Kurz sah sie ihm hinterher, ohne etwas erwidern zu können, dann sackte sie zurück in die Kissen. Irgendwie fehlten ihr die schönen Krankenzimmer im Institut doch ein wenig. Aber sie hatte sich anders entschieden. Hier versuchte man sie eben nicht sofort mit Beruhigungsmitteln Schachmatt zu setzen. Nun, wenn Gideon sagte, sie könne sich ausruhen, dann würde sie das auch tun. Und im nächsten Moment fielen ihr auch die Augen wieder zu.

Gideon ließ den Raum hinter sich. Da der Grund, warum er sich den Morgen frei genommen hatte, im Moment sich erst einmal ausruhen musste, konnte er die Beschäftigung vom Nachmittag vor ziehen. Einer seiner, hm... Spion? Das klang sich altertümlich. Man könnte sagen, jemand der ihm sein Leben opferte und ständig an Hodge's Seite weilte. Er war die einzige Person, die Gideon als Hund bei sich duldete. Doch er hatte eine andere Methode den Hund an der kurzen Leine zu führen, als Hodge. Immerhin wurde Gideon's Hund niemals untreu. Dieser hatte ihm heute morgen erst erzählt, dass es gestern abend wohl verdammt interessant im Institut gewesen sein sollte. Endlich hatte mal einer der Bluthunde nach seinem Züchter geschnappt.
Zufriedend pfeifen drückte Gideon eine weitere Tür auf, wo hinter ein Raum lag, das einem Kontrollraum aufs Haar glich. In der Mitte stand ein riesiger Tisch mit einer großen Karte gespannt, auf der mit rotem Filzstift bestimmte Orte markiert worden waren. Natürlich war das Institut das auffälligste von allen. Doch gleichzeitig lagen neben der Karte von dieser Stadt, auch drei Karten von anderen Städten, in denen ebenfalls Institute stand. Auch diese waren auffällig markiert. Wenn Gideon einmal dabei war, konnte er ruhig auch noch ein, zwei mehr Institute zerstören.

Liron hatte die Zeit, in der Gideon sich um das Mädchen kümmern wollte, effektiv genutzt. Endlich durfte auch er mal wieder mit einem Gegenseitig trainieren. Das letzte mal lag fast eine ganze Woche zurück. Er wäre noch an Langeweile gestorben. Vor zwei Tagen hatte er also Gideon angefleht, ihm endlich einen würdigen Gegner rauszusuchen oder wenigstens selbst gegen ihn anzutreten, doch der hatte letzteres nur wieder abgelehnt. Er war noch nicht so weit...
Bei der Erinnerung knirschte er frustriert mit den Zähnen. Er brauchte Nichte mehr viele besiegen, dann war er neben Gideon der stärkste. Dann würde er ihn endlich herausfordern. Manche würden auf diesen Grund basierend, vielleicht behaupten, Liron hasste das ganze hier. Im Gegenteil, er wollte beweisen wie sehr er sich für all das einsetzte. Das hier war sein Leben und er würde jeden besiegen, der das Gegenteil behauptet.
Nun stand er einem neuen Gegner gegenüber. Er trug immer noch die schwarze ärmellose Weste, nur seine Stiefel hatte er ausgezogen und stattdessen seine Hose bis unter die Knie hoch gekrempelt. Spaßeshalber hob er die Fäuste vor sein Gesicht, als würde es eine Boxkampf werden und schob einen seiner Füße über den Boden etwas zurück. "Ladys First." grinste er den älteren Mann vor sich an. Was konnte der Kerl Ohm gegenüber noch mal gleich? Ach ja, Gravitationsfelder erschaffen und verschwinden lassen. Wenn auch nur in einem bestimmten Radius. Der Mann ließ sich die Einladung nicht zweimal sagen und stürzte frontal auf Liron zu. Dieser nickte, als nehme er den Angriff zur Kenntnis, dann machte er einen Schritt nach vorne, noch im selben Moment wo der Mann über ihn drüber springen wollte. Er drückte sich mit dem einen Fuß ab und katapultierte sein anderes freies Bein nach oben in die Luft, doch kurz bevor er dem Mann in den Bauch treten konnte, entzündete sich eine lodernde Flamme um seinen Fuß, welche sich wie ein Ball gegen den Mann flog. Kurze Zeit später, standen beide wieder, gegenüber und mit dem Wissen, dass der Gegner verdammt viel drauf hat. "Runde zwei."
Und diesmal war es Liron der mit einer unnatürlichen Geschwindigkeit auf den Man zu schoss.
Liron stieß die Tür zu dem Raum auf, wo das verarzt-zeug drinnen war. Er hatte den Kampf zwar gewonnen, doch dafür durfte er dennoch verdammt viel einstecken. Seine Weste war am Rücken fast komplett zerrissen, sodass man die Rußverschmierte (durch trainierte) Haut sehen konnte, und seinen Unterarm war vielleicht etwas zu stark über den unebenen Boden lang geschabt. Kriegsverletzung.
Doch als er die Tür gegen die Wand schlagen ließ, hob er verwundert eine Braue. Warum pennte das Mädchen hier? Während er sich neben ihrem Bett hin hockte und aus dem kleinen Schrank das nötige Verbandszeug und Pinzette raus suchte, schüttelte er leicht den Kopf. "Mädel, du sollst trainieren und nicht pennen. Mach so weiter und du wirst morgen tot sein." brummte er. Eigentlich wollte er sich ja auf das Bett setzten. Ohne lange zu überlegen, schob er ihre Beine zur Seite und setzte sich auf die Kante.

Ein Beben erfasste Aprils wüste Träume und weckte sie aus ihrem unruhigen Schlaf. Erschrocken zuckte sie hoch, wobei alles vor ihren Augen sofort mit drehen begann. "Hab ich verschlafen? Ich schlafe nicht!", rief sie hastig, ehe sie bemerkte, dass sie eine Hand breit vor Lirons Kopf gehalten hatte. "Liron?" Sie rieb sich die Augen. "Oh Gott, ich dachte, du wärst Gideon." Kurz atmete sie tief durch. "Er droht mir immer mich umzubringen. Bitte, lass es weniger als zwei Stunden sein." Hastig fuhr sie sich durchs Haar und musterte ihn kurz. "Was ist denn mit mir passiert?"

Liron hatte das Spektakel mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtet. "Ahja, ich hab meinen Rang verbessert, etwas von dem du nur träumen kannst." sagte er ganz offen heraus. Er begann mit der Pinzette kleine Steine, staub und Schmutz aus seiner Wunde am Arm zu holen. "Mein Kampf hat keine Stunde gedauert, also sind seit dem Zeitpunkt, als du bei gideon gewesen bist bis jetzt bestimmt noch keine 2 Stunden vergangen. Warum schläfst du hier überhaupt?! " forderte er zu wissen.

"Ich bin zusammen gebrochen, nachdem ich ... Nachdem ich all meine Wut ausgelassen habe. Ich wollte weiter machen, aber Gideon sagte, ich hätte zwei Stunden Ruhe. Wie kommt man nur auf die blöde Idee so viel Kraft und wut in eine so labile Person wie mich zu setzen?" Frustriert sah sie zu dem Mann. "Das sieht gefährlich aus." Schon stützte sie sich auf ihre Knie und beugte sich etwas über die Wunde. "Lass mich das machen. Wenigstens das am Rücken. Sonst bist du bald nur noch eine laufende Pestbeule."

"Das wäre nicht das erstmal. Es ist echt nicht nötig..." versuchte er sich zu verteidigen, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie sich damit nicht zufrieden geben würde. "Von mir aus." er zeigte auf den kleinen Schrank. "Dort ist noch eine. Immerhin muss ich derweile auch die hier machen." bei den Worten hielt er seinen Arm kurz hoch. Als er sich dann wieder seiner Behandlung zu wandte musste er grinsen. "Du solltest mal den anderen sehen." kam es höhnisch von ihm.

"Besser nicht.", murmelte sie und holte sich aus dem Schrank eine Pinzette. Im Gegensatz zu Liron packte sie doch erst das beigelegte Desinfektionsmittel und säuberte die Pinzette, ehe sie sich seinem Rücken widmete. "Das sieht schrecklich aus. Wie kann man so überhaupt ohne zu schreien rumlaufen? Selbst ich hab schmerzen, wenn ich das sehe. Sie riss ein Stück von der Verbandsrolle ab und versuchte erst einmal den Dreck ein wenig zu entfernen, ehe sie sich mit der Pinzette weiter darum kümmerte. "Du machst das viel zu schludrig. Dadurch könntest du es theoretisch noch schlimmer machen, weißt du das eigentlich?", plapperte sie weiter, während sie sich um ihren Patienten kümmerte.

Liron wusste nicht ob er dankbar oder genervt über die Hilfe sein sollte. "Schon gut." er legte seine Pinzette beiseite und ergab sich fügsam. "Ich überlass das wohl lieber dem Profi." er ließ seinen Hals kurz knacken und hielt brav still. "Man gewöhnt sich irgendwann daran, immerhin hab ich auch mal so angefangen wie du. Nur das schlafen hab ich irgendwie nie gemacht..." überlegte er laut. "Aber dafür war deine Fähigkeit ziemlich effektiv." musste er dann doch zugeben. "Selbst die eine gläserne Scheibe in der neben Halle hat gezittert. Auch ein Grund warum ich letzten Endes gewonnen habe." Liron grinste verschmitzt, was ihn um Jahre jünger erscheinen ließ. Gut, er war nicht wirklich viel Älter, aber das ganze hier härtete doch ganz schön ab.

"Hat sie?", fragte sie verwundert. "Es war komisch. Es war plötzlich ganz leicht, wenn man die Wut einfach rausgelassen hat. Es war als könnte ich es beinahe kontrollieren. Ich habe vielmehr geschafft als sonst, doch wenn jemand mit mir in dem Raum gewesen wäre... Ich schätze, dass ich ihn schrecklich verletzt hätte, weil es viel zu wild und zerstörerisch war. Ich will niemanden ungewollt Verletzen und irgendwo habe ich auch Angst vor diesen Kräften. In dies n Momenten fürchte ich mich vor mir selbst, so sehr, dass ich mich nicht einmal traue in einen Spiegel zu sehen. Dieses Institut hag mich mich verkommen lassen, ohne dass ich es bemerkt habe." Es war schön alles jemanden erzählen zu können, doch er wollte es vermutlich gar nicht hören. "Diese Kräfte bedeuten schrecklich viel Macht und noch mehr Beherrschung. Das ist ziemlich auslaugend, wenn man noch genügend andere Dinge im Kopf hat. Aber wem erzähle ich das schon? Du kennst das bestimmt."

"Stimmt. Das kommt mir tatsächlich bekannt vor. Ich habe meinen besten Freund in Kindheitstagen umgebracht, als der Kerl mich geärgert hatte." bemerkte er lässig, als wäre nichts weiter dabei. Für ihn war es auch schon längst nichts mehr großes. Er hatte viele Menschen bis jetzt getötet, ob nun aus Versehen oder Gewollt. "Das mit der Wut bringt Gideon bei jedem. Er sperrt ihn in einem Raum ein, in deinem deine größte Angst ist und lässt dich allein. Davor sagt er dir Dinge, die eigentlich keiner wissen sollte. Ich frage mich immer Joch, woher er das alles immer weiß." Liron starrte zu der verschlossenen Tür. "Es gab bis jetzt keinen einzigen, der dem Wutanfall entkommen ist."

"Und was kam danach?", forschte sie interessiert weiter und Tat so als hätte sie die Sache mit dem Mord überhört. Sie wusste, dass niemand hier wirklich koscher war und ganz besonders Gideon nicht. Es ging nur darum seine eigenen ideale nicht zu verraten. Ein weiterer Grund, weshalb sie hier war. "Ich möchte wirklich ungern meine neu gewonnene Freiheit gegen den Tod eintauschen. Ich will etwas erreichen. Ich gebe erst Ruhe, wenn ich mein Ziel erreicht habe und Hodge weg vom Fenster ist. Erst dann werde ich mich neuen Dingen widmen. Das kann ich mir doch nicht selbst kaputt machen."

Liron zuckte sachte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Je nachdem was Gideon gesehen hat, entscheidet er sich die Person selbst zu trainieren oder nicht. Wir hatten mal einen da, der sich geweigert hat. Doch was aus dem passiert ist, muss ich dir hoffentlich nicht erklären. Also kannst du schon mal froh sein, dass du alles mal raus gelassen hast." da er sich ja nicht großartig bewegen konnte, starrte er also gelangweilt Löcher in die Luft. "Bei Hodge musst du dich mit hinten anstellen. Irgendwie will jeder hier den alten Sack mit drin eigenen Händen töten."

"Ahja." Nachdenklich tupfte sie mit dem Verband, den sie als Tuch benutzte über seinen Rücken. "Nimm die Arme bitte kurz hoch. Du musst dein Oberteil jetzt ausziehen, sonst nimmt die Wunde das Teil noch auf. Und glaub mir eins, das willst du nicht.", erklärte sie ihm. Das sie jemals einem Mann sagen musste, er solle sich doch bitte zu seinem eigenen wohl ausziehen, hätte sie auch nie gedacht. "Glaubst du, Gideon wird mich trainieren wollen?"

Ohne weitere darüber nach zu denken, packte Liron den dreckigen Stoff seiner nun grauen Weste und zog ihn sich über den Kopf. "Gute Frage. Mir ist er auf den Weg hier her nicht entgegengekommen, also ist er entweder weg oder selbst beschäftigt. Wenn er dir aber ne Frist von 2 Stunden gegeben hat, dann wird er am Ende auch auftauchen. Was Gideon definitiv ist, ist zuverlässig." bei dem Wort musste der junge Mann grinsen. Dann drehte er den Kopf leicht über die Schulter. "Was genau hab ich mir dort eigentlich zugezogen? " fragte er neugierig.

Kurz sah sie zu ihm auf. "Oh, ich schätze so ziemlich alles.", entgegnete sie grinsend und rollte den Verband etwas ab. "Bloß gut, dass ich da war. Wer weiß, was sich dort alles hätte infizieren können. Dein halber Rücken ist offen. Du solltest eigentlich heulen wie ein kleines Mädchen." Streng drückte sie an beiden Seiten seine Arme hoch, damit sie den Verband fest um seinen Oberkörper Wickeln konnte. Es war befremdlich jemandem so nahe zu sein, besonders wenn dieser halb nackt und ziemlich durchtrainiert war. "Deine Weste ist auch kaum noch zu gebrauchen." Sie befestigte den Verband und betrachtete ihr Werk kurz. "Du musst den regelmäßig wechseln, sonst verklebt alles. Wenn du möchtest, dann kannst du damit zu mir kommen.immerhin sind wir ja jetzt sowas wie Mitbewohner." Kurz zwinkerte sie ihm zu, dann widmete sie sich seinen Armen. "Meine Güte, du bist wirklich hart im nehmen."