schwanz ein und ging an April vorbei durch die Tür nach draußen.
"Also? Was möchtest du mit mir besprechen, April Honderway."

"Gut, dass du dich noch an mich erinnerst, Gideon." Sie Schritt an ihm vorbei und ließ sich auf das Sofa fallen. Eigentlich wollte sie stark wirken, doch ihre Beine fühlten sich an wie wackelpudding. Bemüht ruhig fixierte sie ihren vermeintlichen feind. "Ist es dir wirklich noch wichtig, dich vor mir zu verkleiden?." Sie schlug die Beine übereinander. "Ich bin hier, um dir einen Deal vorzuschlagen."

"Als hätte ich es dir sehr schwer gemacht. Jedes halbwegs kluge Mädchen wäre zu der selben Schlussfolgerung gekommen." der Junge stellte das Buch zurück und kam ebenfalls zu ihr und sank, wenn auch am anderen Ende der Couch, auf den weichen Stoff. "Aber da du mich erfolgreich enttarnt hast, brauche ich ja auch nicht weiter freundlich zu dir zu sein." er hob die rechte Hand fuhr vor sich durch dir Luft, als würde er eine Art Vorhang zur Seite schieben. Nur für April saß er nun in seiner wahren Gestalt auf dem Sofa. Statt der Uniform trug er lediglich eine schwarze Hose und ein weißes Hemd, was zur Hälfte offen stand. Sein weißes Haar war etwas länger und seine Augen schmaler, doch diese leuchteten immer noch genauso stark wie zuvor. Sein grinsen wurde breiter, als er ein Bein überschlug und die Arme auf der Lehne ablegte. "Du weißt doch hoffentlich, dass du dich gerade freiwillig für deinen Tod entschieden hast." sagte Gideon und betrachtete das Küken vor sich. "Oder glaubst du, dass ich dich jetzt verschone, nur weil du im Institut bist?"

"Vielleicht hörst du mich vorher an, ehe du entscheidest, mich zu töten." Sie hob den Kopf ein wenig an und sah ihrer größten Angst ins Gesicht. Es kostete sie einige Überwindung, die Stimme nicht versagen zu lassen, obwohl sich bereits ein dicker Kloß in ihrem Hals andeutete. Sie schluckte schwer, ehe sie ihm begann zu erklären: "Ich will den Secret Service stürzen. Ich will dieses Institut untergehen sehen. Ich will Rache. Vorallem will ich Rache an Hodge nehmen." Ernst sah sie Gideon an und bei dem Gedanken an Rache funkelten ihre Augen gefährlich auf. "Ich dachte, da bin ich hier an der richtigen Adresse. Oder gefällt es dir ein braver Schüler zu sein?"