Auch Nate begann sich mit dem Anblick des Waldes, sofort wieder zu beruhigen. Natürlich hatten die Worte von Caleb getroffen und würden dem Jungen wohl auch nicht so schnell wieder los lassen, doch je näher er dem Wald kommt, desto mehr wurde die Melancholie von einer jugendhaften Vorfreude abgelöst. Seine Augen strahlten, als er direkt davor stand. Ehe er eintrat warf er Marú einen flüchtigen Blick zu, um sich zu versichern, dass sie ihm folgte. Es reichte oft schon das rauschen der Bäume oder der Geruch von nassem Unterholz, dass das sehnen nach dem unherstreifen fast schmerzhaft wurde. Er wollte raus, durch den Wald rennen, mit den größeren spielen, doch diese hatten selten für ihn Zeit oder gewährten es ihn nicht.
Im Gegensatz zu jetzt, jetzt konnte er endlich alles raus lassen, immerhin wollte er sie ja seiner Freundin zeigen, seine Welt. Kaum war er überschwänglich in das Unterholz hinein geeilt, hielt er auch schon inne, damit Marú auch hinterher kam, bevor er los legte.

"Natürlich Habe ich es eilig!" pflichtet der Junge ihr bei und drehte sich ihr nun gänzlich zu. "Aber warum muss ich dir ja nicht sagen." schon glitt sein Blick umher, als suche er die perfekte Stelle aus. "Ach und... danke für vorhin." wechselte er sprunghaft das Thema. "Dafür, dass du mir beigestanden hast." ehe sie sein rotes Gesicht sehen konnte, drehte er ihr fluchtartig die Schulter zu. "Dann mach ich mich mal auf den Weg." und schon schlüpfte der Jüngling durch das Unterholz. Er suchte einen sicheren Abstand zu Marú, nicht weil er glaubte es wäre für sie unerträglich es zu sehen, viel mehr war es wegen ihm selbst. Ein tiefer Atemzug, die Augen geschlossen, die Arme weit ausgebreitet. So stand der Junge mitten im Wald und ließ diesen ungebremst das Tier in ihm wach rütteln. Erst im letzten Moment, bevor der bekannte heiße Schauer über seine Haut lief, entledigte sich Nate seiner Klamotten, wobei er sie lediglich achtlos neben sich zu Boden gehen ließ. Sein kompletter Körper wurde von einem einzigen Schub gepackt, ehe sich über seine Haut in fließender Bewegung blond-graues Fell zog und der Junge mit dem fortschreiten der Verwandlung letztlich auch auf alle vieren fallen ließ. Nate besaß noch das Privileg eines Jungwolf, sodass seine Größe auch nicht annähernd an die eigentliche Größe eines ausgewachsenen Werwolfes heran reichte, dennoch überragte selbst er die gewöhnlichen Wölfe um einiges. Selbst in ihrer menschlichen konnten Werwölfe sich besseren Sinne erfreuen, doch in ihrer richtigen Form war alles auf ihrer Größe angepasst und dementsprechend viel intensiver. So war es nicht verwunderlich, dass der nun hellen Wolf lautlos durch den Wald lief, sein Ziel direkt vor Augen, auch wenn sie weiter weg war, als es für ihn den Anschein machte. Die glasklaren blauen Augen fixierten Marú, als das Tier nun keine zwei Meter von ihr entfernt den Anblick auf sich preisgab. Nur sagen tat er nichts, viel mehr nahm er jede Bewegung von ihr auf, wartend, fast schon lauernd, wie ihre Reaktion ausfallen würde.

Als Nate eine deutliche Entspannung bei Marú aus machen konnte, entkrampften sich auch seine Muskeln. Es war nicht verwunderlich, dass er bei dieser Aktion mit allem nur erdenklichem gerechnet hatte, natürlich vorwiegend mit einer eher negativen Reaktion, was sich nicht vermeiden ließ. Um so vergnügter war er jetzt, sodass er sich auch prompt auf sein breites Hinterteil fallen ließ, sie dabei jedoch weiterhin interessiert beobachtete. Zur Bestätigung ihrer Frage klappte er seinen Unterkiefer leicht nach unten und ließ die Zunge nach draußen hängen. Werwölfe hatten die Fähigkeiten erhalten sich an den äußeren Umstände anzupassen, indem sie sich äußerlich in Menschen verwandeln konnten, doch wie Nate jedes Mal nach einer Verwandlung feststellen muss war, dass es so viel angenehmer in der Wolfsform war. Er konnte es sich gar nicht vorstellen sich nicht zu verwandeln, so wie es einige selbst in ihrem Rudel pflegten. Und nun hatte er sich auch vor seiner einzigen Freundin verwandelt! Wie konnte man auf so etwas denn nur verzichten?

Der Wolf vor ihr nieste amüsiert und als sie ihre Hand auf seinen Kopf legte drückte er diesen ihrer Hand entgegen, als wolle er sie damit bekräftigen keine Scheu zu haben. Selbst im Sitzen besaß der Wolf eine beachtliche Größe, wobei er in dieser Position nun nicht mehr gleich auf mit Marú war, sondern etwas niedriger.
Damit seine Freundin nicht länger Selbstgespräche führte, entschied sich Nate dazu sie zu erlösen. Es lag vielleicht in der Natur eines Wolfes, doch auch bei Werwölfen waren Organe wie Stimmbänder ebenfalls nicht vorhanden, sodass sich ihre Laute ebenfalls auf die animalischen Geräusche beschränkten. Doch dafür erhielten seines Gleichen eine Begabung, die dies fehlen jener Bänder vergessen ließ. Werwölfe konnten innerhalb der Gedanke mit ihren Gegenübern kommunizieren, wobei der betroffene die Stimme des Wolfes zwischen all den anderen persönlichen Gedanken vernahm. //Ich freue mich sehr darüber, was du sagst!// beeilte sich der Jungwolf also schnell zu 'sagen'. //Um ehrlich zu sein, sagte noch nie jemand, das ich ein schöner Wolf bin. Hier ist dieses Dasein sehr alltäglich, wodurch für solche Worte gar kein Platz mehr ist.// während er sprach bildete sich sein Gemütszustand auf seinem Gesicht ab, obwohl sich sein Maul kein einziges mal verzog, sei es zu einem Lächeln oder einer grimmigen Grimasse. Allein seine Augen und seine Kopf Lage zeigten seine Stimmung.

Abermals gab der Wolf auf Marú's Frage ein bestätigendes Niesen zu Antwort. //Wenigstens etwas kann ich als Unreiner.// während sie mit ihrem streicheln fortfuhr, schmiegte der Wolf sich auch weiterhin gegen ihre Hand, wobei seit kurzer Zeit seine Rute seicht angefangen hatte über den Boden zu streichen. Es erinnerte an das freudige Wedeln eines Hundes mit seinem Schwanz, nur wirkte diese simple Bewegung bei solchen kleinen Tier so viel anders, als bei dem mächtigen Wesen eines Werwolfes. //Die Höheren sollen es sogar unter hoher Konzentration geschafft haben, die Gedanken der Menschen oder ihres Gegenübers lesen zu können. Aber an so etwas brauch ich mich gar nicht erst versuchen.// Der Jungwolf kam nicht umhin in Gedanken unbewusst den Kopf dezent in Schräglage zu bringen. //Aber wenn ich so überlege, könnte es vielleicht Caleb besitzen, dieses Können. Das wäre das mindeste als unser Alpha.// ganz gleich, ob Nate noch vor kurzen sehr niedergeschlagen, über die Meinung Caleb's über ihn war, so blieb dieser ewig sein Alpha und die Vaterrolle, die er längst hatte vergessen wollen.

Der Wolf zog es wahrhaftig in Betracht, ihren Worten glauben zu schenken und vielleicht wirklich etwas mehr Zeit hineinzustecken. Bei ihrem Vorschlag, strahlten die blauen Augen des Tieres nur noch mehr und ehe man sich versah stand es wieder auf den Hinterbeinen. Es schüttelte sein Fell, um es von dem ganzen Dreck zu befreien. //Da kann ich dir all die schönen Plätze des Waldes zeigen. Wenn man drinnen ist, wirkt dieses Gelände noch viel größer.// als Nate die ersten zwei Schritte nach vorne machte, strich die Spitze seiner Rute fast über den Waldboden, ehe das Tier den Kopf über seine Seite zu seiner Begleiterin drehte. Dieses mal sagte es nichts, lediglich die lebensfrohen Augen die sie ansahen und die wachsam aufgestellten Augen, standen für das geduldige Warten.

Der Wolf knickte ein Ohr ab, als er spürte, dass irgendwas auf seinem Pelz kitzelte. //Hier vergisst man sehr schnell die Welt voller Menschen, da draußen.// bemerkte er, ohne auf die Blume weiter einzugehen. //Wir dürfen uns auch nur hier drinnen verwandeln, noch nicht einmal am Rand des Waldes. Außer bei der Jagdsaison, da fahren wir extra in die größeren Wälder.// wenn er zuvor eher niedergeschlagen oder eher traurig darüber geklungen hatte, so hatte er nun seine Schwärmerei wieder aufgenommen. //Das nächste Mal, musst du unbedingt mit kommen!// bellte der Wolf begeistert. //Zu der Zeit treffen sich sogar alle vier großen Rudel.// Nate hörte nun gar nicht mehr auf Marú mit großen Augen anzusehen, auch zeugte sein Schritt von großer Freude. //Ich durfte letztes Mal nicht dabei sein, aber dieses Mal bin ich endlich alt genug!//