Während sie sprach hatte ihr Gegenspieler die verzuckerte Tasse gehoben und die restliche Flüssigkeit ausgetrunken, nun löffelte er Stück für Stück den braun gefärbten, übrig gebliebenen Zucker von dem Boden und verschlang ihn, als wären es Beeren. "Genau das ist es, was ich nicht verstehen kann." wiederholte er seine Formulierung, dabei knirschte der Zucker zwischen seinen Zähnen. "Warum hat er nicht mich gerufen? Warum kommt er erst hier her, fragt dich, erhält nur zur Hälfte hilfreiche Antworten und geht dann wieder. Wenn er stattdessen mich gerufen hätte, hätte ich ihm diesen Gegenstand sofort bringen können. Zack, schon wäre das Problem gelöst." der Schlange schüttelte den Kopf. "Sie denken alle immer so umständlich. Oder aber," er hob den Löffel und zeigte mit diesem auf die Seherin, das unnatürliche Grinsen tief im Gesicht. "es liegt an dem Preis. Bei dir kann jeder kommen und jeder erhält Antworten, wenn auch sehr schwache." er konnte es sich nicht nehmen die letzten Worte hinzuzufügen. "Aber bei mir ist der Preis hoch. Immerhin beschaffe ich ihnen ja auch genau das, was sie sich wünschen." der Löffel wackelte kurz herum, als wolle er so seinen Worten Ausdruck verleihen, ehe er mit seinem Dessert weiter fortfuhr. "Vielleicht solltest du doch übersatteln, in mein Geschäft. Du bekommst nicht nur Geld, sondern kannst dich nach Herzenslust amüsieren."

"Genau das, ist ein Punkt, den ich an dir auch nicht verstehe." kurz schluckte der Hellhaarige hinunter, ehe er fortfuhr. "Du weißt was es alles auf dieser Welt gibt, was Spaß macht, was anderen Freude bereitet, und doch willst du davon nichts." er lehnte sich zurück, den Löffeln in seiner Bewegung eingefroren, kurz bevor er die Tasse erreichen konnte. Allerdings gab er nun ein helles Geräusch von sich, als er gegen die Tasse stieß, begleitet von einem wissenden Grinsen seiner Augen. "Oh, sag das nicht. Wir wissen beide, dass gerade die starken am besten verzweifeln. Gerade weil sie sich ihrer Stärke bewusst sind." als müsse er überlegen oder vielleicht auch weil er an vergangene Erlebnisse dieser Art zurück dachte, begann der Mann in dem Zucker herum zu rühren. "Die wenigstens empfinden das gleiche wie ich, bei dem was ich tue. Genau aus diesem Grund, bin ich in dem ja auch der Beste. Man versteht mich nicht oder verspürt Angst vor mir und doch ruft man mich, weil man weiß, dass nur ich der Aufgabe gewachsen bin." ein voller Löffel schob sich in seinen Mund, ehe er ihn langsam wieder herauszog. "Meine Preise sind keineswegs zu hoch, immerhin haben sie bis jetzt alle bezahlt. Alle Seelen, die verzweifelt sind und hier keine Hoffnung erhalten haben." mit dem ausgestreckten Löffel, schob die Schlange, scheinbar willkürlich, einen ihrer Bauer nach vorne, ehe ihr Blick wieder die gefühllosen Augen der Seherin suchte. "Lass uns doch eine Wette schließen. Wird dein Mr. Grayson zu einer meiner verzweifelten Seelen oder kann er widerstehen. Und wie hoch ist der Preis, den er gewillt ist zu zahlen, um das zubekommen, was er sich wünscht."

Die Schlange lächelte vergnügt, als wären sie gerade bei dem Hauptgrund ihres Besuches hier angelangt. "Wäre diese Wette nicht ein klein wenig ungerecht?" sie sah in die leere Tasse in ihrer Hand, ehe sich die Schlangenaugen hoben und die Seherin durch den langen Pony ansahen. "Immerhin hast du mir das Ende unserer kleinen Wette beinahe schon verraten." mit einem kaum hörbaren vergnügtem summen, ergriff der Mann die bereitgestellte Kanne und schenkte sich erneut Kaffee ein. "Lass es un erweitern." lautlos stellte er die Kanne wieder hab un rührte völlig unnütz mit dem Löffel durch die pure Flüssigkeit, ehe er sich diesen in den Mund schob. Er verzog das Gesicht, als würde ihm der bittere Geschmack nicht im geringsten angenehm sein. "Er braucht den Gegenstand bestimmt für seinen Schützling, nicht wahr?" er wusste, dass die Seherin ihm darauf keine Antwort geben würde, so verharrte er kaum fünf Sekunden bei dieser Fragestellung. "Lass uns die Wette doch auf diesen Schützling übertragen." wie die Male zuvor, landete nun auch jetzt wieder ein gehäufter Löffel Zucker nach dem anderen in der dafür viel zu kleinen Kaffeetasse. "Wird dein Mr. Grayson aufgrund dieses Elfen-Mischlings Schwäche zeigen und mich rufen."

Beinahe belanglos schob der Mann einen seiner Bauer weiter nach vorne, die Tasse dabei immer noch in der anderen Hand. "Der Wetteinsatz..." wiederholte er ihre Worte, als müsse er tatsächlich noch darüber Gedanken machen. "Natürlich braucht die Seherin einen Einsatz." sein Lächeln vertiefte sich auf ein neues in seine Mundwinkel. "Jetzt stellst du mich wirklich vor eine schwierige Entscheidung." spielte er weiterhin den Unschlüssigen. Der Hellhaarige hob die Tasse an seine Lippen, hielt dann jedoch plötzlich inne und richtete die schmalen Augen stechend intensiv auf die Frau ihm gegenüber. "Wie wäre es, wenn wir um den Mischling wetten?" ein kurzer Schluck, viel länger war die Pause vor seiner Erklärung nicht. "Der Wetteinsatz ist das zukünftige Ergehen des Mischlings, auf welchen unser kleiner Wolf aufpassen muss." etwas funkelte in den Schlangenaugen auf, ehe sie sich auf die hellbraune Oberfläche seines gezuckerten Kaffees richteten. "Das würde doch bestimmt Unterhaltung versprechen."

"Diese Reaktion ist mir nicht entgangen." die Schlange nahm noch einen letzten schluck, ehe sie die Tasse wieder abstellte. "Ich habe sie als sehr aufregend empfunden. Die Silvermysten sind immer noch außer sich vor Wut. Mir kam zu Ohren, dass sie sich sogar mit ihm in Verbindung setzen wollten, um die Fehde zu klären, doch er habe sie einfach ignoriert." dem Mann war es deutlich anzusehen, dass er sehr angetan war von dieser Gesichte war. Zu selten passierte etwas derartiges in den höheren Kreisen. "Ich frage mich wirklich, wie die Silvermysten jetzt fortfahren werden." doch bevor er noch weitere Vermutungen aufbringen konnte, ging die Seherin auch schon auf seine Wette ein. Mit einem deutlich zufriedenen Lächeln streckte er ihr seine dünnen, kalten Finger entgegen und erwiderte den besiegelnden Handschlag kurz und bündig. Als er daraufhin seine Hand wieder zurück zog, legte er sie erneut gegen seine andere, als wolle er ein Gebet sprechen, nur spreizte er dabei die Finger von einander. "Ich finde wir sollten öfters Wetten schließen oder einen Handel durchführen." sein Kinn lehnte sich ganz leicht gegen seine Hände, eine Tat welche er wieder dafür nutzte, um eine Pause zu machen. "Das versüßt mir so schön den langweiligen Alltag."

"Du verstehst es nicht im geringsten, nicht wahr?" leise kicherte die Schlange, den Kopf dabei schräg gelegt, als bereitete es ihm Vergnügen sie so zu betrachten. "Natürlich habe ich nie ein Spiel gegen dich gewonnen und doch amüsiert es mich immer wieder aufs neue, mit dir zu spielen." er streckte die Finger nach seinem Springer aus und setzte ihn nach vorne. "Gerade weil ich so viele Situationen erlebe, weiß ich nach all den Jahren, wie die Leute funktionieren. Wie sie handeln, warum und in welchen Ausmaß. Vielleicht ist unsere Methode beinahe ähnlich, auch wenn du etwas andere... Veranlagungen hast." das vergnügte Grinsen drohte gar nicht mehr aus seinem Gesicht zu verschwinden. "Du kannst meine Motive nicht verstehen, weil sie hier drinnen sind." er hob seine rechte Hand und tippte sich mit ausgestreckten Zeigefinger gegen die Schläfe. "Du kannst lediglich das sehen was wir tun. Du siehst wie wir handeln, du siehst wie wir gehandelt haben, aber du siehst nicht was in dem Augenblick in uns vorgeht." er hob die Tasse an seine Lippen. "Denn die Gedanken gehören uns und solange wir sie nicht in Taten umsetzen, wirst du sie niemals kommen sehen." ein Schluck, ein weiterer und noch einmal, dann setzte die Tasse mit einem leisen Klirren auf der Untertasse wieder auf. "Aus diesem Grund wirst du auch nie verstehen, warum gerade solche Spiele mir den größten Spaß bereiten." die Schlange grinse breit und entblößte erneut ihre spitzen Zähne.


„Ihr Kaffee, Sir.“ dankend nickend nahm Caleb die heiße Tasse an sich. Vor wenigen Minuten war er über die Terrasse in das Innere des Hauses gekommen. Sofort hielt man für ihn frische Klamotten bereit und erkundigte sich ordnungsgemäß nach seinen Wünschen. Ein starker Kaffee, sonst nichts. Ungewohnt wohltuend lag der weiche Stoff des Hemdes auf seiner Haut. Vielleicht hatte er es auf den Weg hier her übertrieben. Zu sehr war er in Gedanken vertieft, zu sehr hatte er sie vertreiben wollen und ehe er sich versah war er viel zu lange, viel zu weit gerannt. Nun brach bereits der Abend an. Der Himmel war in kräftigen Farben bemalt, und ließ den schwarzen Wald nur noch mehr bedrohlicher wirken. „Gibt es etwas, was ich wissen sollte?“ erkundigte er sich, ohne von dem Anblick des Waldes abzulassen. Bereits bei seinem Eintreffen hatte er bemerkt, dass sich Vince in der dritten Etage in Bewegung gesetzt hatte und nun war er hinter ihm, in dem Speisesaal, angekommen. „Nicht wirklich.“ lautete die knappe Antwort. „Der Mischling hat immer noch Besuch und der Rest geht dem gewohnten Trott nach.“ auch wenn sein Beta nur seine Frage beantwortet hatte, so hätte Caleb dies auch selbst gewusst. Sam, Luke, Kael und auch Nate waren im Wald laufen gewesen. Adrian würde erst später von der Arbeit zurück kommen und das Handeln und der Ort des Mischlings, war dem Alpha auch bewusst.
„Es gibt nur ein Rätsel...“ Vince hatte gerade angesetzt die Worte von Caleb zu hinterfragen, als sich auch schon ein Schatten durch den Eingangsbereich stahl. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dich unbeachtet an uns vorbei nach oben zu stehlen, oder Arthur?“ Caleb drehte den Kopf über die Schulter zu dem blonden Schopf, welcher soeben die Treppe erreicht hatte.
„Niemals.“ witzelte der Angesprochene, welcher allerdings angespannt zu seinem Alpha kam.
„Ich wollte euch nur nicht in eurer Unterhaltung stören.“ Noch eine Ausrede.
„Wo warst du, Arthur? Heute und Gestern Abend.“ die scharfen grünen Augen Calebs fixierten den blonden Wolf streng. Unterwürfig schlug dieser auch gleich den Blick nieder, ehe er anscheinend sich Mut fasste und den Blick seines Alphas erwiderte. „Ich entschuldige mich, dass ich die Aufgabe am gestrigen Abend vernachlässigt habe.“ entschuldigte er sich.
„Ich habe nicht nach einer solchen Entschuldigung gefragt. Ich will wissen wo du warst und was der Grund war, dass du dich nicht an Abmachungen hälst.“
„Es war doch gar nicht mit Absicht.“ verteidigte sich Arthur.
„Lügner.“
Der Blonde atmete tief durch. „Caleb, ich habe mich doch entschuldigt und es wird auch in Zukunft nicht noch einmal vor kommen. Ist es denn wirklich noch relevant, warum ich nicht da war?“
„Oh doch, es ist durchaus relevant. Immerhin stellt dieser Grund auch eine Gefahr für zukünftige Befehle an dich dar. Besteht jetzt nicht der Verdacht, dass du mir immer den Rücken kehrst, wenn etwas ähnliches geschieht?“ auch wenn er es soeben ausgesprochen hatte, so meine Caleb seine Worte keineswegs exakt so, wie gesagt, doch konnte er anhand dieser Worte eine klare Reaktion des Jungen Mannes sehen.
„Ich habe mich ablenken lassen.“ seine Schultern ließ er nun hängen, als gäbe er sich nun geschlagen. „Ich kannte dort einige, durch ehemalige Aufträge. Man hat mich eingeladen.“ Arthur sah flüchtig zur Seite ehe er den Blick wieder hob. „Reicht das?“
Caleb zog eine Braue hoch. „Nein.“
„Was willst du noch hören, als die Wahrheit?!“ allmählich ging dem Blonden die Geduld aus. „Ich habe dir den Grund gesagt, warum ich weg war, ich habe mich entschuldigt, doch du bist einfach nicht zufrieden.“ eine lange Pause entstand, denn statt etwas darauf zu antworten, sah Caleb Arthur einfach nur an. „Du wirst in der nächsten Zeit zur Strafe alle Botengänge erledigen müssen. Alles weitere klären wir später. Und jetzt,“ Caleb nickte in Richtung Treppe. „Geh dich waschen. Du stinkst nach Alkohol und Menschen.“ beinahe dankend nickte Arthur kräftig als Antwort, ehe er kehrt machte und nach oben eilte. Er ließ seinen Alpha und Beta zurück, mit dem Wissen, dass beide mehr wusste, als sie sagten und doch verriet keiner ihrer Gesichtszüge ihre Gedanken. Er war nur froh es überstanden zu haben. Und ja, er musste sich unbedingt waschen. Er musste sich den Geruch der Kneipe von der Haut waschen, welche er in der letzten Stunde gewesen war.

Auf ihre Worte hin drehte sich der Größere der beiden Gäste in ihre Richtung. Er hatte soeben mit einer der Angestellten geredet, dass man dem Hausherren doch über sein Eintreffen informieren solle. Während der Mann sie in den ersten Sekunden noch musterte, so schien daraufhin seine Interesse an Marú auch schon wieder verschwunden zu sein. Stattdessen drehte er sich zu dem Bediensteten um und wies ihn daraufhin, dass er keinerlei Hilfe mehr benötigte. Der Mann hatte schütterndes blondes Haar, welches mit einem Seitenscheitel ihm auf seiner linken Gesichtshälfte oft nach vorne rutschte. Seine Augen besaßen ein kaltes Grau, was seinen derzeitigen Blick nur noch strenger wirken ließ. Es brauchte nicht einmal seine Kleidung, um auf eine Militärische Laufbahn zu schließen. Allein seine steifen Schultern und seine zu gerade und aufrechte Körperhaltung verriet ihn. Heute trug er seine schwarze Uniform. Sie bestand aus einer schwarzen Hose, schwarze Stiefel, ein weißes Hemd und darüber eine schwarze Jacke, geschmückt mit seinen Abzeichen und dem Zeichen, unter welchem er kämpfte.
"Du hast es anscheinend ohne weitere Probleme noch gefunden." ertönte Calebs Stimme hinter Marú. Er war die Treppe hinunter gekommen, Vince wie immer an der Seite. Beide waren wie gewohnt in komplettes schwarz gekleidet, ohne Ausnahme.
"Natürlich." lautete die kurze und knappe Antwort des Gastes. Caleb passierte Marú ohne sie eines Blickes zu würdigen und reichte dem Mann die Hand. "Wie geht es dir, Westen?" der Angesprochene ergriff die Hand, eine höfliche Geste zwischen Vorgesetztem und einem tiefer Gestellten.
"Der Unterschied zu hier lässt sich nicht leugnen." sollte wohl eine ehrliche Antwort auf Calebs Frage darstellen.
Die beiden Männer wurden durch ein lautes Luftholen unterbrochen. Der zweite Gast hatte soeben den einzigen Koffer von der Kutsche getragen und soeben in der Eingangshalle abgestellt. Voller Energie rauschte der Jung an den beiden Alphas vorbei und blieb dicht vor Marú stehen. "Ist das deine Elfe, Caleb?!" rief er, sichtlich begeistert. "Sie ist so hübsch. Du bist so hübsch." wiederholte er seinen ersten Satz, diesmal direkt an das Mädchen gerichtet. "Wie heißt du?" fragte er auch sogleich.
"Lucis." ertönte die strenge Stimme des Westens. "Vergiss deinen Platz nicht." er musste keine Minute warten, bis der Junge auch schon dem Befehl nach kam. Sofort drehte er sich zu den beiden Männern, welche ihn beide betrachteten, und neigte seinen Oberkörper pflichtbewusst nach vorne, wenn auch stärker als von Nöten. "Ich wünsche Ihnen einen angenehmen guten Tag, Mr. Grayson. Haben Sie vielen Dank, für ihre Gastfreundlichkeit." bei seinem letzten Satz hatte er sich wieder aufgerichtet und schenkte dem Schwarzhaarigen ein ehrliches Lächeln. Caleb nickte dem Jungen zu, die Mundwinkel ebenfalls zu einem Schmunzeln gehoben. "Es freut mich, dass ihr beide die Reise gut überstanden habt. Und dass du dich kein bisschen verändert hast, Lucis." Breit grinsend fuhr sich der junge Wolf durch das Haar an seinem Hinterkopf. "Haben Sie vielen Dank."