Man konnte es nicht Schlaf nennen, in welchem Zustand sich der junge mann an ihrer Seite bis zu ihren Worten befunden hatte. Immer wieder versuchte sich sein Körper seine Ruhe und seinen Schlaf zu holen. Er zwang Liron in die Knie und begann Stoß weise immer wieder abzuschalten, sodass er immer wieder einnickte, eher innerlich panisch aufwachte und die Augen aufriss. Anschließend horchte er nach dem Atem Aprils, nachdem er ihn hörte und durch ihre Bewegungen wusste das sie noch wach war, begann sein Kampf mit seiner eigenen Erschöpfung erneut. Die ruhige Zeit die ihnen vergönnt war, war kurz. Zu kurz, als dass man sich überflüssige Gedanken machen sollte. Und dennoch kamen einem die letzten Monate unwirklich vor, wenn man nun in einem weichen sicherem Bett lag. "Ja, Ich bin wach." beeilte sich Liron zu sagen, kniff die Augen kurz zusammen, gähnte leise und versuchte den bitteren Geschmack aus seinen Mund zu bekommen. "Bin wach." wiederholte er, als müsse er sich selbst davon überzeugen. "Kannst du nicht schlafen?" folgte die Frage, mit welcher er erste den Kopf über die Schulter drehte und sich dann gänzlich auf den Rücken legte, die Augen weiter auf den Schatten neben sich gerichtet, welchen er als April ausmachen konnte.

Als sich die Decke neben ihr raschelnd bewegte, wandte sich April ganz zur Seite und sah zu Liron. In der Dunkelheit erkannte sie, dass auch er sie ansah. So wie es klang, hatte er doch schlafen können, zumindest schien er gedöst zu haben, was immerhin mehr war als sie erreicht hatte. Auf seine Frage hin, verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse, ungeachtet dessen, dass ihr Gegenüber es vermutlich gar nicht sehen konnte. "Nein.", erwiderte sie schließlich. "Ich versuche es, aber es ist einfach zu viel passiert, als dass ich jetzt ruhig schlafen könnte." Innerlich grübelte sie, wie er das schaffte. Sein Leben war auch nie rosig verlaufen. Wie schaffte er es nur Nachts zu schlafen? "Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken..."

Liron hätte jetzt eine abwehrende Handbewegung gemacht, doch seine liegende Position verhinderte solch eine Geste. Stattdessen schmunzelte er nur leise. "Ach quatsch, ich hätte mir doch nur Vorwürfe gemacht, wenn ich in Ruhe schlafen konnte und du neben mir die ganze Zeit wach gelegen hast." und dennoch konnte man es auch seiner Stimme anhören, dass er damit zu kämpfen hatte seine Augen offen zu halten. "Bitte entschuldige dich nicht, wegen so was." er machte eine kurze Pause, in welcher er versuchte die Decke scharf zu erkennen. "Falls du auch weiterhin nicht schlafen kannst, dann bleibe ich einfach mit dir wach." ließ er seine Entscheidung erklingen, die Arme verschränkte er dabei entschlossen hinter seinem Kopf.

Nachdenklich sah April ebenfalls hinauf und ließ kurz Lirons Worte durch ihren Kopf wandern. "Du bist müde.", stellte sie das Offensichtliche fest. "Du musst nicht wach bleiben. Als ich in der Zelle war, bist du wach geblieben, nur weil ich Schmerzen hatte. Wenn jemand diesen Schlaf verdient hat, dann bist du das. Ich habe dich wirklich oft genug deines Schlafs beraubt." Tatsächlich hätte sie diese Idee vor seinem Wecken haben können. Sie seufzte leise. "Du bist wirklich etwas besonderes, weißt du das?", murmelte sie der Zimmerdecke entgegen, obwohl die Worte an den Mann neben ihr gerichtet waren. Eigentlich hatte sie es nur gedacht, doch schon war der Gedanke ihren Lippen entflohen. April war froh, dass man in der Dunkelheit nicht sehen konnte, dass es sie selbst überrascht hatte, so etwas zu sagen. Wieder entfuhr ihr ein Seufzen. Sie war hoffnungslos. Wieder sah sie zu ihrem Beschützer. Die letzten Zentimeter zwischen ihnen waren schnell überwunden, weshalb die Rothaarige im nächsten Moment bereits ihren Kopf an seinen Oberkörper lehnte und sich ihre Finger leicht in den Stoff seines Oberteils grub. Ihr Blick war starr auf das Fußende gerichtet. "Entschuldige, ich sage immer so peinliche Dinge, wenn ich nicht aufpasse.", flüsterte sie gedämpft.

Auch Liron musste sich die Überraschung über ihre Worte eingestehen, doch war seine Reaktion ein aufrichtiges lächeln, welches sie nie sehen würde. Als sie nun an seine Seite gerutscht kam, wurde das Lächeln nur noch breiter, ehe er seinen Arm um ihre Schulter legte. "Dagegen habe ich absolut nichts. So etwas ist mir weitaus lieber, als..." er musste schlucken, sodass er verhinderte den Satz auszusprechen. "...wenn du vor Schmerzen schreist.", hatte er vor gehabt zu sagen, doch wollte er es nicht unterstützen, dass sie keine Ruhe fand. Denn beide wussten nun woher die Schmerzen kamen und dies war auch bestimmt der Grund, warum sie einfach keine Ruhe finden wollte oder konnte. "Wenn du gar nicht sprichst." beendete er den Satz nach nur einer kurzen Pause. Dann warf er die bedrückende Stimmung ab, welche er sich eigenständig durch seine Gedanken auferlegt hatte. "Wenn ich etwas Besonderes bin, dann pass gut auf mich auf." scherzte und schmunzelte erneut leise. "Dann fällt es mir auch leichter, auf dich aufzupassen."

"Versprochen", entgegnete April, allerdings nicht als Scherz gemeint. Sie drückte sich noch ein wenig fester an ihn. Er roch gut, so vertraut, und sein Körper wärmte angenehm. Ihre kalten Finger lagen auf der Stelle, unter der sein Herz schlug. Nun spielte sich tatsächlich ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen und dieses war ehrlich genug, um nicht zu schmerzen wie die anderen Male. Fest drückte sie die glasigen Augen zusammen, den sicheren warmen Arm Lirons um die Schultern. Sie war nicht allein, er würde sie nicht verraten. Nun galt es stark genug zu werden, um ihren geliebten Welpen zu befreien und Liron zu beweisen, dass all seine Arbeit etwas wert war. "Ich habe dich so lieb, Liron." Schon wieder sagte sie so etwas dummes und trotzdem war er bei ihr geblieben.

Liron spürte, wir mit jeder Pause zwischen ihren Sätzen, seine Augen immer schwerer wurden und die Müdigkeit drohte ihn mit sich zu reißen. Seine Augen hatte sich längst geschlossen, wobei sein Kopf zur Seite abgeknickt war und damit in ihre Richtung, als sie die letzten Worte an ihn richtete. "Ich dich auch..." antwortete er Schlaf drunkend. Sein Atem wurde langsamer und tiefer. Er hatte den Kampf gegen die Erschöpfung verloren und driftete immer mehr in das Reich der Träume ab. Dennoch waren die Stellen, an denen April ihn berührte, wärmer als gewohnt, sodass er es mitbekommen würde, wenn sie plötzlich erkalten würden. "Ja.... ich dich... auch..." das er die Antwort noch einmal wiederholte hatte er selbst nicht beabsichtigt, aber vielleicht hatte sein Innerstes zu sehr Angst, dass sie seine Antwort womöglich nicht gehört hatte, sodass es sie lieber noch einmal aussprach.

~
Es war eines der vielen Male. Der Fahrtwind zerrte an den roten Haaren, die aus dem Helm schauten, während sich April an Liron festklammerte, um nicht vom Motorrad zu fallen. Sie waren wieder auf dem Weg zurück in die dunklen Keller, die die Rothaarige seit einiger Zeit fürchtete. Seitdem sie die Zelle verlassen durfte, war erst ein Monat vergangen. Seit diesem Tag verlor diese Welt immer weiter an Bedeutung für sie. Es gab nur zwei logische Gründe, dort bleiben zu wollen: Arved und Liron. Die Zeit unter Lirons Fittichen hatten dafür gereicht, sie wieder ein wenig aufzubauen. Sie war immer noch dürr und aß wenig, aber sie aß zumindest überhaupt. Die Nächte verbrachte sie mit Liron, allein hielt sie dieses Leben nicht mehr aus, trotzdem sie Gideon doch recht wenig antraf. Vermutlich verbrachte dieser seine Zeit nun im Keller des Hauptquartiers, doch Schmerzen musste sie kaum noch erleiden.
Es war der Gedanke daran, dass Arved in der Dunkelheit blieb, der sie wahnsinnig machte und gleichzeitig voran trieb. So begann sie wieder zu trainieren. Immer und immer wieder kämpfte sie mit dem Glas; nur, um Arved eines Tages befreien zu können, um endlich etwas zu erreichen. Inzwischen würde sie dafür über Leichen gehen, wäre sie nur stark genug. Doch sie war es nicht. Immer wieder hatten sie die Kraft oder die Nerven verloren. Ein paar Male hatte das viele Üben sie in die Bewusstlosigkeit getrieben, aber sie ließ sich von nichts unterbringen, wenn sie nur endlich anderen ebenbürtig wäre. Es war für den Jungen, der allein im Keller saß. Zumindest dachte April das, bis sie ihn eines Tages in den Fluren vor den Übungshallen angetroffen hatte. Sie war so erschöpft, dass sie beinahe in den Schwarzhaarigen hinein gelaufen war. Zu der Zeit hatten ihre Beine sie kaum tragen wollen und ihr Körper war schweißnass. Sein Anblick hatte sie so überrascht, dass sie kein Wort hervor brachte. Ungläubig hatte sie ihn angestarrt, eine Entschuldigung gemurmelt und war noch im selben Moment perplex umgekehrt. Sie war nicht stark genug, sie hätte ihm nichts bieten können. Also hatte sie weiter trainiert. Es war das einzige Mal, dass sie ihn wiedergesehen hatte seit dieser Zeit, und sie wünschte sich, sie hätte mehr sagen können, mehr tun können, anstatt umzukehren. Seit dieser Begegnung hatte sie oft die Flure durchkämmt, in der Hoffnung, ihn wiederzusehen, doch als der Erfolg ausfiel, kehrte sie zum ständigen Trainieren zurück. Das Gesicht, welches ihr stattdessen begegnet war, war das Gideons. Sein seltener Auftritt hatte immer einen Auftag bedeutet. Aufträge, die immer im Beisein Aprils stattfinden sollten. Und so, wurde sie erst wenige Tage zuvor auf einen Ausflug in ein Institut, welches ein paar Orte weiter lag, mitgenommen. Das Einsatzkommando war groß, Gideon schien viele Leute mitnehmen zu wollen. So auch die blonde Hündin. Die Frau schien sein neues Accessoire zu sein. Er hatte das Halsband um ihren Hals mit einer passenden Leine verbunden und führte die Frau nun - am liebsten zu Aufträgen - mit sich an der Leine. So auch zu diesem Mal. Es war seltsam, dass er Keye vorführte, während Arved im Keller verrotten musste. Zur selben Zeit kam April auch der Gedanke, dass Arved vielleicht gar nicht mehr dort unten in der Dunkelheit saß. Er hatte frei durch die Gänge laufen dürfen, vielleicht war er unter den vielen Leuten, die am Auftrag teilnahmen. Die Suche nach ihm blieb jedoch zwischen den vielen Menschen erfolglos. Erst als Liron den Motor seines Bikes gestartet hatte, bemerkte April, dass ein anderer Biker intensiv in ihre Richtung starrte. Obwohl, hatte er das wirklich getan? Er trug einen Helm und doch fühlte April den stechenden Blick. Es hätte jeder sein können, doch innerlich wünschte sie sich, dass es ihr Welpe war. Bewahrheitet hatte sich diese Spekulation nie. Kaum war das Motorrad in Fahrt gekommen, hatte April den Mann aus den Augen verloren und nicht wieder gefunden.
Dachte April nun daran zurück, so erinnerte es sie daran, dass sie auch heute wieder hart arbeiten müsste. Die großen Lagerhallen waren bereits in Sicht, sie waren so gut wie da. Nur dieses Mal gab es ein Problem in ihren Planung: Heute wollte Gideon sie sehen.

Liron lenkte das Motorrad wie üblich durch die unscheinbare Einfahrt, durch das Gerümpel welches sich auf dem Gelände um die Lagerhalle angesammelt hatte, bis schlussendlich in die Halle hinein, zu all den anderen Bikes. Im gleichen Moment, wo er den Motor verstummen ließ und sich den Helm vom Kopf zog, schwang das Eisengitter des Aufzugs aus. Gideon trat daraus hervor, im Gesicht das unglückverheißende lächeln. „Einen schönen guten Tag, euch zwei“ begrüßte er die beiden. Liron gab als Antwort nur ein kurzes Nicken, während er darauf wartete das April abstieg, sodass er es ihr gleich tun konnte. „Ich habe für euch beide heute eine ganz große Überraschung. Vor allem für dich April.“ Als er den ersten Teil ausgesprochen hatte, war er seinem Tick bereits wieder nach gegangen und hatte vorfreudig in die Hände geklatscht. Ließ sie aber anschließend zusammen, sodass er nun mit beiden ausgestreckten Zeigefingern, wie bei einer Pistole, auf April zeigen konnte. „Du wolltest doch ständig so dringend das Abbild deines toten Haustieres wiedersehen, oder?“ die Frage war unnütz und auch die Antwort war klar und dennoch wartete der Weißhaarige auf die Antwort oder auf eine Reaktion.

Eine große Überraschung kann nichts gutes bedeuten, schoss es April durch den Kopf, während sie vom Rad stieg. Skeptisch blickte sie zu Gideon. Seine Laune war viel zu gut und als er auf Arved anspielte, wurde auch schnell klar, weshalb. Verbissen begann sie mit den Zähnen zu knirschen und versuchte ihre Feindseligkeit dem Weißhaarigen gegenüber nicht zu offensichtlich zu zeigen und sich jegliches bissiges Kommentar zu verkneifen. "Was hast du vor?" Arved war weder tot noch verletzt, so viel wusste April trotz der gestörten Verbindung. "Was ist mit Arved?"

"Du wirst ihn treffen." ließ Gideon die vermeintliche Bombe platzen. "Gleich jetzt." wieder ein Klatschen mit den Handflächen, während sich der Mann selbst innerlich lobte für seine brillante Idee. "Natürlich nicht unten, dass würde nicht gehen. Deswegen werdet ihr euch in einen der anderen Räume treffen. Toll oder?!" selbstzufrieden drehte sich der mann schwungvoll um und deutete den beiden ihn zu folgen, übersah dabei den misstrauischen Gesichtsausdruck Lirons gekonnt. "Er weiß von diesem Treffen längst. Ich Habe es ihm heute Morgen feierlich verkündet. Sobald du also in den Aufzug steigst, gebe ich Bescheid und er wird nach oben gebracht." der Mann trat in den Aufzug und wartete fast schon ungeduldig auf das Eintreffen der anderen.

Die grünen Augen weiteten sich vor Erstaunen. "Ich darf ihn sehen?", für einen Moment vergaß das Mädchen allen Rückhalt. "Wieso jetzt auf einmal?" Es war April für einen Moment sogar entfallen, dass Arved sich nicht erinnerte. Eilig folgte sie Gideon, um möglichst schnell den Fahrstuhl zu erreichen. Erst wenige Sekunden später verringerte sich ihre Vorfreude wieder un machte Platz für Sorge und Misstrauen. "Du wirst ihm doch nichts antun, oder?" Sie trat zu Gideon und packte im nächsten Moment ergriffen den Arm. "Ihm wird doch nichts passieren? Es geht ihm doch gut?" Ihr Anblick war in diesem Moment herzzerreißend. Die großen hellen Augen blickten den Mann geradezu verzweifelt und zu tiefst besorgt an, während sich innerllich das Bild in ihrem Kopf verbreitete, wie Gideon den jungen Mann ein weiteres Mal vor ihren Augen ermordetete. Eilig ließ sie ihn wieder los und machte einen kleinen Schritt zurück. "Wieso der Sinneswandel?"

"Was heißt hier Sinneswandel?" Gideon fuhr unbeirrt fort und schickte den Aufzug in die gewünschte Ebene. "Er durfte doch jetzt schon einige Zeit hier oben herum laufen. Er war sogar bei zwei Aufträgen dabei. Bei einem warst selbst du anwesend." er musste eine kurzer Pause mit seiner Erzählung machen, als er seinen vorhergesagten Befehl in das Funkgerät sprach:"Wir sind jetzt auf dem Weg. Ihr könnt los machen." dann hielt auch schon der Aufzug. "Dem geht es doch noch recht gut." winkte der Mann bei all den Fragen ab. "Da du ja Bescheid weißt, macht es nur noch halb so viel Spaß ihn zu ärger, auch wenn ich finde, dass die Pause langsam wirklich groß genug war." kaum hatte er fertig gesprochen bemerkte er wie Liron zum Protest Luft holen wollte. "Jedenfalls gibt es ja auch andere Möglichkeiten." fuhr er schnell fort und warf dem Jüngeren einen höhnischen Blick zu. "Aber vielleicht erzählt er dir ja alles."
Gideon führte die beiden durch die Flure, bis sie in dem ankamen, in welchen die Türen zu den Verhörräumen waren. Mit dem öffnen der mittleren Tür sagte er: "Dieser ist euch zugeteilt. Du kannst dich schon hinsetzten, er sollte jeden Augenblick auftauchen."

April beäugte Gideon skeptisch und blickte mit dem selben Blick auch in den Raum hinein. Es gab einen Haken, es gab immer einen Haken. In den meisten Fällen gab es sogar einen riesigen Haken. Und obwohl April das Gefühl hatte, dass es offensichtlich war, was Gideon plante, fand sie dieses Etwas einfach nicht. Sie warf Liron einen kurzen fragenden Blick zu, doch er wusste sicherlich nicht mehr als sie. Gideon weihte ihn schon lange nicht mehr ein. Schuld daran war sie. Und doch siegte nun ihre Neugierde. Was hatte Gideon nur vor. Wieso durfte sie Arved sehen. Wieder wurde sie an den Motorradfahrer erinnert. War es vielleicht doch Arved? War das möglich? Er erinnerte sich nicht, wie konnte das sein? Langsam trat sie in den kleinen Raum. In ihm stand ein Tisch und zwei Stühle. Beide standen neben einander und deuteten in die selbe Richtung. Nach einer freudigen Unterhaltung sah dies nicht aus. Egal, sie durfte Arved sehen. Dieser verzweifelte Wunsch ließ die Rothaarige weiterlaufen und sich auf einen der unbequemen Stühle setzen. Angespannt blickte sie zu Gideon, der an der Tür stand, dann erhaschte sie einen weiteren Blick auf Liron. Wenn man versuchte, ihr weh zu tun, dann wäre er wohl ihre einzige Hoffnung. Sie nagte auf der Unterlippe. Erst jetzt wurde ihr klar, dass Gideon ebenso gut gelogen haben könnte. War sie inzwischen wirklich so naiv, dass sein Name reichte?

Gideon nickte zufrieden, doch als Liron sich ebenfalls in Bewegung setzte streckte er nur seinen Arm aus und hinderte ihn daran, ebenfalls den Raum zu betreten. „Tut mir leid, doch du wirst dieses Mal nicht dabei sein dürfen.“
„Was heißt hier dieses Mal?“ knirschte Liron. Man konnte ihm augenblicklich ansehen, wie die Wut sofort wieder anfing mit brodeln. „Als sie das letzte Mal in so einem Raum musste, hast du sie kurz vor einen Zusammenbruch geführt und da durfte ich ebenfalls nicht rein.“
„Ich weiß.“ Seufzte Gideon. „Aber für dich habe ich eine andere Aufgabe und ich glaube kaum, dass du etwas dagegen zu sagen hast.“ Die Worte des Mannes verklangen, als hinter ihm ein metallisches Geräusch verriet, dass die Tür erneut zugefallen war. Nun standen zusätzlich zwei Männer in dem Flur, doch Liron ließ sich nicht beirren. „Und wieso das jetzt? Wie willst du mich daran hindern, bei ihr zu bleiben?!“ Gideon hatte den Kopf zu den Ankömmlingen gedreht und folgte ihnen mit diesem, bis sie auf fast der gleichen Höhe wie Liron war. Dort blieben sie auf eine Handbewegung von dem Weißhaarigen stehen. „Wie ich dich hindern will? Ganz einfach.“ Der Mann griff hinter sich und zog aus seiner hinteren Hosentasche eine Schusswaffe. Damit zielte ohne zu zögern auf den Kopf des soeben eingetroffenen Hundes. „Würdest du es riskieren zu zusehen, was passiert? Noch wissen wir nicht Bescheid, was passiert wenn er wahrhaftig stirbt.“ Während sich der Hund nicht einmal rührte, als ihm die Waffe an den Kopf gehalten wurde, reagierte Liron umso mehr. Seine Augen funkelte erst Gideon dann den Hund wütend an. „Wie lange willst du dich noch mit diesem Köter aus der Affäre ziehen?!“
„Solange er lebt. Immerhin existiert er nur als Schild. Bis er letzten Endes stirbt.“
Liron sah in den Raum hinein, wo April bereits den Hund erwartete. Eine Entschuldigung im Blick. Wieder konnte er im Entscheidenden Augenblick nicht bei ihr sein. Eigentlich hatte er vorgehabt, gerade wenn der Köter auftauchte, an ihrer Seite zu sein, doch jetzt konnte er nicht einmal zusehen.