"Gut, dann Aschenputtel." Liron gesellte sich neben sie und betätigte einen Knopf, der den Aufzug sich nach oben bewegen ließ. "Keine Ahnung, du kannst dich gerne austoben, du wirst schon irgendwas leckeres hinkriegen. Zur Not bestell ich mir einfach ne Pizza." mit einem quietschen schob er das Gitter, was als Tür galt auf und überwand noch dir kurze Entfernung zwischen Aufzug und seinem Motorrad, welche die Halle darstellte. "Ich bin bei sowas flexibel." fügte er nach der langen Pause nun doch hinzu.

Schon wurde sie hellhörig. "Hast du gerade Pizza gesagt? Also wenn ich nicht kochen muss, dann findest du das bestimmt auch besser." Lachend blieb sie vor dem Motorrad stehen und sah zu ihm.

Kaum standen sie vor dem Bike, schwang Liron sein linkes Bein um die Maschine und reichte ihr den Helm. "Sagen wir es so, ich hätte noch einen Plan B, falls du dich geweigert hättest," mit einem spitzbübischen zwinkern, setzte er sich seinerseits den Helm auf und startete das Motorrad.

Ihr breites grinsen verschwand unter der Scheibe des Helms, dann schwang sie sich hinter ihm auf das Rad.
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In lirons Wohnung angekommen, machte sie ihnen Abendbrot. Es war wie am Vortag. Er aß, sie sah ihm größtenteils dabei zu, da sie selbst kaum etwas davon herunter bekam. Danach verabschiedete sie sich von ihm mit einem 'gute Nacht' und zog sich in ihr Zimmer zurück. Schlafen Tat sie nicht. Wieder hingen ihre Gedanken Arved nach, während sie sich ihren Schmerzen hingab. Sie sehnte sich nach ihm, fragte sich, was er tat. Sie wusste, dass man nach ihr suchte. Aber wo? Was würde passieren, wenn man sie fand? Bestimmt hasste er sie.

Liron hatte sich dazu entschieden, erst nach dem Abendessen zu duschen, sodass er sich alle Zeit der Welt lassen konnte. Nun trat er aus dem dampfenden Bad raus, mit einem einfachen T-shirt und Shorts bekleidet, dazu ein weißes Handtuch über seine Haare gelegt. Statt sich zum schlafen zu legen, setzte er sich auf die Lehne der Couch, schaltete den Fernseher an, wenn auch die Lautstärke aus und begann eines seiner Videospiele zu spielen. An schlafen war bei ihm wie immer nicht zu denken. Langsam glaubte er sogar, dass sein Körper überhaupt keinen mehr bräuchte.

April Kniff die Augen zusammen. Sie brauchte Informationen. Sie hatte Gideon Informationen versprochen. Was sollte sie denn nun tun? Das einzige, was sie konnte, war es zu versuchen. "Arved...", flüsterte sie. Immer und immer wieder flüsterte sie seinen Namen wie eine Beschwörung, dachte an sein Gesicht. Ob er sie wohl vermisste?

Arved lag auf dem Bett, welches er sich vor einiger Zeit eine Nacht lang mit April geteilt hatte. Auch dieses Zimmer war von seinem Zorn vor einem Tag nicht verschont geblieben, doch wenn man die Splitter und Scherben beiseite geräumt hatte, konnte man immer noch halbwegs drauf schlafen. Er lag auf der Seite, die Beine leicht an den Körper gezogen und die Arme vor sich auf die Matratze gelegt. Er kam sich hilflos vor, schwach, nutzlos. Dieses Gefühl hatte er nur ein einziges weiteres Mal gespürt, es war in dieser Nacht, in der Hodge ihn gefunden hatte. Ja, das war das einzige mal, oder? Es kam ihm vor, als kannte er diesen unendlich großen Schmerz dort in seiner Brust. Als hätte er bereits von ihm gekostet, ohne zu wissen welche Ausmaße er nehmen könnte.
Arved ballte seine Hände zur Faust und obwohl er die Augen geschlossen hatte, war ihm der Schmerz am ganzen Körper abzulesen. Doch wie ein seichter Windhauch konnte er seinen Namen hören. Schlagartig öffnete er seinen Augen und schoss alarmierend senkrecht in die Höhe, sodass er aufrecht saß. Doch in der Dunkelheit konnte er keinerlei Gestalt ausfindig machen, nur der Schmerz durch die schnelle Bewegung war an seiner Seite. Kraftlos sackte der junge Mann zurück auf das Bett und nahm die selbe Haltung wie zuvor ein. "April... Komm zurück....Ich brauche dich." seine Stimme war raus und Kratzig, als benutzte er sie seit langem einmal wieder. Doch daneben war seine Worte die eines einsamen Jungens, welcher verzweifelt Halt in dieser Dunkelheit suchte. "April..." seine rechte Faust legte sich auf die Stelle seiner Brust, worunter sein Herz unnatürlich langsam schlug. Arved war 18 Jahre wieder zurück geworfen worden und war nun wieder der kleine einsame, ängstliche Junge. Zitternd, zu feige die Augen zu offen, aus Angst der Dunkelheit Auge in Auge gegenüber zu stehen, betreuend. Könnte er die Zeit nur zurückdrehen, oder wieder von vorne beginnen können, er würde sovieles anders machen, besser machen. //Es tut so weh//

April hielt inne, als eine Stimme ihrem Gebet antwortete. Es klang als würde er wieder neben ihr liegen, sie versuchen festzuhalten. Es war erst einen Tag her, seitdem sie weg war, doch die Distanz zwischen Ihnen bestand viel zu lang. Die Stimme in ihrem Kopf bat sie zurück zukommen. //es tut so weh.//, hallte es. Er hatte Schmerzen, so wie sie. Tief atmete sie durch. Sie wollte ihn trösten, wollte ihm sagen, dass sie ihn liebte, dass es nur zu seinem besten sei. Doch das war es nicht. Es war seine Schuld. Er hatte sie schon viel zu lange leiden gesehen. Er hatte ihr diese Schmerzen doch erst zugefügt, gesteuert von Hodge. "Der Schmerz wird nicht mehr aufhören, Arved.", flüsterte sie brüchig und eine Träne rann ihr Gesicht entlang, während ihre Stimme weinerlicher wurde. "Es ist deine Schuld. Ich kann dich nicht mehr retten."

Arved hörte ihr Antwort, laut und deutlich, als stände sie direkt am Fußende des Bettes. Doch bei den Worten hätte er sich gewünscht, dass er sie nicht hören musste. Warum? Warum wollte sie ihn so leiden sehen? War denn wirklich alles seine Schuld?! Die Verzweifelung und der Schmerz ließen keinen einzigem klären Gedanken zu und so würde er nie wirklich Den Grund finden. "Bitte, April!" rief der kleine Junge, während sich seine Hände auf seine Ohren pressten. "Ich halte das nicht mehr aus!" mit seiner Stimme begann das Zimmer abermals zu pulsieren. Die Stützen die hinter den Wänden die Etage hielten, begannen mit ächzen und zu verschieben. "April!" lautete der letzte laute ruf, bevor seine Stimme schlagartig abriss. Sie hatte ihn abgelehnt, sie hatte sich nun vollständig von ihm abgewandt. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Schmerzen ihren explosionsartigen Höhepunkt erreicht. Mit weit aufgerissenen Augen musste der kleine Junge mit ansehen wie sein Augenlicht erlosch und er in die endlose Finsternis der Bewusstlosigkeit fiel. Doch wie auch all die Zeit davor, galt sein letzter Gedanke nur ihr. Daran hatte sich nur etwas geändert, in all der Zeit der Lügen.

"Oh, Arved.", säuselte sie traurig. "Es gibt kein zurück mehr. Nie mehr. Ich schätze, ich liebe dich einfach zu sehr." Die Worte waren ihr heraus gerutscht, doch sie entsprachen der Wahrheit, was ihr wiedereinmal schmerzhaft bewusst wurde. Sie spürte, dass sie schwächer wurde, sie hörte ihn schreien. "Es ist vorbei.", erklärte sie schwach, dann riss es sie in die Schwärze, mit all dem schmerz, den es nur erfordern könnte.

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Die Woche war beinahe um, als April aufeinmal wüst durch die Halle rannte. Sie war blass und hatte tiefe dunkle Augenringe. "Gideon!", schrie sie durch die Flure. Wo steckte dieser Typ nur, wenn man ihn brauchte. Ihre Zeit war beinahe abgelaufen, es war nicht der Moment, um Versteck zu spielen.

Gideon hatte sich einer Pause hingegeben und lehnte außerhalb des Raumes, in dem seine Pläne lagen, an der eisernen Wand. Er konnte das Mädchen schon von weitem hören und so war es nicht verwunderlich, dass er in dem Moment, indem auch sie ihn sehen könnte, seine goldenen Augen direkt auf Ihr ruhten. "Was schreist du so herum? Alle gehen ihrer Arbeit nach und du schreist hier herum."

Sie sah verwirrt auf und entdeckte Gideon nicht all zu weit entfernt. "Gideon! Ich hab es geschafft!", rief sie aufgeregt. Und hielt ein Glas hoch. "Nur eines ist gebrochen! Ich hab es geschafft! Ich kann es jetzt!" Vielleicht war sie so nicht länger eine Enttäuschung.

Den kleinen Zeitpunkt der Überraschung musste Gideon dem Mädchen zugestehen, doch nie offensichtlich! Stattdessen nickte er ihr zu und drückte sich von dem kalten Metall ab. "Nun gut. Wenn du es geschafft hast, wirst du es wohl ein zweites Mal schaffen." er nahm ihr das Glas aus der Hand, drehte es einmal und ging dann an ihr vorbei. "Komm mit, ich will es mit eigenen Augen noch einmal sehen."

Fröhlich lief sie neben ihm her. "Ich weiß, es hat etwas gedauert, aber jetzt funktioniert es wirklich. Und die Woche ist noch nicht um." Selbstzufrieden klatschte April in die Hände und sah zu dem Mann. "Jetzt kann es wirklich losgehen. Ich glaube, dass ich es langsam verstanden habe."

Wenn Gideon April so von der Seite betrachtete, dann wirkt sie mehr wie ein kleines Mädchen, welches über ihre Tat in jeglicher Hinsicht stolz War, statt wie fast eine junge Frau, die vorhatte ein Institut zu zerstören. Der Mann betrat mit April die Halle, in der sie die ganze Zeit geübt hatte. " Na dann, zeigt mal her."