"Na wenn das so ist", sie sah zu ihm auf und grinste kurz schelmisch, "wäre es wirklich Zeit für ein Festmahl." Nachdenklich stützte sie die Arme auf der Tischplatte ab und lehnte ihr Kinn in die Hände "Mach, was du willst, ich sitze einfach hier und beobachte dich dabei." Immerhin fiel es ihr nun, da er wieder normal gekleidet war, ein wenig leichter. Auch hatte sie eigentlich gar keinen Appetit. Das hielt schon an seit sie weggelaufen war und Arved nicht mehr sehen konnte. Als der Schmerz begann. Sie genoss einfach nur Arveds Anwesenheit und betrachtete ihn gerne, wenn er nicht hinsah. "Such dir etwas aus, das du gerne essen möchtest. Es ist mir egal." Auf dem Tresen lag bereits ein wenig Obst und Besteck verteilt. Das war alles, was sie begonnen hatte, ehe ihr das Glas zersprungen war. Wieder schielte sie zu ihren Fingern. Noch war es immerhin nur ein einfaches Trinkglas.

"Das erschwert es natürlich. Jetzt muss ich mir einen eigenen Kopf machen." gab der junge offen zu, öffnete jedoch zeitgleich den Kühlschrank, um sich inspirieren zu lassen. Sie hatten alles mögliche eingekauft, was einem in den Sinn kam, wenn man sich innerhalb der nächsten tage über Wasser halten wollte. Nachdem er am Vortag die Küche inspiziert hatte, war ihm ein Toaster aufgefallen, den er nun auch gleich mit zwei Toast belud. Dazu nahm er sich das Obst, was April bereits bereit gelegt hatte und schnitt es in mundgerechte Stücken, ebenso suchte er die typischen Frühstücks Utensilien heraus, welche der Kühlschrank her gab. Nachdem er die beladenen Teller vor April auf die Tischplatte anstellte, drehte er sich ein letztes Mal um, um die Tassen für den morgendlichen Kaffee herauszusuchen. "Lust auf Kaffee, oder willst du doch lieber etwas anderes?" erhob er nach einer Zeit des Schweigens das Wort.

"Macht du mir einen Tee?", fragte sie nach kurzem überlegen, kleinlaut wie ein kleines Kind, während sie sich heimlich etwas von dem bereits geschnittenen Obst klaute und sich in den Mund steckte, wenn sie glaubte er könne es nicht sehen. "Und ähm... Kein Glas bitte.", fügte sie hinzu, da einige Teetassen, die sie hier gesehen hatte, aus eben diesem Material war. Mit einem schüchternen Lächeln zog sie ihren Kopf ein wenig weiter in die warme Jacke zurück und beobachtete ihren Beschützer ein wenig weiter. "

"Wie du wünschst." und schon setzte Arved heißes Wasser auf und ließ zeitgleich die Kaffeemaschine laufen. In der Zeit des Wartens lehnte er sich mit seinen Ellenbogen auf die Arbeitsfläche in seinem Rücken, die der Tischplatte gegenüber lag und betrachtete April nun seinerseits. Er hatte Fragen, da gab es keine Zweifel, doch durch die Tatsache, dass er das gleich von ihr vermutete, stellte er keine. Stattdessen genoss er die Stille, welche seit langem nicht unangenehm im Raum schwebte. Selbst das leise brodeln der beiden Maschinen zerstörte diese Ruhe nicht, viel mehr trugen sie auch dazu bei. Irgendwann waren seine blauen Augen wieder auf Wanderung gegangen und hatten sich letztlich an den Wald geheftet, den er durch das Fenster erkennen konnte. Ein verschwommenes Bild tauchte vor seinem Auge auf, ein Abbild von ihm mit April. Eine Erscheinung die in letzter zeit nicht selten auftrat. Arved blinzelte, damit das Bild verschwand und wandte sich den Maschinen zu, welche beide fertig geworden waren. Ein Leides klirren ertönte, als er April die dampfende Tasse mit teebeutel hinstellt. Seine Tasse stellte er sich auf seinen Platz, April gegenüber. "Dann lass es dir schmecken."

Sie nickte ihm zu. "Du dir auch." Doch statt nach dem Essen zu greifen, griff die rothaarige nun nach der dampfenden Tasse. Die wenigen Stücken, die sie zuvor gegessen hatte, schienen ihr bereits zu viel. Immer wenn sie an die gegenwärtige Situation denken musste, drehte es ihr den Magen um. So sah sie einfach nur stumm in ihre Tasse, ehe sie irgendwann zusammenhanglos das Wort erhob. "Was hältst du davon, wenn ich mir mein Haar abschneide? Es ist markant, findest du nicht?" Der Gedanke geisterte schon eine Weile hintergründig in ihrem Kopf herum. Man würde doch nach ihnen fahnden, oder? Dem rothaarigen Mädchen und dem groß gewachsenen schwarzhaarigen jungen Mann. Sie erregten bestimmt viel Aufmerksamkeit in anderen Orten, falls sie nach einer neuen Bleibe oder Verpflegung suchten.

Überrascht hob der Mann ihr gegenüber den Kopf und sah sie erstaunt an. "Das ist es, aber... gleich abschneiden?" er konnte es nicht von der Hand weisen, dass sie Recht hatte. Ihr feuerrotes Haar würde überall heraus stechen und war bestimmt auch eines der Merkmale, nachdem die anderen suchten. Und dennoch war die erste Reaktion auf ihren Vorschlag, dass er sich dagegen sträubte. Ein leises Räuspern, folgte auf die Pause die entstanden war, ehe er weiter sprach. "Ja dein Haar fällt auf, doch ich würde es ungern abschneiden." äußerte er seine Meinung. "Aber es ist dein Haar, wenn du es gerne abscheiden willst, werde ich dich nicht aufhalten, doch ich könnte dich auch nicht unterstützen, da ich dein Haar, so wie es jetzt fällt, liebe."

Ein Lächeln huschte über ihre Lippen als sie zu ihm sah. Ein wenig schüchtern fuhr sie sich durchs Haar und versuchte es ein wenig zwischen ihren Händen zu glätten. "Du liebst es?" Das war immerhin das beste Argument, um dieses Vorhaben zu unterbinden. "Wenn das so ist..." Auf diese offene Ehrlichkeit war sie nicht vorbereitet. Sie stützte sich auf der Tischplatte ab und beugte sich zu ihm vor, wo sie Arved einen kurzen verlegenen Kuss auf die Lippen drückte.

Ehe April wieder in ihre zuvorige Haltung zurückkehren konnte, hob Arved den Arm und ehe er sich selbst versah, legte er sacht seine Finger unter ihr Kinn, um sie von der Rückkehr abzuhalten. Stattdessen kam er ihr entgegen, indem er sich ebenfalls dezent vorbeugte und ihr Tun erwiderte. Er gab ihr ihren Kuss zurück, jedoch nicht in der Absicht ihn so kurz zu halten wie April. Es war nicht so, dass er es ausnutze, dass sie den ersten Schritt machte, doch dann war sein inneres schlechtes Gewissen unbegründet und er konnte es ignorieren. Wie lange er sich auch immer wieder nach ihren küssen und Berührungen gesehnt hatte, vergaß er sie noch im selben Moment, wie er sie ansah. Auch wenn dies nur kurz anhielt, reichte es ihm mit einem Schlag sie einfach nur anzusehen und zu genießen, dass sie tatsächlich vor ihm stand, ehe das Verlangen noch stärker erneut einsetzte.

Mit einem leisen seufzen löste sich die rothaarige schließlich von ihrem Begleiter, der ihr noch einige Küsse abverlangt hatte, und lächelte ihn an. "Dann eben keine neue Frisur.", stellte sie ruhig mit glühenden Wangen fest und ihr Blick wich dem seinen schüchtern aus. Kurz verharrte sie in ihrer Position und leckte sich kurz über die Lippen, ehe sie den Kopf langsam zurückzog. "Was tun wir dann?", folgte darauf ihre nächste Frage und nun hob sie den Blick wieder. Ihr ganzer Körper kribbelte, wenn sie ihn berührte, viel stärker als noch vor einigen Monaten, als sie noch im Institut war. Sie wusste nicht woran es lag, doch es veränderte ihre ganze Körpersprache abrupt.

Auch Arved sank wieder zurück auf seinen Stuhl und musste der eben gestellten frage von April durch aus zugestehen, dass er sie sich heute ebenfalls gestellt hatte. "Ich weiß es nicht." antwortete er, während er langsam aus atmete. "hier steht uns alles frei, nur in die Öffentlichkeit zu gehen, würde ich vorerst minimieren, da man sich immer noch nicht sicher sein kann." //das werde wir nie.// fügte er in Gedanken hinzu, doch er traute auch April zu, dass sie auf einen ähnlichen Gedanken gekommen war. "Wir können uns hier also ganz entfalten. Als ich laufen war Habe ich durch die Bäume ein Stück entfernt sogar einen See entdeckt... Falls das Wetter wieder ein Stück wärmer geworden ist." fügte er schnell hinzu, ohne den vorherigen Satz wirklich beendet zu haben. Seine Augen richteten sich auf seinen nun leeren Teller und anschließend auf den von April, doch er traute sich nicht etwas zu sagen, stattdessen lehnte er sich nur zurück und schob seinen Teller etwas von der Tischkante weg.

"Das sollten wir tun.", stimmte sie zu. Die Stimmung wurde wieder ein wenig beklemmender. "Es sollte nur noch ein wenig mehr die Sonne scheinen.", fügte April ihrem vorigen Gedanken zu und sah auf Ihren noch immer sauberen und leeren Teller. "Es fühlt sich noch nicht so an, als seinen wir frei, nicht?" Vorsichtig hob sich ihr Blick wieder und stellte sich dem seinen entgegen, wobei auf ihren Lippen ein nun eher unglückliches Lächeln lag. "Das wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen."

"Oh ja das wird es, doch auch dieses Gefühl werden wir erlernen." er hingegen brachte ihr ein zuversichtliches lächeln entgegen. Egal wie aussichtslos eine Situation auch aussehen mag, wenn sie bei ihm ist, fand immer wieder ein kleines Fünkchen Hoffnung und glaubte daran auch. Auch weigerte er sich gegen das wissen, daß sie immer noch nicht viel bis gar nichts zu sich nahm, einfach nur weil sie endlich wirklich bei ihm war. Während er innerlich nickend seinen Gedanken zustimmte, bemerkte er erst zu spät, dass sich sein Körper ein weiteres Mal eigenhändig bewegt hatte, wie immer auf sie zu. Er hatte bereits die Hälfte des Tisches umrundet, als er zu sich kam, doch erst als er neben ihr stand erhob er das Wort. "Auch das schaffen wir." griff er noch einmal seine letzten Worte auf. "Ich brauch dazu nur dich an meiner Seite."

Ihre Augen glänzten feucht, als sie ihn ansah, dann lehnte sich die rothaarige kurz schweigend an seine Schulter. Es war ein wenig zu viel, all das mit sich zu vereinbaren, und sie hoffte, dass er es verstand. Er war so sanft und zuversichtlich, ihr kleiner Welpe. Wenn er daran glaubte, hätten sie eine Chance, doch derzeit spielte ihr Gewissen gegen die. Schweigend erhob sie sich schließlich und begann aufzuräumen. "Ich will bald an diesem See.". Erklärte sie ausweichend. "Ich halte es hier nicht mehr aus, schätze ich. Es erinnert zu sehr an ein Versteckspiel: weglaufen, untertauchen, ausharren. Das kann ich nicht."

Auch wenn irgendetwas in ihm schmerzte, als sie sich ruckartig dem aufräumen widmete, half Arved sofort mit, ohne eine Miene zu verziehen. "Er liegt keine halbe Stunde von hier entfernt. Wir können also schon jetzt hingehen und dort dann warten oder vielleicht gehen wir einfach ein bisschen spazieren." überlegte er weiter laut, während er die paar Lebensmittel die auf dem Tisch standen zurück in den Kühlschrank räumte. "Ich hab in dem Schuppen auch Fahrräder gefunden." er konnte ahnen, dass er vielleicht etwas zu sehr blauäugig wirkte, wie er versuchte ihre Situation so unbeschwert aussehen zu lassen. Doch etwas anders schien für ihn nicht in frage zu kommen. Hier waren keine Gegner als Personen hier, der Gegner schlummerte nun in jeden selbst, in dem diese Stille einem die zeit ließ nachzudenken.

*'tschuldige* >.<"

"Ich bevorzuge laufen.", entgegnete April. Ihre Hand zuckte im nächsten Moment zurück, als sie Arveds Glas ergreifen wollte, um es wegzustellen. Schnell griff sie darüber hinweg und nahm etwas anderes, damit ihr Beschützer nicht darauf aufmerksam wurde. "Wenn wir gehen, sollten wir trotzdem das nötigste mitnehmen. Selbst wenn man uns nicht findet, noch ist das Risiko zu hoch. Sind wir gezwungen erneut zu flüchten, brauchen wir eine Grundlage." Sie sah zu Arved. "Wir haben schon jetzt kaum mehr als uns zwei, es sollte kein Problem sein, etwas dabeizuhaben, oder nicht?" Sie fühlte sich schon wieder so schrecklich kraftlos, als würde ihre Energie sich nur kurz aufladen und dann sofort wieder auf ein Minimum sinken. Immer und immer wieder. Es war ihr bewusst, dass Ihr Begleiter sie nur aufmuntern und ablenken wollte, doch die Situation raubte ihr jeglichen Nerv. Ab und zu hatte sie sich bereits gefragt, wie es nun weitergehen sollte, wenn man sie nicht fand. Würden sie dann normale Leben führen können? Würde es genauso sein wie dieser Moment, lauernd, bereit erneut alles hinter sich zu lassen? Nachdenklich betrachtete sie Arved. "Wir können los, sobald wir alles aufgeräumt haben, schätze ich.", wechselte sie schließlich zu dem alten Thema zurück und ließ all ihre Fragen unbeantwortet.