Liron schlug die selbe Strecke wie das letzte Mal ein und behielt ebenfalls die Geschwindigkeit bei. Ein Wunder, dass er deswegen noch nie angehalten wurde.
Als er April abermals die schwere Eisentür aufhielt, war in der Halle bereits reger Betrieb. Im Moment kämpften nur zwei und andere schauten zu, wo Liron wusste, dass die Gideon überhaupt nicht gefallen würde. April musste in eine andere Halle, wohl etwas kleiner. Er musste zugeben, daß er wirklich neugierig auf ihr Training war. Immerhin war sie die erste in diesem Trupp, die etwas mit Glas machen konnte.

April sah zu den beiden kämpfenden und erinnerte sich unweigerlich an ihren Kampf gegen Gideon. Sie hoffte inständig, dass er sie diesmal verschonte und ihr erst etwas beibrachte, bevor er sie einer Gefahr aussetzte. Wobei, eigentlich steckte sie schon Hals über Kopf in jeder Menge Gefahr. Seufzend wandte sie den Blick ab, während sie zu einer anderen Tür geführt wurde. "werde ich auch kämpfen müssen?", fragte sie ihren Aufpasser ein wenig aufgewühlt.

"Frag Gidi." Liron hatte kurzfristig entschieden Gideob einen Spitznamen zu verpassen, immerhin war es unheimlich zeitraubend ständig seinen vollen Namen zu nennen. "Ich bin bloß hier, um dich abzuliefern." er öffnete die Tür, wohinter der Raum war, in dem sie erwartet wurde. Er steckte seinen Kopf kurz durch die Öffnung, pfiff leise und machte dann einen Schritt zur Seite. "Ich geh dann. Wenn du fertig bist... Wir werden ja sehen." winkte er ab, drehte ihr den Rücken zu und verschwand.

Gideon saß in der Mitte eines Raumes, der einen guter Tanzsaal sein könnte. Er war weder zu groß noch zu klein. Er hatte sich einen Stuhl in die Mitte gezogen und saß nun darauf, Während er seine morgendliche Kaffeetasse trank. Er hatte alle Wände, selbst die Decke, mit Spiegeln behangen. Vor diesen hatte er sogar lose Glasscheibe gelehnt. "Das müsste doch ein Paradies für dich sein." begrüßte er seine neue Schülerin.

Kurz sah sie noch einmal zu Liron, dann trat sie in den Raum und sah sich um. Er war ziemlich groß, doch als sie die Spiegel sah, zuckte sie ein wenig zurück. Ein wenig erschrocken sah sie zu Gideon, dann kam sie auf ihn zu. Ihr Blick war gen Boden geschossen, da sie ihr Spiegelbild noch immer vermeiden wollte. Sie fragte sich, was er vor hatte. Schon jetzt fühlte sie sich damit überfordert. Wie sollte sie sich bei all dem konzentrieren. "Sollte es? Für mich ist es eher beengend, ehrlich gesagt."

"Das ist natürlich noch besser." Gideon stand von dem Stuhl auf und schenkte ihr ein schräges lächeln. "Ich habe mich entschieden, dir bei deinen Kräften zu helfen, doch davor muss ich wissen was du überhaupt kannst." er zeigte mit einer Handbewegung hinter sich. "Das sollte für den Anfang reichen. Tob dich ruhig aus."

Sie zögerte und sah nervös auf Ihre Finger hinab. "Du... Ich... Was genau soll ich denn tun? Ich kann nicht wirklich viel. Für gewöhnlich mache ich nur alles kaputt..." Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. "Seit den letzten Ereignissen ist es wohl besser, ich halte mich fern, bis ich die Kontrolle darüber habe."

Gideon hob den Arm und wackelt vor ihrem Gesicht mit dem Zeigefinger. "Nicht gut. Mit dieser Einstellung und diesen Worten überlebst du hier keine 3 Tage und dafür muss nicht mal ich dich dafür umbringen." er packte den Stuhl an der Lehne und zog ihn quietschend über den Boden hinter sich her, als er zu der Tür ging. "Du sollst mir zeigen, wie stark deine Kräfte sind, wenn du alles raus lässt." wies er sie ein weiteres Mal an. "Du hast dir Kraft. Ich hab sie gesehen. Erinnerst du dich noch daran? Einer meiner ersten Versuche dich umzubringen, du hast vor Angst gezittert." bei der Erinnerung kicherte er leise. "Damals war es Angst, doch daraus ist jetzt Wut geworden. Wo schluckst du die ganze Wut über das Institut hin? Sie ist doch schon die ganze Zeit über da. Lass sie endlich raus, hier hast du endlich dir Möglichkeit. Denk an all die Dinge und die Lügen, die das Institut gesponnen und zerstört hat. Sie haben dich ein gesperrt, dich wie eine Irre behandelt und dazu haben sie dir deine Liebe genommen. Wie hat es sich anfühlt, zu merken, dass es nicht dein richtiger SeSe ist? Du weißt es noch, du erlebst diesen Schmerz doch ständig wieder." kurz vor dem Ausgang hielt er inne. "Heute Nacht hast du ihn wieder gehabt, oder? Er verfolgt dich, obwohl du längst raus bist. Willst du das drin ganzes leben weiter herum tragen? Dann bringen dich die Lügen um, obwohl du längst davon gerannt bist. Wehr dich endlich. Sonst wirst du sein Gesicht und seine Worte immer und immer wieder hören."

April knirschte mit den Zähnen. Woher wusste er all das nur? Zögerlich hob sie den Blick und erblickte sich selbst in dem Spiegel. "Vielleicht hast du recht." Nein, sie wollte sich nicht ansehen. Auch bei ihr bestand alles aus Lügen. Sie drehte sich um zu Gideon. "Keine drei Tage, sagst du?" Aber auch dort hielt sie ihrem Blick nicht lange. Wieder durchfuhren sie die Erinnerungen an den Kampf mit Gideon. Vor Angst gezittert, ja, da hatte er recht. Weil sie sich daran erinnerte, was er ihr davor schon alles antun wollte. Und trotzdem war sie jetzt hier. Vorsichtig ging sie auf die spiegel vor sich zu und hob verunsichert den Blick, als sie bereits die Spiegelung ihrer Füße erkennen konnte. Als nächstes glitt ihr Blick ihren Körper entlang. Sie sah dünner aus als sonst, sogar ihrer Meinung nach zu dünn. Aber das war ja auch kein Wunder. Seit all dem war ihr andauernd schlecht. Sie wollte nicht mehr essen als unbedingt nötig, da sie nicht wirklich Appetit hatte. Doch sie wusste nicht, dass es sich so wiederspiegeln würde. Jetzt glitt ihr Blick noch weiter hinauf und im nächsten Moment zuckte sie leicht zurück. Es war als würde sie einer fremden Person ins Gesicht blicken. So blass, ausgezehrt, müde. Ihre Wangen glänzten fiebrig, ihre Augen schienen rot, doch unter ihnen hatten sich tiefe dunkle Schatten gelegt. War das wirklich sie? Vorsichtig Streckte sie die hand aus, als könne sie das fremde Mädchen berühren. Stattdessen stieß sie gegen den Spiegel und dieser bekam einen großen Sprung. Was hatte man nur aus ihr gemacht? Sie wich zurück. Das war nicht sie! Nichts war, wie es sein sollte. Arved war nicht Arved. Sie war nicht sie. Alles kam durcheinander! "So hätte das alles nicht passieren dürfen.", murmelte sie und legte eine Hand auf den Spiegel. Er wollte also all ihre Kraft sehen? Könnte er haben! Sie schloss die Augen und im nächsten Moment schien der Raum zu beben. Alle Spiegel und Gläser erzitterten, sogar gideons Tasse klirrte. Sie gab einen befreienden kampfschrei von sich und wie auf Kommando zersprang alles und wollte hinab rieseln. Doch sie drückte mit der einen hand fest gegen das Spiegelglas, während sie die andere Hand in den Raum Streckte. Gideon war immerhin auch noch da. Alles erstarrte mit einem Mal. Millionen von Scherben standen still in der Luft, reflektierten das Licht der wenigen Lampen, die noch nicht zersprungen waren. Staunend sah sie hinauf. Sie wusste gar nicht, dass sie es konnte, doch es sah wunderschön aus.

Gideon grinste zufrieden, doch er war noch längst nicht zufrieden. "Das sieht nach Wut aus." bemängelte er. "Lass endlich alles raus." wies er sie, diesmal weit aus schroffer an. Er verließ den Raum und ließ die Tür hinter sich zuschlagen. Er ging in einen neben Raum, welcher wie in einem polizeilichen Verhörraum mit einer einzigen versiegelten Scheibe getrennt wurde. Doch da er nicht wollte, dass auch dieses hkas zerbrach, sorgte er dafür, dass April diese Scheibe gar nicht erst sehen konnte. Ein leichtes für ihn. Gideon sank derweil zurück auf seinen Stuhl und sah ihr vergnügt zu. Mit ihm waren noch ein paar andere Personen im Raum, welche ebenfalls gespannt zu dem rothaarigen Mädchen Sahen. Ihre jetzige Demonstration ihrer Kräfte, war ausschlaggebend, ob sie überleben durfte oder nicht. Jedenfalls vorerst. Morgen sah das schon wieder ganz anders aus...

April sah Gideon verdutzt nach und als die Tür zuschlug, erzitterten die Scherben in der Luft. Ihre Wut endlich auslassen? Sie sollte beweisen, wie stark sie war, doch wie? Weshalb war sie schon wütend? Hodge. Ja, der Mann, der an allem Schuld war. Und auf Arved war sie ebenso wütend. Dieser blöde Veräter! Und diese blöde Verbindung machte das alles nur noch schlimmer. Sie hasste den Service! Sie hätte ein ganz normales Mädchen sein sollen! Während sie darüber nachdachte, fühlte sie sich nur immer mickriger, nicht stärker. Sie sank langsam zu Boden, ihre Fingernägel kratzten am spiegel entlang und gaben so ein erschütterndes Quietschen von sich, das durch Mark und Bein fuhr. Langsam ließ sie den Arm sinken und die Scherben folgten der Bewegung, ehe sie ganz zu Boden gesunken war und das knirschen abbrach. Für einen kurzen Moment war alles ruhig, dann begannen die Scherben zu Boden zu prasseln. Sie rieselten leise wie Schneeflocken und kamen nicht mit einem lauten scheppern, sondern mit einem geradezu zarten klirren am Boden auf. April atmete tief durch und hielt sich den Kopf, widerstand dem Drang sich erneut zu übergeben, während der Raum von dem zarten klirren erfüllt war. Schon jetzt ging ihr Atem schwer. Wieder hatte sie das Bild von Arved vor sich. Sie erinnerte sich an seine Worte, daran wie er ihr sagte, dass er sie nicht liebte, dass er nicht einmal ihr Arved war, obwohl er kurz zuvor noch wissen wollte, ob sie ihn lieben würde. langsam hob sie den Blick wieder und sah den Scherben beim fallen zu. "Das ist alles nur deine Schuld.", knurrte sie und erhob sich schwerfällig, nur um in den Scherbenregen zu treten, dann schrie sie auf und schleuderte alle Scherben gesammelt gegen die Wand, um sie zerspringen zu sehen. Dieses leise klimpern machte alles nur schlimmer. Mit so viel Wut, wie irgendwie möglich, schleuderte sie die Scherben von einer Seite zur anderen und wieder zurück. Es fühlte sich so befreiend an. Immer wieder schrie sie und zerstörte alles. Sie ließ die Scherben auf Gideons Stuhl donnern, solange bis dieser zersplitterte. Immer und immer wieder prasselten die Scherben gegen ein neues Ziel und zersprangen weiter, ehe nichts mehr übrig war als feiner Staub.
Es war bereits fast eine Stunde vergangen, ehe sie den Staub um sich herum sammelte und ihn wie einen Wirbelsturm um sich herum aufbrausen ließ. Auf ihrer Stirn glänzte Schweiß und ihr Atem ging flach. Sie zitterte am ganzen Körper, da es ihr schrecklich schwer fiel, nicht alles zu verlieren. Keuchend sah sie in den scherbensturm, dann wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen und sie brach zusammen. Vielleicht hatte sie es ein wenig übertrieben.

Gideon drehte sich, ohne eine Regung im Gesicht, zu den anderen hinter sich um. Er brauchte nichts sagen, denn die Gesichter der anderen Sprachen Bände. Während einer eine genervte Grimasse verzog, nickte ein andere zustimmend. "Dachte ich es mir doch. Die Meinungen sind ebenso unterschiedlich, wie ihre Fähigkeit." er erhob sich und streckte sich kurz. "Also ich persönlich, bin enttäuscht. Ich hatte mir durchaus mehr erhofft." er drehte sich zu seinen 'Beratern' um. "Das sollte euch im Gedächtnis sein, wenn ihr das nächste mal trainiert oder einen Auftrag ausführt. Ich kann keine Stümper gebrauchen."
Trotzdem konnte man wenig später sehen, wie Gideon den Raum betrat, das Mädchen hoch hob und aus dem Saal trug. Er brachte sie in die improvisierte Krankenstation hier. Welche lediglich aus einem schmutzigen Bett bestand und einen kleinen Nachttisch daneben. Die Leute kamen hier immerhin nicht her um krank zu sein. "Ich gebe dir zwei Stunden." meinte Gideon, ob sie es hörte oder nicht. Wenn sie innerhalb der Frist nicht wieder bei Bewusstsein war, dann war sie für die kommende Zeit nicht geschaffen und er vergeudete hier nur seine Zeit. Auch wenn er sich erhofft hatte, sie nicht unbedingt im Schlaf umzubringen. Wenn die Opfer schreien und sich wehrten, dann war es doch das beste. Bei dem Gedanken musste der weißhaarige Mann leise lachen. //In diesem Punkt gleichen wir uns, was alter Mann? Du hast es doch geliebt, wenn wir geschrien und dich angefleht haben. Du hast diese Macht doch genossen!//

April keuchte leise. "Zwei Stunden sind mir zu lang." Ihr Kreislauf spielte total verrückt, doch sie bekam immerhin wieder mit, was um sie herum geschah. Verzweifelt kämpfte sie gegen die Dunkelheit an, ehe sie es schaffte die Augen auf zu machen. Vor ihren Augen bildeten sich helle Flecken, ansonsten sah sie nur Schatten. "Ich habe es nur ein wenig übertrieben. Ich kann weiter machen." Schon wollte sie sich aufsetzen. Sie wusste wie grausam Gideon sein konnte. Sie musste sich hier behaupten können. "Ich bin fit. Ich kann auch noch weiter machen."

Zwar machte Gideon keine Anstalt sie aufzuhalten, doch auch konnte man ihm ansehen, dass er nicht sonderlich begeistert von ihrem Vorhaben war. "Mädchen, in deiner Verfassung hältst du höchstens noch 10 Minuten beim Training durch und so kann ich nicht arbeiten. Entweder du ruhst dich jetzt für maximal zwei Stunden aus, oder du hast deinen platz hier verwirkt. Du kippst doch bei der ersten Berührung um." er sah sie noch einen Augenblick an, dann ging er. Im gehen wandte er sich noch einmal an sie. "Du musst nicht liegen, von mir aus kannst du auch herum laufen, jedenfalls soweit die Türen offen stehen. Du kannst machen was du willst, doch wenn ich dich irgendwo bewusstlos oder kraftlos antreffe, dann wars das für dich."

April sah ihn an. War das sein ernst? "Warte, Gideon. Hat es dir wenigstens gefallen? Also die Show. Hat es gereicht?" Ein wenig wissend schmunzelte sie. "Du magst mir einiges voraus haben und mich täuschen können, aber Glas kannst du nicht vor mir verstecken. Wie viele haben es noch gesehen? Glaubst du, du kannst etwas aus dem Chaos, das ich sicherlich bin, machen?"

"Es ist nicht anders, als gedacht. Du hast Talent, kannst damit aber nicht umgehen. Mehr gibt es zu deiner Show nicht zu sagen. Für den Anfang, war es interessant." antwortete er, ohne ihr etwas vorspielen zu wollen. Er meinte es so, wie er es sagte, ohne das er irgendwelche Hintergedanken besaß. "Doch da noch ein laaaaaangee weg vor dir. Also ruh dich aus." wieder war es Gideon, dass das Gespräch beendete, indem er den Raum ohne ein weiteres Wort verließ.