"Ohne Verzögerung?", der Mann schüttelte den Kopf. "Nein, so müsste ja unbedingt mit ihrem blöden Hund reden."
"Es war nicht verhinderbar."
"Halt die Klappe!", nun hob der große die Hand, um zu Schlag auszuholen. "Es war verhinderbar. Die müsstest nur ein verdammtes mal still sein. Den eigenen Hund unter Kontrolle zu haben ist keine Stärke, die wir suchen."

Auch wenn es Gideon nicht missbilligt hätte, hielt er die Hand des Mannes fest. "Gut zu wissen, dass du nun die Erziehung von den Neulingen eigenständig durchführst." sein Blick sprach Bände, als er die Hand wieder los ließ, darauf vertraut, dass auch der andere sie sinken ließ. "Überlass das bitte mir. Also war sie für die Verspätung verantwortlich." fasste Gideon noch einmal das Streitgespräch zusammen. "Gut, ab hier übernehme ich. Aber halte dich bereit, der nächste Auftrag wird auch in nächster Zeit starten, wir lassen die Köter nicht mehr zur Ruhe kommen." beendete der Mann den einen Teil des Gespräches, da er jetzt mit April alleine reden wollte.

Der dunkelhaarige verließ den Raum und ließ April zurück. Nun wäre die Ohrfeige wohl ihr kleinstes Problem gewesen. Um nicht komplett schwach zu wirken, straffte das Mädchen die Schultern und hob leicht das Kinn an. "Verzögerung hin oder her. Er hätte nicht einmal die Türen aufbekommen. Ich habe hart gearbeitet und nicht gewillt, den Jägern in den Rücken zu fallen. Dass ihr skeptisch seid, ist durchaus nachzuvollziehen, doch ungerecht begründet."

Und dennoch klatschte Gideon's Hand auf Aprils rechte Gesichtshälfte. "Wir haben einen Plan und an den wird sich gehalten, Verzögerungen sind nicht geduldet. Es sei denn sie erfordern zeitnahes Einschreiten, doch wie ich das verstanden habe, war es nicht unbedingt von Nöten. Zu dem..." der Mann kehrte ihr den Rücken, den Blick ein weiteres Mal auf die Blätter in seiner Hand gerichtet. "Wenn die Hunde im Weg sind, dann werden sie beseitigt, desto weniger sie sind, desto besser ist es für uns. Der Typ braucht seine Zeit, ehe er wieder Welpen züchten kann. Außerdem wäre es doch unerwartetes Glück, wenn ausgerechnet der Köter, der uns ständig in den Weg kommt, endlich verschwinden würde..." man konnte an seiner Stimme deutlich hören, dass noch während er sprach er den Entschluss dazu gefasst hatte und dieses Verschwinden bereits plante. "Was du getan hast, können wir jetzt auch nicht rückgängig machen. Du kannst gehen, doch denk dran, dass auch du zum nächsten Auftrag wieder fit sein musst."

Hilflos wimmernd hielt sich April die brennende gesichtshälfte und sah ihren Vorgesetzten an. "Bitte Gideon, ihr könnt Arved nicht beseitigen!", sprang sie plötzlich für Ihren Hund ein. Für sie war das Gespräch noch nicht zu Ende. "Ich weiß, er ist im Weg, aber bisher hat er uns nie angegriffen. Er weiß doch gar nicht mehr, was er tut." Flehend sah sie zu Gideon. "Wenn ihr ihn tötet, wird es mich umbringen. Willst du das? Den Tod der eigenen Leute?"

"Nein, das wird es nicht." widersprach Gideon sogleich. "Das würde nur zeigen, dass du immer noch zu stark an diesem Hund hängst. Immerhin fängst du auf einmal wieder an ihn zu verteidigen, woher der Sinneswandel?" mit einem lauten Klatschen ließ Gideon die Papiere auf den Tisch fallen und wandte sich wieder zu dem unfolgsamen Mädchen um. "Hast du es schon vergessen? DU kamst und hast mich angefleht, dass ich dich aus diesem Zwinger hole, da du ihn eigenhändig zerstören willst. Was ist passiert, dass diese Wut aufeinmal verschwunden ist?!"

April sah Gideon an und schüttelte ungläubig den Kopf. "Ich hasse das Institut nach wie vor. Ich hasse Hodge und diese Verräter, doch wenn Arved -mein Hund- sterben muss, dann weiß ich nicht, was passiert." Sie senkte den Blick. Gideon würde sie umbringen. "Wenn er weit entfernt ist, schmerzt alles ganz schrecklich... Wenn er nun für immer weit weg ist...", begann sie und biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. "Wie weh wird es dann erst tun?"

Gelangweilt steckte sich der Mann ihr gegenüber eine Zigarette an und sah sie anschließend nur gelangweilt an. "Also tut es sooooo weh, wenn dein kleiner Dackel nicht an deiner Seite ist..." seufzend machte er eine abfällige Handbewegung, als müsse er eine nervtötende Fliege verjagen. "Schon gut, ich überlege es mir noch mal. Wahrscheinlich bringt es uns eh nichts. Aber mach jetzt die Fliege sonst nehme ich es zurück." brummte Gideon.

Eilig nickte April und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Dieses eine mal hatte sie Glück gehabt und war mit einer Ohrfeige davon gekommen. In ihrem Mund schmeckte sie zwar Blut, doch wenn dies die einzige Konsequenz war, würde sie damit klarkommen. Vorsichtig glitten ihre Hände zu der Stelle über ihrem Herzen, welches schrecklich schmerzte. Vor ihren Augen hatte das Mädchen wieder das Bild von ihrem Hund, blutig und durchbohrt von großen Scherben. Was würde passieren wenn er starb? Würde es sie umbringen? Würde der Schmerz vergehen? Würde sie lachen, würde sie weinen können? Abermals erinnerte sie sich an den Moment, wo er ihr in dem Hotelzimmer seine Liebe gestand und wie sie sich in diesem traum küssten, wie real sich der Moment anfühlte. Traurig betrachtete sie ihre Finger, die ihren Hund unsicher berührt hatten, als sie gegangen waren. Sie wollte sich dieses Gefühl so gerne bewahren, was für eine Sekunde durch ihren Körper geschossen war.
Langsame Schritte rissen sie aus den Gedanken. Die blonde, die mit ihr den Auftrag ausgeführt hatte, lehnte sich an an Wand ihr gegenüber und betrachtete April abfällig. "Na? Hast du dich bei Gideon eingeschleimt? Ein Wunder, dass du noch alle Zähne hast, ich hätte sie dir längst ausgetreten. Wie hältst du dich hier? Du kannst nichts und verhätschelst die Hunde als seien sie dein Eigentum."
"Was willst du?"
"Fragen wir das doch erstmal dich, Pumuckl. Was willst du von Gideon? Gefällt er dir? Gefällst du ihm?", lässig trat die blonde näher.
"Ich weiß nicht wovon du redest."
"Pf, stell dich nicht dumm! Was für ein Spiel spielst du? Bist du seine kleine schlampe? Hat er dich deshalb mitgebracht? Du bist unnütz, du bringst uns alle in Gefahr. Es wäre besser das zu unterbinden." Schon schlug die Frau ihr ins Gesicht und stieß sie gegen die Wand, wo sie April wütend in die Magengrube trat. Das Mädchen rutschte hilflos an der Wand zusammen, sodass die Frau das Bein hob, um ihr nun ins Gesicht zu treten.
"Das würde ich an deiner Stelle lassen.", begann das Mädchen und deutete hinter sie. Die Frau folgte dem Blick leicht und erblasste als sie sah, dass große spitze Scherben auf sie gerichtet waren. April packte das Bein der Frau und stürzte sie zu Boden. Die Scherben schossen auf sie zu und blieben nur wenige Zentimeter vor der blonden stehen.
Atemlos erhob sich April, Blut lief aus einem großen Kratzer auf ihrer Wange, ihr Kopf dröhnte. Vermutlich hatte sie sich eine Wunde am Kopf zugezogen, als sie gegen die Wand geschubst wurde. "Das nächste Mal halte ich sie nicht auf.", presste sie hervor und ließ das Glas langsamer zu Boden prasseln. "Misch dich nicht in dinge ein, die dich nichts angehen." Kraftlos verließ sie den Flur und machte sich auf die Suche nach Liron. Gideon hatte die richtige Wahl getroffen und hatte sie am Leben gelassen. Nun war es Zeit, dass sie bewies, wie ernst sie es meinte.

Liron saß seit einiger Zeit ungeduldig in eine Art Aufenthaltsraum. Hier waren mehrere Sofas aufgestellt und auch ein Tisch und eine Kaffeemaschine hatten hier einen Platz gefunden. Man kam hier zu pausen zusammen oder in kleinen Runden, Besprechungen wurden meistens in der großen Halle geführt. Liron hatte sich nach vorne gelehnt und hatte die Ellenbogen auf seine Oberschenkel abgelegt, wobei er unaufhörlich mit dem rechten Bein wibbte. Er hatte April gesagt, dass er hier auf sie warten würde, wenn sie zurück kehrte. Doch obwohl er bereits einige von dem gemeinsamen Auftrag wieder gesehen hatte, war April nicht her gekommen. Unfähig noch länger zu warten, sprang er auf und wollte sich jetzt selbst auf die suche nach ihr machen.

Als Liron die Tür erreichte, wurde sie bereits von April geöffnet. Erst schrak sie zurück als sie beinahe in ihr gegenüber lief, doch als sie sah, dass es Liron war, lächelte sie erleichtert. "Oh, du bist es. Da... Da bin ich wieder." Unsicher lächelte sie und stützte sich am Türrahmen ab. "Wir haben alle Sachen gefunden..."

Erst wollte Liron sie freundlich begrüßen und fragen wie es so gelaufen war, doch ihr Zustand vereitelte sein Vorhaben. Stattdessen packte er ihr Kinn und drehte damit ihren Kopf zur Seite, damit er den Kratzer und auch die anderen Spuren in ihrem Gesicht besser sehen konnte. "Wer war das? Ist es während deines Auftrages passiert?!" verlangte er ohne umschweifen zu wissen.

April winkte ab. "Ist... Ist halb so wild. Es ist etwas schief gegangen und eine ist ziemlich verärgert gewesen. Naja... Ich schätze, ich bin selbst dran schuld..." Vorsichtig lächelte sie, doch ihr Gesicht schmerzte, sodass sie es gleich darauf zu einer Grimasse verzog. "Geht schon."

"Von wegen!" hielt Liron dagegen. Als er ihre Grimasse bemerkt hatte, ließ er ihr Gesicht wieder los, dachte aber nicht daran sich damit abzufinden. "Was genau ist schief gegangen und war hat dich geschlagen? Ich will die Namen, damit ich ihnen auch mal eine reinhauen kann." knurrte er wütend. Er hätte doch mitgehen sollen, dann müsste sie nicht noch mehr leiden, als sie eh schon musste. Beim nächsten würde er Gideon dazu bringen ihn einzusetzen. Doch er ahnte bereits, dass genau das seine Strafe war. Obwohl er zu den besten gehörte, musste er mit als einziger zurück bleiben und Däumchen drehen. Was wahrscheinlich auch genau die Art Strafe war, die ihn wirklich quälte.

"Ich.. Ich bin auf Arved gestoßen... Es..." Verzweifelt versuchte sie gegen die Tränen anzukämpfen. "Die anderen waren so wütend und da hat mir die blonde aufgelauert und zugeschlagen. Ich hab es verdient. Ich bin doch bestimmt eine Verräterin, weil mein Hund auf mich hört. Es ist nichts passiert, der Auftrag wurde erfüllt, aber trotzdem war ich am Ende die böse."