April wollte ihn fragen, was geschehen war, doch er ließ ihr keine Zeit und so musste sie nach dem unglücklichen Fall ein weiteres Mal versuchen Schritt zu halten. "Weißt du welche Seite nun hinter uns her ist?", fragte sie keuchend über die schnellen Schritte hinweg, während sie sich noch einmal umblickte. Würde man sie finden, wäre es das. Das hatte sie aber auch vorher schon gewusst. Sie bogen in eine Querstraße ein. "Kennen Sie deinen Wagen nicht, Arved?"

"Wir werden ihn wechseln, oder irgendwo abstellen, doch erst einmal müssen wir hier schleunigst weg." antwortete er, ohne allerdings langsamer zu werden oder sich um zu drehen. Die Querstraße war nicht allzu lang, sodass Arved wenig später den bekannten schwarzen Wagen erkannte. Noch während des Rennens fischte er den Schlüssel aus seiner Hosentasche und entriegelte das Auto. Kurz vor dem Fahrzeug ließ er April's Hand los. "Steig schnell ein." rief er ihr zu, als er sich nach hinten drehte, und bereits erste Schatten um die ecke biegen sehen konnte. Er ließ sich derweile auf die Fahrerseite nieder und ließ den Motor aufheulen. Er wusste nicht wohin, nur erst einmal raus aus der Stadt. Den Wunsch im Kopf, rollte der Wagen los. Erst langsam, dann nahm er schnell Fahrt auf und brachte sie beiden dem Ziel ein Stück näher. Arved drehte sen Kopf zu seiner Beifahrerin. "Ich liebe dich."

April fiel atemlos auf den Sitz und im selben Moment setzte sich der Wagen in Bewegung. Als Arved etwas sagte, realisierte sie nicht gleich, was es war, wenig später jedoch schenkte sie ihm zustimmend ein Lächeln, das für einen Moment ihren matten Gesichtsausdruck verdrängte. Mit einem schweren seufzen ließ sie den Kopf in die Lehne sinken und schloss für eine Sekunde die Augen. "Ich komme mir vor wie eines dieser Gangster-Paare in den Filmen.", stellte sie schließlich fest und sah wieder zu dem jungen Mann an ihrer Seite. "Arved, du bist dir bewusst, was passieren wird, wenn man uns finden wird, du kennst die Konsequenzen.", begann sie nach einigem schweigen ernster. "Wenn etwas schiefgeht, wird das unsere letzte Aktion sein, für immer. Wir wissen doch nicht einmal, wo wir hin wollen und wer uns alles an den Fersen klebt." Hatte er denn keine Bedenken?

"Dem bin ich mir durchaus bewusst." antwortete er und auch sein Ausdruck war nun ernster, was teilweise auch daran lag, dass er nach einem bestmöglichen Weg aus der Stadt suchte, auf den er potentielle Verfolger abzuschütteln. "Und ich werde alle Konsequenzen auf mich nehmen. Immerhin habe ich dich ja mit genommen." fügte er hinzu. Das leise tropfen auf der Frontscheibe verriet, dass aus dem anfangs Nieselregen nun größere tropfen geworden waren. "Das mit der Unterkunft stimmt wohl, doch ich dachte an eine etwas abseits der Stadt, doch auch nicht in einer der Dörfer. Es gibt einige quer verteil im Umfeld der Stadt." erklärte er ihr seinen Gedanken. "Ich bin mit allem zufrieden, soweit es uns nur halbwegs in Sicherheit wiegen kann und ich dich mit genügend Abstand von hier weg bringen kann." das weiche war aus seinem Gesicht gewichen und hatte platz für einen Ausdruck gemacht, den er in April's näher nur selten besaß. Hoch konzentriert und berechnend fixierten seine Augen jedes vorbei ziehendes Schild, ehe er endlich über die Stadtgrenze fuhr.

Eine kurze Zeit betrachtete sie ihn noch, dann blickte das Mädchen nachdenklich aus dem Fenster. "Wieso musstest du es so herausfordern? Wenn du einfach bei den anderen geblieben wärst, dann hätte ich mir weniger Sorgen machen müssen. Wir flüchten gerade aus der Stadt... Das ist doch eine wahnsinnige Idee... Was wird passieren, wenn sie uns finden und einen von uns töten? Was wird dann aus dem anderen? Haben wir überhaupt das Geld irgendwo unterzukommen? Was soll dann kommen? Wollen wir uns auf ewig verstecken?" Im nächsten Moment erblasste sie. "Arved, sie haben meine Mum! Was wird aus ihr?!"

Doch selbst als April Panik für zwei Personen schob, blieb der Fahrer neben ihr unverändert. "April, beruhig dich bitte." bat er sie, dennoch mit ruhiger stimme. "Sie werden keinen von uns finden oder töten, verlass dich da ganz auf mich. Was das Geld angeht," begann er ihr Argumente gegen dieses Vorhaben abzuklappern, "Ich habe bei mir, so viel ich in den vergangenen Tagen auftreiben konnte. Es ist nicht viel, aber es reicht, um uns dass nötigste zu besorgen." doch bevor er ihren letzten Punkt beantwortete machte er eine kurze Pause, vielleicht veranlasste ihn auch der stockende Verkehr vor ihm dazu. Selbst für diese Tages zeit, trieben sich noch einige auf den Straßen herum, hinzu kam, dass die Straße eng und eine Verbindung Straße war. Doch das ermöglichte ihn auch, sie ein weiteres Mal anzusehen. Wie sagte er ihr das nur jetzt? "Glaubst du wirklich, dass sie ihr etwas antun werden? Sie weiß doch weder etwas von den Aktionen noch von dem hier. Dazu können Sie nur dich mit ihr erpressen, aber wenn ich dich nicht zurück lasse, bringt sie ihnen nichts, gleichzeitig hilft sie ihnen aber bestimmt um, dich wieder zurück zu holen, falls du frei kommst." er fand seine Wort Wahl selbst nicht sonderlich passend, aber darauf plädiert er nun Einmal und wenn er glück hatte, dann dachten die Jäger ähnlich, was er allerdings bei April nicht erwartet. Arved's Aufmerksamkeit wurde in den Rückspiegel gelenkt, als er einen dunklen Schatten bemerkte, der sich langsam am Rande der Straße fortbewegte. Er schwarz gekleideter Motorradfahrer fuhr dicht an den nur langsam fahrenden Autos vor bei und schien immer wieder in das Innere der Wagen zu schauen. "Das ging schnell..." murmelte Arved und versicherte sich, ob vor ihm der Verkehr langsam ins Rollen kommen würde, jedoch ohne großen Erfolg.

Verzweifelt raufte sich das Mädchen das rote Haar und stützte den Kopf in die Hände. "Bist du dir sicher? Arved, wir müssen auch sie bald in Sicherheit bringen, versprich mir das." Hoffend sah sie zu ihm, dann stutzte sie erst über seine letzten Worte und blickte fragend über den Sitz nach hinten. "Das... das ging wirklich schnell. Mit dem Motorrad kommen sie besser vorwärts." Skeptisch sah sie zu dem Verkehr vor ihnen. "Wenn das so weiter geht, dann haben sie uns doch sofort." Sie durfte jetzt nicht über ihre Mutter nachdenken. In diesem Moment steckten die beiden selbst in eindeutig größeren Schwierigkeiten. In Filmen gab es nie solche Verfolgungsjagden, die im Verkehr stecken blieben. "Sie werden uns noch an Ort und Stelle erschießen, wenn sie uns finden..."

"Wenn sie es sich leisten können. Wenn es ein Jäger ist, haben wir Glück, dann würde er nur mich angreifen. Aber das ist jetzt nebensächlich." er deutete mit einem nicken auf die Rückbank. "Versteck du dich hinten, dort sind die Scheiben dunkel, sodass er dich nicht sehen kann. Er hat nicht genügend Zeit, um auch nicht vor solchen Scheiben stehen zu bleiben." Arved befreite sich in der Zeit von seinem Jackett und zog auch die Handschuhe aus. Alles verstaute er ebenfalls nach hinten in den Fußraum. Sein Hemd knöpfte er etwas auf und zog seine Lesebrille aus dem Handschuhfach. So würde er wenigstens auf dem ersten Blick nicht zu sehr auffallen, auch fuhr er sich ein paar mal durch das Haar, Bis sie Kreuz und quer lagen. Ein prüfenden Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass der Fahrer bereits bei dem Wagen hinter ihnen angekommen war. "Alles okay?" versicherte er sich noch einmal bei April.

Eilig kletterte April auf einen der Rücksitze, der möglichst weit weg von dem äußeren Fenster war. Auf seine Frage hin wusste sie zuerst nichts zu antworten. Alles in ihr war komplett durcheinander. "Äh... Ja... Ich schätze... Ich habe einfach nur Angst.", meinte sie abwinkend und zog sich noch ein Stück weiter zurück. Nervös zog sie Arveds Jackett am ihre Brust. Der Geruch beruhigte sie zumindest ein wenig, doch sie war noch immer angespannt und sorgte sich um den prüfenden Blick ihres Verfolgers. Für Arved sollte sie jetzt beweisen, wie stark sie war. Sie wollte es doch immer beweisen, jetzt sollte sie es auch endlich einmal tun. "Arved?", begann die zögernd. "Was, wenn sie uns entdecken? Was tun wir dann?"

Arved drehte sich über die Schulter zu ihr um und wollte ihr wohlwollend zusprechen, dass er dies nicht zu lassen würde, als das Motorrad nun auf sie zu gerollt kam. Eilig drehte er sich wieder um, lehnte sich jedoch darauf versucht lässig zurück und ließ seine Augen auf den Wagen vor ihnen. Das Motorrad glitt langsam an ihre Seite und wie erwartet drehte der Fahrer seinen Kopf in ihre Richtung. Doch die Sicht auf sein Gesicht wurde durch eine verdunkelte Scheibe seines Helmes verhindert. Man konnte den suchenden Blick geradezu auf der eigenen Haut spüren, wie er das Innere des Wagens absuchte. Arved drehte, als würde ihn die Lautstärke nerven, das Radio etwas leiser, was unter anderem daran lag, dass er nach April's Atmen horchte. Es kam einer Ewigkeit gleich, wie der Fahrer eine Zeit lang neben ihnen her fuhr, ehe er etwas Gas gab, jedoch nicht gleich zu den nächsten über ginge. Stattdessen fuhr er etwas vor ihnen, um anscheinend von dort weiter nach hinten in das Auto schauen zu können.
Als das Rad endlich schneller wurde und das nächste Auto vor ihnen ins Visier nahm, bemerkte Arved, dass er den Atem angehalten hatte. Noch waren sie nicht aus der Gefahrenzone, doch das schlimmste war vorerst vorbei.

Im hinteren Teil des Wagens hatte April fest die Lippen aufeinander gepresst und wimmerte vereinzelt. Ihr Herz schlug laut und schnell, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. Erst als sie sah, dass sich der Motorradfahrer entfernte, stieß sie die angehaltene Luft aus. "Er ist weg.", stellte sie ungläubig fest und sah vor zu Arved. Sie wischte sich übers Gesicht, um ihre Tränen zu verdrängen, doch es fiel ihr schwerer denn je. Hatte sie sich da nicht etwas zu viel zugetraut? Wenn sie jetzt mit Arved weglief, würde sie niemals ihre Rache bekommen, sie würde niemals komplett in Frieden leben können und sie würde vielleicht nie wieder nach Hause zurückkehren. Aber sie würde Arved an ihrer Seite haben. Vielleicht fänden sie einen Ort, an dem sie bleiben könnten und endlich in Sicherheit wären. Vielleicht war es ihr neues zu Hause. Vielleicht fanden sie beide einen Job, verdienten ihr eigenes Geld und irgendwann würden sie sich vielleicht sogar entscheiden zu heiraten. Die Verbindung zwischen ihnen würde stärker werden und die Schmerzen verschwinden. Ihr Mundwinkel zuckte amüsiert über die Vorstellung, für ein Lächeln reichte es nicht. Ein Leben mit Arved würde sie glücklich machen.

Erst als der Fahrer wirklich zwei Autos vor ihnen war, wagte auch Arved es wieder tief Luft zu holen. "Das ist er..." er nickte, als müsste er sich selbst erst von ihren Erfolg überzeugen. Doch gleich daraufhin drehte er sich zu April um und schenkte ihr ein entschuldiges aber auch erleichtertes lächeln. "Jetzt haben wir einen weiteren großen Vorsprung den anderen gegenüber." er drehte sich wieder um, ließ seinen Halswirbel kurz knacken und rollte der Schlange an Autos weiterhin hinterher. Trotz des Vorsprunges, musste er seinen Wagen los werden, da man das Kennzeichen des Instituts sehr gut erkennen konnte und Hodge würde gerade darauf achten. Ob das Geld auch noch für einen Mietwagen reichte? Lieber sollten sie erst einmal eine Unterkunft finden, erinnerte er sich im Gedanken. Etwas zu überstürzen würde nicht gerade positive Folgerungen haben. Zudem musste er April erstmal in Sicherheit und zur ruhe bringen.

Nachdenklich betrachtete April ihren Fahrer. Schon lange lag ihr eine Frage auf der Zunge und nie hatte sie den richtigen Zeitpunkt gefunden, um sie zu stellen. Auch jetzt war sie sicher, dass es der falsche Moment war, doch gab es wohl keinen richtigen Moment. "Arved, wieso tust du das alles? Ich meine, ich bin weggelaufen, ich habe mich Gideon angeschlossen, ich wohne mit einem anderen Mann zusammen, ich habe vermutlich einige der Hun- der Seses- schwer verletzt, ich bin im Institut eingebrochen, ich habe unschuldige mit hinein gezogen und ihr Zuhause zerstört, ich plane Hodge zu vernichten... Und dir fällt plötzlich ein, dass du mich liebst? Du hast dich doch nichtmal an mich erinnert, warst sauer, wenn ich von dir erzählt habe, weil du sagtest, es sei jemand anderes gewesen..." Sie senkte den Blick. Wenn sie jetzt alles so aufzählte, dann passte all das wirklich nicht zusammen. In ihrem Hinterkopf Schlich sich ein Gedanke ein, der sie zögern ließ. Es klang so als wäre all dies geplant. Was, wenn Hodge hinter dieser Aktion steckte und Arved gar nicht aus eigenem Willen handelte? Ihre Augen weiteten sich. Wäre er zu so etwas in der Lage? Würde er sie für Hodge verraten? "Das klingt so... Widersprüchlich."

"Ich weiß es nicht." antwortete Arved wahrheitsgemäß, wobei er sie diesdsmal jedoch nicht ansah. "Wie du es bereits sagt, selbst für mich klingt es nicht anders surreal, doch ich sitze trotzdem hier und bringe dich von dort weg. Wenn ich genau wüsste was die Gründe sind, würde ich sie dir sofort sagen, da kannst du mir vertrauen April, doch weiß sie nicht." ein bitteres lächeln platzierte sich auf seine Lippen. "Es ist als sehe ich mir selbst zu, wie ich einfach handle und egal wie ich handle, ich denke dabei immer nur an dich und dein Wohlergehen. Jedenfalls glaubte ich das, bis vor ein paar Wochen. Jetzt handle ich wahrscheinlich nur noch aus Egoismus. Ich will doch nicht länger so sehen, doch gleichzeitig will ich dich bei mir sehen." noch während er redete schüttelte der Junge Mann seinen Kopf ab und zu, als glaube er seine eigenen Wörter noch weniger als sie. "Ich weiß einfach nicht warum und was genau mich dazu bewegt, nur ist es so und ich will es auch irgendwie nicht ändern, dieses Gefühl." seine blauen Augen blieben unentwegt auf der Straße, auch wenn er April gerne einmal angesehen hätte, doch er hatte Angst, dass sie seine eigene Unsicherheit sehen könnte. Er musste stark bleiben, für sie beide. Das hatte er sich selbst versprochen. "Ich befinde mich auf keiner der Seiten, zwischen denen du glaubst entscheiden zu müssen. Ich handle aus freien Willen und freien Wünschen. Also verzeih mir bitte, wenn ich deine Frage nicht exakt beantworten kann." entschuldigte er sich und schaffte es endlich sie anzusehen, nur dafür hatte er seine unteren zweifel vergraben und schenkte ihr einen aufrichtig entschuldigenden Blick.

Während er sprach, zog April die Beine an die Brust und stützte ihr Kinn auf die Knie, wo sie ihn betrachten konnte. Als er sie ansah, schenkte sie ihm ein knappes sanftes Lächeln, ehe sie ihr Gesicht in den Knien vergrub. Sie konnte sagen, dass er sie nicht belog, vermutlich würde sie es längst spüren, wenn er sie verraten würde. In letzter Zeit war Gideon ein wenig schludriger damit umgegangen, die Verbindung zu Arved aufrecht zu erhalten, etwas, dass ihr nun zum Vorteil gereichte. Sofern nun nichts schiefging hatten sie sogar eine reelle Chance. Wenn sie es schafften schnell vorwärts zu kommen, könnten Sie beiden Partien entkommen. Arved war so entschlossen und zuversichtlich, er war ein Teil von ihr... Wenn sie ihm nicht vertraute, dann könnte sie vermutlich niemandem Vertrauen. Er sagte doch schon so oft, dass er sie lieben würde... Er liebte sie. Er tat es aus Egoismus. Langsam glitten ihre Hände zu ihrer Brust. Ihr Herz begann zu rasen, wann immer er mit ihr sprach oder sie auch nur ansah. Sie wollte ihm das gerne sagen, wollte ihm gerne ihre Gefühle gestehen -dem Arved, der diesmal Gefühle für sie entwickelt hatte- doch brachte sie es kein weiteres mal übers Herz ihm das zu sagen. Vielleicht könnte er es spüren, dass sich nichts an ihren Gefühlen geändert hat, doch über die Lippen brachte sie es nicht. Wenn es Egoismus war, der ihn dazu verleitet hatte, würde er es auch so durchziehen, oder?