"Hör auf soetwas zu sagen." Sie zog ihr eigenes foto aus der Hosentasche und hielt es ihrem ehemaligen Beschützer hin. "ich habe es immer dabei. Immer. Es erinnert mich daran, dass du mir schon einmal gesagt hast, dass du das nicht bist, dass du meine Gefühle niemals so zurückgeben kannst, dass ich aufhören soll dich mit einem Fremden zu vergleichen. Du hast mich geküsst, immer und immer wieder, du hast mir gesagt, dass du mich liebst, aber du hast es nicht getan. Du hast mich nie geliebt. Du hast mir immer in die Augen gesehen und gelogen. Ich habe mir vorgestellt, wie du mit mir wegläufst, damit wir glücklich werden können. Stattdessen hast du zugesehen, wie man mich mit zu starken Medikamenten zugepumpt hat, weil man mir nicht glaubte, dass Gideon wirklich gut genug wäre, um sich im Institut einzuschleusen. Ist es nicht ein wenig zu spät, um mir noch mehr Lügen aufzutischen? Was weißt du schon von Liebe?", während sie sprach, begann ihre Stimme mit zittern, vermutlich hätte sie angefangen mit weinen, doch etwas hielt sie zurück. Es war nur ein Traum. Vielleicht nur ein fiebertraum. Vielleicht war gar nichts echt und sie wünschte es sich nur...

Arved nickte und zog seine Hand zurück. Damit richteten sich seine unnatürlich blauen Augen abermals auf das Foto. "Ich weiß, seit deinem verschwinden durchleben ich dieses Momente immer und immer wieder. Als würden mir all meine Fehler aufgezählt werden." als er diesmal zu ihr aussah, hatte sich sein Ausdruck komplett verändert. Seine Augen waren dunkler geworden sein Ausdruck war mehr als nur schmerzverzerrt. Wenn man genau hinsah, konnte man vielleicht sogar Spuren von Tränen erkennen. "Ich habe nie etwas gutes getan, stimmst?" obwohl sein Anblick schrecklich sein musste, versuchte er dennoch gequält lächeln. "Ich habe dir noch nie gut getan."

"Arved, bitte sieh mich nicht so an.", flehte sie ihn verzweifelt an, als sie den Schmerz in seinem Blick sah. "Du... Du hast gutes getan. Immerhin... Du hast mich nicht fallen lassen. Aber es ist ein wenig spät, nicht? Wir hatten so viel Zeit und dir fällt es jetzt ein, dass du mich brauchen könntest? Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Dir in dir Arme fallen, als sei nie etwas geschehen? Glaubst du, das würde etwas ändern? Wir haben unser Schicksal doch längst besiegelt."

"Nein, die Zeit kann man nicht mehr zurück drehen, doch unsere Schicksale sind noch lange nicht besiegelt." er steckte das Bild wieder weg und schien sich halbwegs wieder einbekommen zu Haben. "Was du tun kannst... Bleib auf deinem Weg. Wenn du den Schmerz so ertragen kannst, dann tu was du musst, doch bitte lass mich dich finden. Lass mich dich wiederfinden und Einmal etwas gutes für dich tun, an deiner Seite."

"Wie oft noch, Arved? Wir können uns nicht wiedersehen. Ich bin bereits dabei jeglichen wert für Gideon zu verlieren. Die Chance, die wir hätten , wäre Hodges Tod. Aber so wie Hodge veranlagt ist, würde er uns beide irgendwie mit in den Tod reißen. Ich jage jetzt Hunde und du kannst nicht einfach aufhören einer zu sein." Kurz seufzte sie und betrachtete das Bild noch einmal kurz. Sie sahen so glücklich aus darauf, was nicht allein dem Alkohol damals zu verschulden war. "Ach, es ist doch sinnlos sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es funktioniert nicht und wird auch nicht funktionieren - Und aus. Jetzt raus aus meinem Kopf mit dir." Wenn er nicht bald aufhörte, dann würde sie nicht an sich halten können. Allein bei seinem Anblick könnte sie sich weinend in seine Arme flüchten, aber sie war nicht länger ein kleines Mädchen. Sie durfte kein kleines Mädchen mehr sein. Sie sollte gar nicht für solche Gefühle empfänglich sein. Und zu ihm zurückzukehren kam nicht in Frage, selbst wenn sie in diesem Traum keiner beobachten konnte.

Arved bewegte sich keinen Millimeter. Weder rückte er näher an sie ran noch von ihr weg, er blieb genau an Ort und Stelle. Doch dann plötzlich, als hätte Jemand in ihm einen Schalter umgelegt, stand er auf egal dicht vor ihr und legte seine kräftigen Arme um ihren viel zu zierlichen Körper. "Du schaffst das ganz bestimmt." munterte er sie noch mal, ein letztes mal auf. Es stand fest, dass er sie nicht überzeugen konnte, ihn freiwillig anzunehmen. "Du bist so stark, April." seine Arme zogen sie noch einmal etwas enger an seinen Körper. "Dich gesehen zu haben, hat mir wieder kraft gegeben. Warte auf mich, ich werde irgendwann zu dir aufholen." versprach er, dicht an ihrem Ohr.

Aprils Augen weiteten sich als er sie in seine Arme zog. Wärme stieg in ihr auf, als sei dies Real, als würde er sie wirklich umarmen, aber es war nur ein Traum. Es war doch nur ein dummer Traum. Die Tränen stiegen in ihr auf und nun kullerten sie doch ihre Wangen hinab. Im echten Leben, würde er sie nicht so festhalten. Nie wieder. Sie hörte ihn sein Versprechen in ihr Ohr flüstern, während sie sich an ihn klammerte. So fest es nur ging, hielt sie ihn an sich und weinte. Er sagte sie solle warten, doch sie wussten beide, dass sie nur noch schneller vor ihm weglaufen würde.

Ihr Körper hörte mit einem Mal auf zu zucken. Mit einem Mal lag das Mädchen still. Kein röcheln, kein wimmern, keine einzige Regung, die ihren Körper durchfuhr. Ganz still lag sie da, nicht mehr darauf bedacht, dass sie dringend Luft bräuchte oder etwas gegen die Schmerzen. Jeder Krampf war verschwunden, nur ihre Hände hatten sich in die Matratze gekrallt, während Tränen stumm über ihre wangen kullerten.

Arved musste zugeben, dass er für einen Moment befürchtete hatte, dass sie ihn womöglich von sich gestoßen hätte. Doch stattdessen seufzte er leise, als Zeichen der Erleichterung und presste sein Gesicht noch stärker an sie. Seine linke Hand fuhr dabei sacht an ihrem Rücken auf und ab, wobei seine Rechte sie bei sich hielt, als ginge es um sein Leben. Ihm würde bestimmt noch einiges einfallen, was er in solch einer Situation hätte sagen können, jedoch brauchte es in diesem Augenblick keine Worte. Sie beide spürten den Schmerz des jeweils anderen genau, ebenso was im groben in dessen Inneren vor sich ging. Es würde das letzte Mal sein, oder? Für sie wahrscheinlich und das war auch gut so, doch er.... Er würde sie suchen und finden, ganz sicher. Wieder versuchte er sie noch etwas fester an dich zu ziehen, auch wenn es längst nicht mehr möglich war. Er wollte es sagen, doch das würde sie nur wieder verschrecken, dabei Verstand er es endlich... »ich liebe dich«
Während es Arved in seinem Fiebertraum mehr als nur gut ging, machte es von außen einen ganz anderen Anschein. Seine Krämpfe hörten mit dem berühren von April ruckartig auf und damit auch sein wildes Gemurmel. Er lag nur noch da, die Hände zu Fäusten geballt und das aschfahle Gesicht der Zimmerdecke zugewandt. Würde sich sein Brustkorb nicht ab und zu, wenn auch nicht gerade sehr ausgiebig, hob und wieder senkte, hätte man ihn als tot erklären können. Das Gerät, was neben ihm stand und seinen Herzschlag und seine Atmung kontrollieren sollte, begann noch im selben Moment damit Alarm zu schlagen. Sein Puls erreichte eine kritische Grenze und seine Atmung wurde zu flach. Die gerade zuständigen zwei Ärzte begannen sofort mit den nötigen Verfahren, jedoch schien sich Arved's Körper gegen jegliche Hilfe des Überlebens zu weigern.

Liron erstarrte bei April's Anblick. Ohne jegliche Vorwarnung, war sie auf einmal ruhig geworden. Nicht das er nicht froh darüber war, dass sie nicht mehr von Schmerzen und Krämpfen gequält wurde, doch wirklich beruhigt fühlte er sich nicht gerade. "April?" Fragte er vorsichtshalber. Was machte er denn jetz? Weder antwortete sie, noch zeigte sie irgendwelche genauen Symptome auf. Verzweifelt sank er auf die Bettkante und behielt sie dabei ständig im Auge. "komm schon, wach auf." Flehte er schon fast.

Eine kurze Zeit hielt sie es in seinem Armen aus, doch sie wusste nicht, wie lange dieser Träum noch gehen würde, ehe sie ein weiteres Mal brutal auseinander gerissen werden würden. Vorsichtig hob sie den Blick und umfasste mit beiden Händen sein Gesicht, damit er sie ansah. "Es tut weniger weh, wenn du mich festhältst.", murmelte sie schniefend. "Aber das ist nur ein Traum, oder nicht? Eigentlich tut es immer weh. Es muss weh tun, sonst bist du nicht sicher." Zärtlich streichelte die rothaarige über seine Wange. "Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst mich hassen?" Wie auch schon in ihrem Zimmer , kam sie auch jetzt seinem Gesicht näher, den Blick auf seine Lippen. "Mach... Mach doch keine Dummheiten, Arved." Kurz bevor sich ihre Lippen berührten, blickte April wieder zu seinen Augen auf. Sie veränderten ständig ihre Farbe, doch nun sahen sie aus wie früher. Ihr Blick wurde fragend, als müsste sie ihn um Erlaubnis bitten. Sogar etwas Hoffnung lag in ihren Augen, als würde sie glauben, er wollte es gar nicht. Doch nur kurz darauf presste sie stürmisch ihre Lippen auf seine. Sie sehnte sich so sehr nach ihm und jedes bitten und flehen von ihm machte sie ein wenig schwächer. Seine Lippen versetzten ihrem Herzen einen letzten Stich, dann war der Schmerz komplett verschwunden. Mit einem Mal fühlte sie sich schwach und stark zu gleich, doch zumindest war der Schmerz endlich vorüber.
Langsam ließen ihre Hände von der Matratze ab, April's Gesichtszüge entspannten sich. Ihrem Körper entwich ein letzter Atemzug, dann kehrte Stillstand ein. Ihr Oberkörper hob und senkte sich nicht mehr, keine einzige Bewegung rührte ihren Körper. Sie sehnte sich nicht länger nach Luft.

"Ich könnte dich niemals hassen." Versicherte Arved er ihr noch schnell, bevor sie seine Worte mit ihren Lippen abwürgte. Endlich erlöst von seinem Sehnen, Schlangen sich seine Arme um ihren Körper. Sie küsste ihn, sie küsste ihn tatsächlich. Wie ungläubig er auch war, den kuss erwiderte er, mindestens genauso stürmisch, gleich zu Beginn. Sein gesamter körper schien zu kribbeln, obwohl es immer noch ein Traum war.
Mit diesem Kuss, schlug die Maschine gänzlich aus und blieb dann auf einem Ton stehen. Aus dem heiteren Himmel hatten ihn die Krämpfe verlassen und nun hörte man keinen Lufthauch mehr oder das rhythmische pulsieren seines Herzens. Alle umstehenden brachen in schlagartiger Panik aus, im Kampf darum, das Herz des Jungen Mannes wieder zum schlagen zu bringen. Doch in ihrer Hektik bemerkte keiner, was für einen friedlicher und vielleicht auch ein bisschen verliebter Ausdruck sein starren Gesicht überzog.

Ähnliche Panik brach auch einige Kilometer in einem einfachen Hotel aus. Liron packte April bei den Schultern und rüttelte sie derb. "Hey!! Wach auf! Wehe du stirbst mir hier weg!" Rief er dem regungslosen Körper zu. "Scheiße nochmal, mach deine verdammten Augen auf." Beschimpfte er das wehrlose Mädchen vor ihm. "Augen auf!" Für mehr reichten seine Kenntnisse nicht. Weder konnte er Erste-Hilfe noch irgendwelche anderen lebenserhaltende Maßnahmen. Bei Gideon hieß es, jeder für sich, da Schwächlinge innerhalb weniger Tage bis Stunden entsorgt wurden. Nach diesem Motto hatte auch Liron gelebt, doch genau jetzt muss ihm das auf die Füße fallen.

April ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten und schloss die Augen, während sie sehnsüchtig nach mehr verlangte. Sie konnte spüren, wie man versuchte nach ihr zu greifen und sie aus diesem Traum zu zerren, doch es veranlasste nur, dass sie sich noch stärker an Arved klammerte und die Arme fest um seinen Hals schlang, damit dieser Traum niemals endete. Er nahm ihr die Angst, doch sobald er sie loslassen würde, hätte sie umso mehr davon. Nun glaubte sie Freudentränen auf ihrem Gesicht spüren zu können. Sie hatte ihn so sehr vermisst. Schon bevor sie das Institut verlassen hatte. Sie vermisste ihn seit Monaten so dringlich und in diesem Moment wurde es ihr schmerzlich bewusst.

Wie gerne Arved sie auch an sich ziehen oder drücken wollte, weiter ging es nicht mehr, da mussten ihre Körper schon verschmelzen. Immer und immer wieder führen seine Hände an ihrer Hüfte und Taille entlang. Er konnte es immer noch nicht so richtig glauben, doch gleichzeitig hatte er das Gefühl, es schon ewig gewusst zu haben, oder eher gehofft. Er wollte ihr ins Gesicht sagen, dass er sie liebte, doch dafür musste er den Kuss beenden, wofür ihn der Mut fehlte, aus Angst sie würde danach verschwinden. Er konnte ihre warmen Tränen auf seiner eigenen Wange spüren, als wären es seine eignen. Sie weinte wieder, doch auch diesem verbot er sich selbst sie zu trösten.

Immer weiter zerrte man an April und nach und nach fehlte ihr der Atem, um den Kuss zu halten. Wie konnte ihr der Atem fehlen? Es war doch nur ein Traum? Weinend sah sie den Jungen an. "Ich habe Angst. Wir müssen aufwachen, Arved. Sie wollen, dass der Traum vorbei geht.", flüsterte sie ihm zu und drückte ihre Lippen ein weiteres Mal drängend auf seine. Sie wollte nicht, dass es endete. Wer hätte gedacht, dass es so schwer wurde, ihn zu vergessen. "Such mich nicht. Bleib im Institut. Da bist du vorerst sicher. Ich komm dich bestimmt bald holen.", versprach sie ihm atemlos. "Bald ist bestimmt alles vorüber."

"Ich werde warten..." Abermals vergrub Arved sein Gesicht in ihrer Schulter. "Ich werde immer auf dich warten." Dennoch würde er sie suchen. Der Hund würde jede erdenkliche Spur aufnehmen und dennoch immer wieder an den Ort zurückkehren an dem er sein Herrchen das letzte Mal gesehen hat. "Wir werden uns wieder sehen, ganz bestimmt, denn..." Nun lächelte er selig, die Arme um ihren Oberkörper gespannt. "Ich liebe dich." Er wollte für sie stark bleiben, doch auch er wurde von der Angst gepackt, sie wieder los zulassen, im Ungewissen wann und wie er sie wieder sehen würde.

"Eine schreckliche Entscheidung.", entgegnete sie. Es war ihr unmöglich, das selbe zu entgegnen. Das würde alles für sie nur noch schmerzlicher gestalten. Die Hände packte sie und versuchten sie Arveds Händen zu entreißen. "Bald...", säuselte sie ein letztes Mal. Mit einem zarten Kuss auf sein Ohr, schloss April die Augen und ließ sich aus seinen Armen zerren, während sie bis zum Ende versuchte seine Hand zu halten, damit es weniger weh tat.
Ein zucken durchfuhr ihren gesamten Körper, dann riss sie die Augen auf und schnappte wie ein Fisch an Land nach Luft. "Arved." Verzweifelt sog sie die Luft tief in ihre Lunge und röchelte. War sie ertrunken, erstickt, war es wirklich nur Fieber? Ihre Umwelt war verschwommen, ihre Augen müde und schwach. Was geschah mit ihr? Der Schmerz begann sich einen Weg zurück in ihren Körper zu suchen. War er wirklich jemals weg gewesen?

Liron riss die Augen auf, als endlich wieder Leben in April's Körper kam. Schnell ließ er sie los, blieb aber noch an ihrem Bett stehen um sich noch einmal von ihrer vollkommenen Ankunft zu versichern. Allein ihr letztes Wort reichte aus, um Gideon's Meinung über sie sekundenschnell zu ändern. Doch weder würde Liron dieses noch die davor geflüsterten zusammenhangslosen Wörter je weiter erzählen. Er legte seine Hand auf ihre Stirn, um ihre Temperatur zu messen. Das Fieber schien gesunken zusein, wenn nicht ganz verschwunden. "Hör auf mir so einen Schrecken ein zu jagen!" Begann er auch gleich mit seiner Standpauke.

Arved schien noch ein bisschen in diesem Traum zu verweilen. Er wollte hier nicht weg. Hier hatte er April wieder gesehen, hier hatte er sie geküsst, hier hatte sie ihn berührt.doch desto länger er blieb, desto kritischer wurde sein wahrer Zustand. Ein letztes verträumtes Lächeln zierte seine Lippen, als die Ärzte ihn auch schon gewalttätig zurück ins Leben zerrten.
Der junge Mann schlug seine Augen ruckartig auf und damit auch den Mund, um den verloren gegangenen Sauerstoff wieder aufzunehmen. Die Maschine nahm wieder ihren normalen Rhythmus an und die Ärzte hielten kurz inne. "Er lebt." Könnte Arved durch einen Schleier eines hohen fiepen hören, doch die Bedeutung dieser Worte erreichten ihn schon wieder nicht. Stattdessen sackte sein Kopf zurück indes Kissen und seine Hände krallten sich in dem Bettlaken fest. Mit zusammengepressten Zähnen empfing er den Schmerz, wobei sich sein Körper unter diesem aufbäumte. "Sie kommt mich holen... Ganz bestimmt..." Zu mehr reichte es nicht, ehe sein gesamter Körper ihn noch einmal eine Ruhephasen gönnte.


Kraftlos blinzelte April, ehe sie wieder verstand, wo sie war. Vor ihr erkannte sie Liron. Sie zog die Luft scharf ein, als die rasenden Schmerzen wieder über ihr zusammenschlugen. "Was ist passiert?", murmelte sie, noch immer nach Luft schnappend. Die Jalousien waren noch immer herabgelassen, es herrschte nur reges Dämmerlicht. Sie musste den ganzen Tag geschlafen haben. Wieder zuckte ihr Körper unter Qualen. "Liron, kannst... Kannst du meine Hand halten? Es tut so weh..." Vor ihren Augen lag noch immer noch Arveds Lächeln, doch allein die Erinnerung daran, ließ die Schmerzen schlimmer erscheinen. Könnten Sie sich jemals wiedersehen? Es war doch unrealistisch das zu glauben.

Liron musste zweimal kurz blinzeln, ehe er ihre Frage wirklich realisierte. Er ertappte sich dabei, wie er die Frage gerne wiederholen wollte, doch diese Schwäche gestand er sich niemals ein. "Wenn das hilft." Meinte er bloß Schulter zuckend. Er Streckte die Hand aus und hielt sie ihr entgegen. "Was ist passiert? Warum bist du auf einmal... Kurz Tod gewesen?"

"Ich war tot?" Ihre Finger schlangen sich krampfhaft um seine Hand und drückten fest zu. "Die Schmerzen waren plötzlich weg... Es ging mir gut. Ich war nicht tot." Ein kurzes stöhnen entfuhr ihr und sie drückte seine Hand noch etwas stärker. "Wie lange habe ich geschlafen?" Aufmerksam war jedoch noch nicht wirklich. In Gedanken tastete sie nach dem Band, sie tastete nach Arved. Tot? Was, wenn Arved in Schwierigkeiten war?
Nein, sie müsste damit aufhören. Es würde zu auffällig werden.

"Gute zwei Tage, der dritte beginnt in wenigen Stunden." Antwortete Liron, versucht nicht eine Grimasse zu verziehen, als sich ihre Finger in seine Haut bohrten. Skeptisch musterte er April von Kopf bis Fuß. Also war sie, in dem Moment wo ihr Herz auf einmal still gestanden hatte, von allem Schmerz befreit. Verstehe einer mal die Weiber.

"Drei Tage? Was sagt Gideon dazu?" Wieder kam die Angst in ihr auf, nicht mehr lange genug durchzuhalten. Was hatte Liron ihm wohl erzählt? Kurz zögerte sie und stieß die Luft aus. "Es tut mir leid, Liron. Ich habe dich allein gelassen..."

"Jetzt mach dir mal um mich keine Sorgen!" Unterbrach er sie harsch. "Mir wurde die Aufgabe erteilt, auf dich aufzupassen und genau das tue ich hier, also stell das ja nicht in Frage." Warnte er sie, da sie damit seinen Stolz ankratzte. "Gideon wartete darauf, dass du innerhalb von zwei Tagen wieder einsatzfähig bist, alles drumherum ist mir überlassen." Seufzend warf er das strenge Gesicht für einen Augenblick ab und lächelte sie, wenn auch nur dezent, aufmunternd an. "Werd du erstmal wieder gesund und fit, der Rest ist nebensächlich."

"Du bist so lieb. Ich schulde dir so viel, Liron. Danke, dass du mich nicht verrätst." Sie sah ihn an und zwang sich zu einem knappen Lächeln. "Wir müssen bald zurück. Es ist die Entfernung. Arved ist verletzt und er ist im Institut. Es wirkt sich auf mich aus. Ich fühle mich so schwach, wie soll ich Gideon beweisen, dass ich stark genug bin?"

Wieder kehrte Liron's skeptischer Blick zurück. "Willst du mir damit sagen, dass wen du soweit von diesem Köter entfernt bist, dass es dir immer so scheiße geht?" Nachdenklich legte er die Stirn in Falten und ignorierte ersteinmal ihren Dank. "In der Zeit in der wir hier sind, besorgen uns die anderen eine neue Bleibe, wenn es funktioniert, dann können wir vielleicht schon morgen dort einziehen."

"Das wäre schön..." Unter Schmerzen versuchte sie sich hochzudrücken, um aufrecht sitzen zu können. "Du musst es dir vorstellen wie mit einem Gummiband. Es ist dehnbar, doch wenn du jemandem das eine ende in die Hand drückst und dich dann von ihm entfernst, spannt es sich, bis es sich nicht mehr dehnen kannst. Nun soll dein gegenüber sich mit all seiner Kraft dagegen wehren und versuchen, es in seine Richtung zu ziehen. Langsam bekommt das Band Risse, bis es irgendwann reißt und beiden schmerzvoll entgegenschlägt. So ist es auch zwischen Arved und mir." Ihr Körper zitterte unter der Anstrengung und sie hielt Liron's Hand noch fester. "Dieses Band ist bei Arved und mir unheimlich stark. Frage mich nicht wieso, ich weiß es nicht. Genau das nutzt Gideon für sich, deswegen bin ich wichtig. Wenn das Band reißt, stirbt Arved. Ein Hund ohne Aufgabe wäre er dann. Er wäre von allem befreit. Unser Gegenangriff war jedenfalls wirkungsvoll.", wechselte sie das Thema. "Er hat Schmerzen."

"Das ist das mindeste, von mir aus kann er auch gleich Tod sein." er ließ sich die Tatsache mit dem Band auf der Zunge zergehen. Wenn dieses Band wirklich so intensiv war, dann müsste Gideon ebenfalls von den enormen Risiken gewusst haben. Es war nur eine Frage der Zeit bis die Köter dahinter kamen und es andersherum gleichtun konnten. Man hätte ihr Hauptquartier entdeckt, ohne das man den Grund dafür gewusst hätte. Bis auf Gideon. Dieser Idiot!, fluchte Liron in Gedanken. Damit setzte er alle in gefahren, nur für sein eigenes Ziel. "Hast du Hunger oder sowas? Immerhin hast du ziemlich lange durch geschlafen."

Ihre Arme begannen mit zittern. Sich aufrecht zu halten, schien unmöglich. Es war als würde etwas schweres auf ihrer Brust liegen. Etwas, das sie versuchte sie hinabzudrücken und ihr die Luft abzuschnüre. Keuchend fiel sie zurück in das Kissen. Diesen albernen Versuch hätte Liron nicht sehen sollen. Er hatte ihr doch geraten keine Schwäche zu zeigen. Langsam ließ sie seine Hand los. War sie etwa ein Baby? Trotz der Schmerzen schluckte sie die Tränen runter und schloss erneut die Augen. "Ich müsste etwas essen, doch ich glaube nicht, dass ich es drin behalten kann. Und wahrscheinlich könnte ich es nicht einmal bis zur Toilette schaffen. Also lieber nicht. Ich bin schon genügend Arbeit."