Überglücklich lief sie an ihm vorbei und taschte das kaputte Glas, welches noch immer mit den beiden anderen auf den Tisch stand, gegen ein anderes aus, das heil war. Dann stelle sie sich davor auf und Streckte ihre Hand aus, schon hörte man etwas klirren und das Glas in der Mitte zersprang. "Bevor du etwas sagst.. Ich habe gleich noch etwas mehr geübt. Sieh dir das an." Schnell tauschte sie ein nur angebrochenes Glas gegen ein nur angebrochenes und drehte dem Tisch den Rücken zu und sah Gideon fest in die Augen, während sie die Hand zur Faust ballte. Das Glas begann zu zittern und erhielt Risse, ehe es wie sein Vorgänger zersprang. "So dauert es zwar länger, aber ich kann es immerhin spüren. Ist das nicht toll?" Stolz strahlte sie Gideon an. "Ich habe es geschafft, bevor die Zeit um war."

Gideon nickte, damit April wusste, dass er ihr zugehört hatte. "Ja, das hast du wohl." war er etwa enttäuscht, dass sie es doch geschafft hatte? "Du hast etwas innerhalb einer Woche das geschafft, was dir das Institut schon längst beigebracht haben müsste." mit einem letzten Blick auf die Gläser, bestätigte er selbst seine Gedanken und er sprach sie auch gleich drauf aus. "Jetzt ist es doch wohl nur fair, dass du deinen Teil des Paktes einhälst. Seit einer Woche bekommst du hier alles was du willst und dennoch haben wir nie einen Gegenzug dafür verlangt, ich finde nun ist die beste Zeit dafür gekommen."

April schluckte. "Du willst die Informationen, nicht?" Vor diesem Moment hatte sie sich gefürchtet. "Darf ich dann endlich meine Mum sehen. Ich will sehen, wie es ihr geht."

"Tut mit leid kleine, aber jetzt sind wir erstmal dran. Je nachdem wie du dich schlägst, entscheiden wir alles weitere." endlich war es soweit. Endlich konnte Gideon seine Belohnung erhalten. April hatte gar keine Ahnung in was sie da wirklich rein gerutscht war. Immerhin war sie DIE Schwachstelle des Instituts. "Komm jetzt, es steht bereits alles vorbereitet da."

Sie atmete tief durch und nickte dann. "Das versteh ich natürlich." Trotzdem runzelte sie skeptisch die Stirn. "Was müsste denn vorbereitet werden? Was steht bereit?"

"Ganz einfach, deine Verbindung zu deinem Hund ist zwar stark, doch für mein Vorhaben noch zu schwach. Also brauchen wir einen passenden Raum, etwas was diese Verbindung verstärkt und gleichzeitig ein Gerät, was alles aufzeichnet." zählte Gideon die Fakten runter, Während er April durch die Labyrinthartigen Gänge führte. "Und genau das ist vorbereitet."

Sie sah ihn besorgt an. "Es wird doch nicht wehtun, oder?" Gideon traute sie immerhin alles zu. Schon war die Freude über ihren Erfolg verschwunden und sie sah ernst, aber auch etwas ängstlich aus.

"Wer weiß." das waren Gideon's letzte Worte ehe er eine metallene Tür auf stieß. Der dahinter liegende Raum war wesentlich kleiner, als die restlichen Hallen hier. Von der Größe ähnelte er am meisten dem Arztzimmer. In der Mitte war ein Stuhl aufgestellt worden, den man meistens in Zahnärztlichen Einrichtungen vorfand. An der Wand gegenüber der Tür stand eine große Holzbank, auf der eine Person saß, dessen Gesicht und auch die größten Teile des Körpers im Schatten lag. Da nur eine einzige gewöhnungsbedürftige Lampe über den Arztstuhl hing. Nur die Tatsache, dass die Person gänzlich in Tücher verhangen war, konnte man wirklich festgestellen. "Setzt dich auf den Stuhl." wies Gideon in die Stille.

Mit einem flauen Gefühl im Magen tappte April auf den Stuhl zu. Dieser Raum beängstigte sie in vielerlei Weise. Beinahe zitternd ließ sie sich auf dem Stuhl nieder und starrte ängstlich in das Licht. "Was wirst du nun tun?"

"Ich werde nichts tun, du wirst es für mich übernehmen." Gideon stellte sich rechts neben April und sah auf sie herab, als sei sie nur ein Experiment von vielen. "Zwar wird es für dich nichts neues sein, doch diesmal darfst du nach deinem Bluthund rufen." startete er auch gleich die Anweisungen. "Du musst es laut rufen, so laut und so stark du kannst. Das wird dir ja nicht allzu schwer fallen. Er muss die Gedanken Verbindung, die zwischen euch herrscht, freiwillig eingehen, sonst ist sie zu schwach." erläuterte er weiter, wobei sich die Person hinter ihm langsam begann zu regen, als durchströme erst jetzt wirkliche Lebensenergie ihren Körper. "Und jeder weiß, dass jeder perfekt ausgebildeter Hund sofort auf den Ruf seines Herrchens hört."

April nickte nur und schluckte, doch der kloß in ihrem hals wollte nicht verschwinden. Sie schloss die Augen, sie hatte Angst vor dem was nun kam, aber sie hatte sich nun einmal für diesen weg entschieden. Und sie sollte ihn jetzt rufen? Nun, sie folgte Gideons Anweisungen brav. Laut rief sie Arveds Namen und kkonzentrierte sich darauf ihn in ihrem inneren mehr klang zu geben.

Noch im selben Augenblick, in dem April die Augen schloss, bewegten sich beide Männer in dem Raum gleichzeitig. Während Gideon ein paar Schritte zurück machte, bis er mit seinem Rücken die kühle Wand striff, erhob sich der Mann, welcher bis vorkurzem noch auf der Bank saß. Seine Bewegung ähnelte sehr einer Katze. Die gut überlegten Schritte, die Körperhaltung und die Lautlosigkeit, alle Aspekte erfüllte die Person und das nur in den 5 Schritten, die sie brauchte, um rechts neben April stehen zu bleiben. Ohne eine Andeutung von Schamgefühl oder Schüchternheit zu zeigen, positionierte sie ihre linke Hand auf Aprils Stirn und die rechte auf ihr Schlüsselbein. Gideon betrachtete das Treiben ohne einen Laut oder eine Regung. Er hatte einen Arm angewinkelt und stützte seinen anderen darauf, sodass er seinen Zeigefinger und Daumen seiner rechten Hand unter sein Kinn legen konnte. Auch dieser Mann zählte zu den Personen, die mit als erstes an seiner Seite waren. Er stammte aus einem südlicheren Land als diesem und Gideon hatte es bis jetzt nur ein einziges Mal gesehen, dass er die Tücher um seinen Kopf abgenommen hatte. Sie waren so tief ins Gesicht gezogen, sodass man selbst die Konturen des Mundes nur erahnen konnte. Doch das darunter, wollte man auch nur sehr ungern sehen. Seines Gleichen waren in seinem Heimatland sehr verbreitete, doch auch sehr gefürchtet und so war es nicht verwunderlich das viele bis auf gerade mal eine Hand voll Männer ausgerottet wurde. Sie besitzen die Gabe Gedanken und Hirnströme so empfindlich wahrnehmen zu können, dass sie Gedanken und Gefühle einer anderen Person innerhalb weniger Sekunden analysiert und gespeichert haben. Zu dem besitzen sie eine Art fotografisches Gedächtnis, was jedoch nur auf das hören bezieht, welche Gedanken sie auch einmal verfolgt haben, sie vergessen sie nie, wie eine Art Computer Festplatte. Es war nicht so, dass sie keine Augen besaßen, doch normale Menschen würden seine „Augen“ als einfache Augenhöhlen bezeichnen und keinen weiteren Sinn dahinter interpretieren, doch wenn deine Augen und damit dein Gehirn nicht von dieser Welt geblendet wurde, dann kannst du dich auf viel feinere und empfindlichere Dinge konzentrieren. Die anderen Mitglieder mieden diesen Mann, immerhin sagte er nie etwas oder zeigte irgendeine Art von Regung. Irgendwann fing also einer an ihn „Niemand“ zu nennen und daraus wurde „Nie“ bzw. geschrieben „Ní“.
Angespannt fixierte Gideon April und befahl ihr in Gedanken sich möglichste stark anzustrengen. Wenn Ní einmal einen Gedankengang gefunden hatte, würde er ihn immer wieder aufrufen und verfolgen können, was bedeutete, sie hätten kontinuierlich Zugang zu dem Bluthund von April. „Los, April! Ich will das du diesen Köter wieder zurück an die Leine rufst!“ sprach er nun doch harsch aus.

Arved klopfte mit dem Kugelschreiber zwischen seinen Fingern hin und her auf dem Klemmbrett auf dem mögliche Beweise und Namen und sonst irgendwelche Notizen geheftet wurden ungeduldig herum. Sie standen vor dem Haus Aprils Mutter, wobei ein Team von gerade mal 5 SeSe’s das Haus untersuchten. Davor stand Arved mit Sohsi und noch 3 andere und warteten auf Hinweise. Arved hatte dieses Haus bereits zuvor mehrere Male besucht und auch der Secret Service war bereits hier gewesen, doch scheinbar wollten sie einmal alles schriftlich festhalten. Hodge hatte Arved und auch Soshi für diese Strafarbeit verdonnert, da mindestens einer sonst durchgedreht wäre. Es war gerade mal einen Tag her, das sich die zwei Hunde zerfetzt hatten. Arved war seit dem Verschwinden von seiner Herrin dauerhaften Aggressionen ausgeliefert und ging auf jede Provokation ein, Soshi dagegen hatte ihm Fahrlässigkeit vor geworfen und verlangt, dass er verschwinden solle, da er befürchtete, dass Arved auch auf Schützlinge einen schlechten Einfluss hatte. Wobei Sohsi’s Hauptsorge natürlich Johann betraf. Nun standen beide nebeneinander und waren beide nicht gerade weniger geladen, als am Vortag. Beide wollten zu ihren Herrin, nur das Sohsi genau wusste wo sein Herr war und was er machte, zu dem wusste er, dass dieser Herr ihn liebte. Da hatte er Arved etwas Gewaltiges voraus. Angespannt trat Arved von einem Fuß auf den anderen und war in Gedanken bereits weiter, als alle anderen Anwesenden hier, doch zu einem Fazit aus diesen würde er nie kommen, denn etwas unerwartetes durchkreuzte sein Vorhaben. Man könnte es mit dem klirrenden zerbrechen einer filigranen Figur oder sogar mit der kaum hörbaren Melodie des Windes vergleichen, wenn man versuchen wollte diesen Ton zu beschreiben. Ein Laut, der so hoch war, das nur niedere Tier oder gebrochene Tiere es vernehmen könnten und selbst unter jenen gab es Ausnahmen. Um genau zu sein, gab es unter allen der hier Anwesenden lediglich einen einzigen der ihn hören konnte. Und so schoss auch der Kopf des Hundes alarmierend hoch, als er seinen Namen hören konnte. Der Ruf war laut, doch nicht wirklich intensiv. Jeder abgerichtete Hund vom Secret Service würde bei dieser Konstellation stutzig werden. Die Intensivität eines Rufes des Herren, hing von dem Vertrauen und der Stärke der Verbindung der beiden ab, sodass bei blindem Vertrauen es kaum nötig war überhaupt den Namen zu rufen, um das der andere es spürte. Doch ein Hund, der ausgesetzt oder allein gelassen wurde, würde jeder noch so kleinen oder irreführenden Spur folgen, wenn es nur der Geruch seines Herren entsprach. Arved starrte als ungläubig und mit weitaufgerissenen Augen zu dem grauen, bewölkten Himmel über ihn. „April…“ hauchte er fassungslos und taumelte zwei Schritte nach vorne, weg von den anderen. Es war eine ganze Weile her, dass sie Verbindung zu ihm aufgenommen hatte. Das letzte Mal hatte sie ihm vor Augen geführt, dass sie ihn fallen gelassen hatte und er nicht länger ihr Beschützer war, doch warum jetzt? Jetzt, wo er gerade den Schmerz hinunter schlucken konnte. Doch das Warum spielte für ihn keine Rolle mehr. Wie ein Süchtiger lechzte er nach ihrer Stimme, nach dem Gefühl sie neben sich zu spüren. Durfte er sich nach ihrer Nähe überhaupt sehnen? Es war wie der Wunsch eines Menschen mit eigenen Flügeln fliegen zu können. Es war unmöglich diesen Wunsch zu erfüllen…
//April.// ohne lange zu zögern, antwortete er und streckte in Gedanken verzweifelt die Hand nach ihr aus.

Als eine fremde Hand sie berührte, riss sie erschrocken die Augen auf und starrte den Fremden an. Sein Anblick ließ sie zusammen zucken und ihr Herz schneller rasen. Ängstlich schielte sie in Gideons Richtung. Nein, sie würde den Kontakt zu Arved verlieren. Einen Moment herrschte Stille, ihr Atem ging schneller, sie hatte Angst vor dem, was folgen sollte. Plötzlich vernahm sie seine Stimme. Er hatte sie gehört. Er klang verzweifelt und eben das zerriss ihr innerlich das Herz. "Arved", hauchte sie beinahe erleichtert. Und nun. Panisch überlegte sie, wie sie das Gespräch aufrecht erhalten konnte. Ob er ihre Angst wohl spüren konnte? "Arved, w-wo bist du?"

Soshi hob skeptisch eine braue und sah Arved nach, der sich unerwartet ruckartig bewegt hatte und nun abseits von Allem stand. Wie er so zum Himmel sah, wirkte er schon ziemlich hilflos. Ob so alle verlassene Sese's aussahen? Wenn Soshi genauer hinsah, konnte er sogar erkennen, dass die zur Faust geballte Hand dezent zitterte. Verdammt, was machte dieser Kerl nur wieder?, schoss es dem blondhaarigen durch den Kopf.

Arved schloss die Augen, als April antwortete. Der lang ersehnte Moment war da, schlagartig ohne jegliche Vorzeichen. So oft hatte er die Dunkelheit angefleht wieder mit ihm zu reden oder wenigstens nur die Wärme zu spüren, doch nie wurde sein betteln beantwortet. Bis jetzt. Ja, er konnte ihr Unbehagen und Angst spüren, doch nun war er blind dafür geworden. Die Tatsache, dass sie ihn gerufen hatte, vernebelt alles. //Ich suche nach dir, wie all die Zeit zuvor...// antwortete er. Auch wenn er sich nur mit ihrer Stimme zufrieden geben wollte, brannten ihm so viele unbeantwortete Fragen auf der Zunge. //Wo bist du? Geht es dir gut? Hat man dir etwas angetan? Du bist dich etwa nicht verletzt?// die Sorge und Verzweiflung übermannten ihn und er konnte nicht mehr an sich halten. //Wo bist du nur hin gegangen...? Warum...-// seine Stimme brach ab und Umstehende konnten sehen, wie der groß gewachsene Mann im Anzug mitten unter Leuten auf die Knie ging den Kopf weiterhin dem grauen Himmel zu gewandt. //Warum...//

Gideon fixierte Ní, welcher bis jetzt keinerlei Regung gezeigt hatte, ob es nun funktionierte oder nicht. Doch noch im gleichen Zeitraum, hob der Mann neben April den Kopf und nickte Gideon zu. Er hatte ihn geortet und den Gedankengang erfolgreich verfolgt und beendet. "Er hat ihn." rief er, hörbar zufrieden. "Brech es ab, April, sonst wird auch er uns finden. Endlich habe ich einen absoluten Trumpf gegenüber Hodge, dass wollen wir doch nicht zu Nichte machen." Ní ließ von April ab und treten zwei Schritte zurück. "Denk an das was du versprochen hast."
Was Gideon nicht wusste, dass seine Worte fast zeitgleich mit den letzten von Arved ausgesprochen wurden.
//Komm zurück... Ich brauche dich so sehr, ohne dich schaff ich es nicht...// flehte dieser im Moment.

April presste fest die Lippen aufeinander, da Arveds worte sie den Tränen nahe gebracht hatte. Tief atmete sie durch. //das habe ich dem Toten Jungen damals auch gesagt. Er ist nie wieder zurück gekommen.// Damit Gideon nicht doch Zweifel bekam, öffnete sie ihre Augen und riss somit ruckartig die Verbindung ab. Ausdruckslos sah sie zu Gideon. "Ich will meine Mum sehen.", forderte sie erneut.